Putins ewiger Minister wird 75
Vom geschätzten Diplomaten zum verachteten Kriegsminister: So mächtig ist Putin-Loyalist Lawrow
- Veröffentlicht: 21.03.2025
- 05:00 Uhr
- Emre Bölükbasi
Unglaublich erfahren, talentiert, charismatisch - so beschrieben einst Diplomaten Russlands Außenminister Lawrow. Von dieser internationalen Reputation ist nichts mehr übrig - und das wegen Wladimir Putin.
Vor stolzen 53 Jahren begann in der damaligen Sowjetunion die ehrgeizige Karriere eines jungen Diplomaten, der später die Außenpolitik der Russischen Föderation maßgeblich prägen sollte: Sergej Lawrow. Fast die Hälfte seiner Diplomaten-Karriere prägte seine Zusammenarbeit mit Wladimir Putin - dem Mann, dem er seine ganze Loyalität schenkt.
Trotz seines hohen Alters fungiert Lawrow, der am Freitag (21. März) seinen 75. Geburtstag feiert, noch als außenpolitischer Arm Putins. Welche Bedeutung hat der Minister auf die Putin-Politik und welche Reputation genießt er international? Der treuste Minister Putins im Porträt.
Diplomat seit über 50 Jahren
Lawrow kam am 21. März 1950 als Sohn eines Armeniers aus Georgien und einer Russin auf die Welt. Schon früh zeichnete sich ab, welchen Karriereweg er einschlagen würde: Als Absolvent einer Universität mit Fokus auf internationale Beziehungen wurde er mit nur 22 Jahren Diplomat der Sowjetunion in Sri Lanka.
Was folgte, war eine ambitionierte, steile Karriereleiter, die den Kalten Krieg und den Zerfall der Sowjetunion umfasst: Nach einer weiteren Tätigkeit im Außenministerium vertrat der sowjetische Diplomat der alten Schule schon mit 31 Jahren sein Land bei den Vereinten Nationen (UN) in New York - eine Tätigkeit, die er bis zu seinem 38. Lebensjahr ausführen sollte. Zurück in seiner Heimat gestaltete er auch die Außenpolitik der jungen Russischen Föderation ab 1992 aktiv mit.
Durch weitere Stationen im Ministerium und in der UN machte er international immer mehr von sich reden, bis es 2004 zum letzten Karrieresprung kam: Wladimir Putin ernannte ihn zu seinem Außenminister. Ein Posten, den er seitdem ununterbrochen bekleidet.
Dominante Figur der russischen Außenpolitik
Der Beginn seiner Zusammenarbeit mit Putin markierte auch den Beginn des Image-Wandels von Lawrow. Sein einstiger Chef Andrei Kosyrew, der in den 1990ern Außenminister war und Lawrow zu seinem Stellvertreter ernannte, brachte die schleichende Entwicklung in einem Post auf X auf den Punkt: "Lawrow (...) war in den 90er Jahren mein Stellvertreter. Er hat mir immer den Rücken gestärkt. Heute würde ich aufpassen, wenn er hinter mir stünde."
Externer Inhalt
Tatsächlich galt der 75-Jährige einst nicht nur unter russischen Diplomaten, sondern auch auf dem internationalen Parkett als respektierte Figur. "Lawrow war in den 90er Jahren ein angesehener und effektiver russischer Botschafter bei den UN", zitiert "The Standard" den früheren Diplomaten Kim Darroch, Ex-Berater mehrerer britischer Premierminister.
Sogar in den USA, die Russland gegenüber traditionell skeptisch sind, wurde das Profil Lawrows früher respektiert. "Charismatisch", "sehr witzig", "weltgewandt" - so beschrieb ihn 2017 David Wade, Ex-Stabschef des ehemaligen US-Außenministers John Kerry, laut einem "Politico"-Bericht. Die Denkfabrik Center for the National Interest attestierte ihm einen hohen Grad an Professionalität und sehr viel diplomatische Erfahrung.
Riesiger Image-Schaden in den letzten Jahren
Mit dem härteren Kurs von Kremlchef Putin gegen den Westen, der im Ukraine-Krieg gipfelte, vollzog sich laut Russlandbeobachtern auch bei Lawrow ein Stilwechsel. Der "angesehene" Botschafter der 90er-Jahre wurde laut Darroch zu einem Mann, der sich darauf beschränke, "'nein' zu Ausländern zu sagen, das Unvertretbare zu verteidigen und zu versuchen, eine der tragischsten und katastrophalsten Entscheidungen der Geschichte zu rechtfertigen". Der erfahrene Diplomat steht auch international - genauso wie sein Land - isoliert da.
Und sein Gewicht in der russischen Politik? Ein anonymer britischer Ex-Sicherheitsberater fasste 2022 gegenüber "The Standard" die heutige Rolle Lawrows in der russischen Politik mit einem prägnanten Satz zusammen: "Er ist sehr stark die Stimme seines Herrn." Gemeint ist Putin.
Trotz Putin-Treue: Keine Entscheidungsmacht mehr?
Und dennoch: Zum engen Kreis um Putin herum gehört Lawrow wohl nicht mehr. Trotz seiner Loyalität gegenüber seinem Präsidenten werde ihm keine wichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung im Kreml zugeschrieben, berichtete BBC 2023. Die Ansicht vertreten auch Experten wie Ben Noble, Professor für russische Politik am University College London. "Lawrow ist jetzt eine ausgesprochene Nebenfigur, und das schon seit geraumer Zeit", erklärte er gegenüber "The Standard".
Immer wieder gab es in der Vergangenheit sogar Gerüchte, Lawrow habe hin und wieder mit einem Rücktritt geliebäugelt. Schon im Jahr 2013 gab es entsprechende Berichte, unter anderem von "Foreign Policy".
Lawrow und sein Oligarchen-Freund
Sollte Lawrow tatsächlich eines Tages freiwillig sein Amt niederlegen, müsste er vermutlich keine finanziellen Engpässe befürchten. Der Diplomat der alten sowjetischen Schule unterhält laut einem Bericht einer Stiftung des verstorbenen russischen Oppositionellen Alexej Nawalny enge Beziehungen zum Oligarchen Oleg Deripaska.
Seit Jahren steht in Russland das Gerücht im Raum, wonach der verheiratete Lawrow eine langjährige Affäre mit seiner Mitarbeiterin Swetlana Poljakowa habe. Sie und ihre Verwandten würden gelegentlich unter anderem die Häuser und Yachten Deripaskas benutzen. Der Milliardär weist die Vorwürfe zurück, doch die Gerüchteküche um das Privatleben Lawrows brodelt nach wie vor.
- Verwendete Quellen:
- BBC: Ukraine conflict: Who's in Putin's inner circle and running the war?
- Foreign Policy: Minister No
- Politico: Why Rex Tillerson has his hands full with Sergei Lavrov
- Radio Free Europe: Russian Billionaire Deripaska Sues Navalny Over Report About Lavrov Links
- X: Andrei Kosyrew