Die Reden am Freitag
Münchner Sicherheitskonferenz - Pistorius bezeichnet Vance Rede als "nicht akzeptabel"
- Aktualisiert: 14.02.2025
- 16:39 Uhr
- Lara Teichmanis
Es ist eine beispiellose Attacke auf die europäischen Verbündeten: Trumps Vize wirft ihnen die Gefährdung der Demokratie vor - und verwendet einen für den deutschen Wahlkampf zentralen Begriff.
Zu dem weltweit wichtigsten Expertenforum zur Sicherheitspolitik kommen wieder mehr als 50 Staats- und Regierungschefs sowie mehr als 150 Minister im Hotel Bayerischer Hof zusammen.
Steinmeier: Auf Deutschland ist Verlass
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den internationalen Partnern ungeachtet der kurz bevorstehenden Bundestagswahl Verlässlichkeit und Stabilität zugesichert. "Auf Deutschland ist Verlass. You can count on us", sagte Steinmeier in seiner Eröffnungsrede auf der Münchner Sicherheitskonferenz. In neun Tagen wählten die Deutschen ein neues Parlament, ein gutes halbes Jahr früher als geplant. "Das ist in einem stabilitätsverwöhnten Land, einem Land, das Pläne liebt, zwar ungewöhnlich, aber ich versichere Ihnen: Es ist kein Grund zur Sorge."
Weiter rief Steinmeier hat die USA auf, Änderungen ihrer Militärpräsenz mit den europäischen NATO-Partner abzusprechen. Zugleich betonte er in seiner Eröffnungsrede der 61. Münchner Sicherheitskonferenz: "Wir haben den Weckruf gehört."
Die bisher erzielten Steigerungen bei den Sicherheitsausgaben seien notwendig gewesen, aber kein Anlass zur Selbstzufriedenheit. "Konkreter: Der Aufwuchs muss weitergehen. Unsere Bundeswehr muss stärker werden. Nicht um Krieg zu führen, sondern um Krieg zu verhindern", sagte Steinmeier.
Von der Leyen will mehr Verteidigungsausgaben
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will über die Aktivierung einer Sonderklausel zu den europäischen Schuldenregeln höhere Verteidigungsausgaben ermöglichen. "Ich werde vorschlagen, die Ausweichklausel für Verteidigungsinvestitionen zu aktivieren", sagte sie bei der Münchner Sicherheitskonferenz. "Dies wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Verteidigungsausgaben erheblich zu erhöhen."
Vance vermisst AfD und Linkspartei bei Sicherheitskonferenz
US-Vizepräsident J.D. Vance hat die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz wegen ihres Umgangs mit Politikern von AfD und Linkspartei bei der Münchner Sicherheitskonferenz heftig kritisiert. Vertreter von AfD und Linkspartei sind bei der Konferenz nicht eingeladen und dürfen nicht an den Beratungen und Veranstaltungen teilnehmen. Vance nannte in seinem Statement AfD und Linkspartei nicht namentlich.
Keine Demokratie werde es überstehen, "Millionen von Wählern zu sagen, dass ihre Gedanken und Sorgen, ihre Hoffnungen, ihre Bitten um Hilfe ungültig" oder nicht demokratisch seien, sagte er bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Demokratie beruhe auf dem heiligen Prinzip, dass die Stimme des Volkes zähle. Ohne die AfD beim Namen zu nennen, fügte Vance hinzu: "Es gibt keinen Platz für Brandmauern."
"Wir müssen nicht mit allem und jedem einverstanden sein, was die Leute sagen. Aber wenn Menschen eine wichtige Wählerschaft repräsentieren, wenn politische Führer eine wichtige Wählerschaft repräsentieren, ist es unsere Pflicht, zumindest am Dialog mit ihnen teilzunehmen", sagte Vance in seiner Rede. Die Organisatoren dieser Konferenz hätten Abgeordneten, die populistische Parteien sowohl auf der linken als auch auf der rechten Seite vertreten, die Teilnahme an diesen Gesprächen verboten.
Vance versuchte in seiner Münchner Rede den Spieß umzudrehen. Er warf europäischen Verbündeten vor, Meinungsäußerungen als Desinformation zu verfolgen. Sicherlich sei ein Aufbau der Verteidigungsfähigkeit wichtig, sagte er. Aber er sei nicht in erster Linie besorgt wegen äußerer Akteure. "Ich bin wegen der Gefahr von innen besorgt, dass sich Europa von einigen der grundlegenden Werte zurückziehen könnte, von Werten, die mit den USA geteilt werden", sagte er: Und: "Wir müssen mehr tun, als über demokratische Werte zu reden, wir müssen sie leben."Die Zuwanderung sieht Vance als drängendstes Problem für Europa und die Vereinigten Staaten. Er verwies auf den mutmaßlichen Anschlag in München, bei dem am Vortag ein Afghane mit einem Auto in eine Gruppe von Demonstranten gefahren war.
"Wie oft müssen wir diese entsetzlichen Rückschläge noch erleiden, bevor wir unseren Kurs ändern?" Kein Wähler in Europa habe dafür gestimmt, "die Schleusen für Millionen ungeprüfter Einwanderer zu öffnen". Die US-Regierung von Präsident Donald Trump fährt einen harten Kurs in der Migrationspolitik und forciert die Festnahme und Abschiebung von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis. Das System Trump lobte Vance mit dem Satz: "In Washington ist ein neuer Sheriff in der Stadt."
Pistorius weist Vance-Attacken scharf zurück
Verteidigungsminister Boris Pistorius hat Attacken von US-Vizepräsident J.D. Vance auf die europäischen Verbündeten auf der Münchner Sicherheitskonferenz scharf zurückgewiesen. Der SPD-Politiker nannte von Vance gezogene Vergleiche inakzeptabel und kritisierte im Gegenzug das Vorgehen der neuen US-Regierung von Präsident Donald Trump gegen einzelne Medien.
"Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst", das sei das Selbstverständnis der Bundeswehr und das stehe auch für unsere Demokratie. "Diese Demokratie wurde vom US-Vizepräsidenten für ganz Europa vorhin infrage gestellt", sagte Pistorius. "Wenn ich ihn richtig verstanden habe, vergleicht er Zustände in Teilen Europas mit denen in autoritären Regimen." Pistorius betonte: "Das ist nicht akzeptabel und das ist nicht das Europa und nicht die Demokratie, in der ich lebe und der ich gerade Wahlkampf mache."
"In dieser Demokratie hat jede Meinung eine Stimme. Sie ermöglicht es in Teilen extremistischen Parteien wie der AfD, ganz normal Wahlkampf zu machen. Genau wie jede andere Partei. Das ist Demokratie", sagte Pistorius. In hiesigen Pressekonferenzen würden auch Medien zugelassen, die russische Propaganda verbreiteten, und die Vertreter der Bundesregierung müssten ihnen Rede und Antwort stehen. "Ausgeschlossen wird niemand, nur weil er unser Wording nicht teilt", betonte Pistorius.
Trump hatte nach Angaben der Associated Press (AP) zuletzt einen Reporter der US-Nachrichtenagentur von der Berichterstattung über ein Event im Weißen Haus ausgeschlossen. Grund dafür sei die Weigerung von AP gewesen, der Wortwahl des Weißen Hauses zu folgen, welches den Golf von Mexiko in "Golf von Amerika" umbenannt hatte.
Pistorius betonte: "Demokratie bedeutet aber nicht, dass die laute Minderheit automatisch recht hat und die Wahrheit bestimmt. Und Demokratie muss sich wehren können gegen die Extremisten, die sie zerstören wollen." Er trete dem Eindruck, den Vance erweckt habe, "energisch entgegen, dass in unserer Demokratie Minderheiten unterdrückt oder zum Schweigen gebracht werden". "Wir wissen nicht nur, gegen wen wir unser Land verteidigen, sondern auch wofür: für die Demokratie, für die Meinungsfreiheit, für den Rechtsstaat und für die Würde jedes Einzelnen", betonte der SPD-Politiker.