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Nordamerika und Europa

NATO: Eine politische und militärische Allianz

  • Aktualisiert: 12.02.2024
  • 14:01 Uhr
  • Michael Reimers
Das NATO-Außenministertreffen in Bukarest.
Das NATO-Außenministertreffen in Bukarest. © Stoyan Nenov/Pool Reuters via AP/dpa

Gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg – heute durch den Ukraine-Krieg und den Nahost Konflikt präsenter denn je: die NATO. Das Verteidigungsbündnis zwischen Nordamerika und Europa steht für Freiheit, Sicherheit und Demokratie. Ein Überblick.

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Bei der NATO handelt es sich um ein Sicherheitsbündnis von mittlerweile 31 Ländern aus Nordamerika und Europa. Die NATO wird auf Englisch "North Atlantic Treaty Organization" und im Deutschen auch als atlantisches Bündnis oder als Nordatlantikpakt bezeichnet. Die NATO verfolgt das Ziel, die Freiheit und Sicherheit der Verbündeten mit politischen und militärischen Mitteln stets zu erhalten.

Darum wurde das Sicherheitsbündnis NATO gegründet

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges tauchten die Feindseligkeiten, die die Beziehung zwischen der Sowjetunion und den Westmächten seit 1917 geprägt hatten, wieder auf. Als sich die Macht der Sowjetunion auf mehrere osteuropäische Länder ausbreitete, gab es in den westeuropäischen Ländern Bedenken, dass Moskau seine Ideologie und Autorität in ganz Europa durchsetzen würde. Im Januar 1948 sprach der britische Außenminister Ernest Bevin dann von der Notwendigkeit eines "Allianz- und Beistandsvertrags", eines Verteidigungsbündnisses und einer regionalen Gruppierung im Rahmen der UN-Charta. Die Vereinigten Staaten würden sich jedoch nur bereit erklären, Europa militärisch zu unterstützen, wenn es geeint wäre. Als Reaktion darauf unterzeichneten Belgien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und das Vereinigte Königreich im März 1948 den Brüsseler Vertrag und gründeten die westeuropäische Union.

Der Brüsseler Vertrag wurde schließlich zur Grundlage des Nordatlantikpaktes. Dieser wurde am 4. April 1949 in Washington D.C. von zwölf Gründungsmitgliedern unterzeichnet. Bei den Gründungsstaaten handelte es sich um die USA, Kanada, Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen und Portugal. Im Jahr 1955 kam dann auch Deutschland zur NATO hinzu. Die kollektive Verteidigung ist ein Kernelement des Vertrags und in Artikel 5 verankert. Sie verpflichtet die Mitglieder, sich gegenseitig zu schützen.

Die NATO wurde also aufgrund der anhaltenden Feindschaft und Konflikte zwischen den USA im Westen und der Sowjetunion mit Russland im Osten gegründet. Beide Seiten schlossen Bündnisse, weil sie befürchteten, von der jeweils anderen Seite angegriffen werden zu können. So unterzeichnete die Sowjetunion 1955 den Warschauer Pakt, das Militärbündnis der Ostblockstaaten.

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Herausforderungen in den letzten 20 Jahren

In der über 70-jährigen Geschichte der NATO stand das Militärbündnis bereits vor einigen Herausforderungen. Nach den schweren Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington D.C. berief sich die NATO zum ersten Mal auf den Artikel 5. In diesem ist geregelt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen der NATO-Staaten als ein Angriff gegen alle anzusehen ist. Daraufhin wurden von der NATO Maßnahmen unternommen, um die USA zu unterstützen. Dazu zählte unter anderem die "Operation Active Endeavour", eine Marine-Operation der NATO im Mittelmeer. Außerdem wurden den US-Streitkräften unter anderem Überflugrechte und Zugang zu Häfen und Flugplätzen ermöglicht. Andere NATO-Staaten, unter anderem auch Deutschland, schlossen sich aufgrund des Artikel 5 im Krieg gegen die Taliban und die Terrororganisation Al-Kaida in Afghanistan an.

Vor weiteren Schwierigkeiten stand die NATO während der Irak-Krise im Jahr 2003. Dabei handelte es sich um einen Bruch zwischen der Europäischen Union und der NATO. Der Grund: Verschiedene Ansichten über das Vorgehen der US-Regierung unter George W. Bush, die dem Irak schwerwiegende Verstöße gegen UN-Auflagen vorwarf. Die Vorwürfe waren allerdings nicht ausreichend, um den Sicherheitsrat davon zu überzeugen, dass ein Kriegseinsatz notwendig sei. So teilten sich die Staaten der NATO in zwei Lager: Die Teilnehmer:innen an der sogenannten Koalition der Willigen, die den Irakkrieg auch ohne UN-Mandat unterstütze und die Staaten, die dies ablehnten und den Irakkrieg als Angriffskrieg und somit als Völkerrechtsbruch ansahen.

Im Video: NATO - Gründung, Aufgaben und Ziele

NATO: Gründung, Aufgaben und Ziele

In der Vergangenheit wurde bisher nicht nur der Artikel 5, sondern auch der Artikel 4 aktiviert. Dieser besagt, dass die NATO-Staaten Beratungen durchführen, sobald ein Mitgliedstaat die eigene Unversehrtheit, politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit des Gebiets bedroht sieht. Im Jahr 2012 kam es im Juni erst zum Abschuss eines türkischen Kampfjets durch Syrien, im Oktober wurden dann mehrere Zivilist:innen durch syrische Granaten auf türkischem Staatsgebiet getötet. Daraufhin forderte die Türkei Beratungen der NATO nach Artikel 4, bei dem es sich um eine Art Vorstufe zum Ernstfall-Artikel 5 handelt. Nach einem Treffen im Dezember wurden an der türkischen Grenze Flugabwehrsysteme zum Schutz stationiert.

Das Sicherheitsbündnis NATO ist auch im Russisch-Ukrainischen Konflikt und dem darauf folgenden Angriffskrieg in der Ukraine involviert. Bereits nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 erklärte sich die NATO dazu bereit, Hilfe zu leisten. So wurden vier sogenannte Battlegroups in Estland, Lettland, Litauen und Polen stationiert, welche die Ostflanke der Alliierten sichern sollten. Den Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 verurteilt das NATO-Bündnis und unterstützt die Sanktionen, die gegen Russland verhängt worden sind. Militärisch eingreifen kann die NATO allerdings nicht, da die Ukraine kein Mitgliedstaat ist. Trotzdem hat das Sicherheitsbündnis seine Einsatzkräfte an der Ostflanke verstärkt.

Auch kam es während des Ukraine-Kriegs zu Diskussionen um das Ausrufen des Artikel 4, nachdem eine laut der NATO "wahrscheinlich ukrainische Flugabwehrrakete" auf polnischem Staatsgebiet und somit NATO-Gebiet einschlug und zwei Menschen tötete. Nach Beratungen wurde vom Ausrufen des Artikel 4 abgesehen. Laut NATO trage letztendlich Russland die Verantwortung, da es einen illegalen Krieg gegen die Ukraine führe.

Über die Jahre hinweg blieb es nicht bei zwölf NATO-Mitgliedsstaaten. Sogar ehemalige Staaten des Warschauer Pakts und Jugoslawiens fanden über die Jahre ihren Weg in das Sicherheitsbündnis. Insgesamt gab es fünf Runden von NATO-Osterweiterungen. Im Jahr 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei. Im Jahr 2004 kamen sieben neue NATO-Mitglieder hinzu: Bulgarien, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen. 2009 wurde der Beitritt von Albanien und Kroatien beschlossen, 2017 kam Montenegro hinzu. Die fünfte NATO-Osterweiterung fand im Jahr 2020 statt. Am 27. März 2020 wurde Nordmazedonien ebenfalls Mitglied der NATO. Zuletzt wurde am 4. April 2023 auch Finnland in das atlantische Bündnis aufgenommen.

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Experten warnen: Nato-Teilbeitritt der Ukraine birgt Gefahren

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte im Mai 2022 auch Schweden die NATO-Mitgliedschaft beantragt. Damit Schweden beitreten kann, benötigt es noch die Zustimmung aus der Türkei sowie aus Ungarn.

Die zwei Länder sind die beiden letzten NATO-Mitglieder, deren Parlamente die Beitrittsprotokolle für Schweden bislang nicht ratifiziert haben. Die Türkei hat die Ratifizierung verzögert und Schweden mangelnden Einsatz im Kampf gegen "Terrororganisationen" wie die kurdische Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Aufgrund dieser Vorwürfe hat die Türkei ihre Zustimmung bislang verweigert.

Nach monatelanger Verzögerung hat der auswärtige Ausschuss des türkischen Parlaments für die Ratifizierung des schwedischen NATO-Beitritts gestimmt, wodurch eine bedeutende Hürde für die Erweiterung des Verteidigungsbündnisses überwunden wurde. Nun steht die Abstimmung im gesamten Parlament über den Beitritt an, wobei der genaue Zeitpunkt noch nicht bekannt ist.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg

Der NATO-Generalsekretär ist der höchste Repräsentant des Bündnisses und leitet wichtige Gremien wie den Nordatlantikrat und die Nukleare Planungsgruppe. Er spielt eine entscheidende Rolle bei der Vorbereitung und Umsetzung von Entscheidungen. Intern pflegt er den Kontakt zu den Staats- und Regierungschef:innen sowie den Außen- und Verteidigungsminister:innen der Mitgliedstaaten. Extern vertritt er die NATO gegenüber Drittstaaten und der Öffentlichkeit. Amtsinhaber ist seit 2014 der frühere Premierminister Norwegens, Jens Stoltenberg.

Stoltenbergs Amtszeit wurde 2018 bis Herbst 2020 verlängert und im März 2019 erneut um zwei Jahre bis Herbst 2022. Im März 2022 informierte Stoltenberg das Finanzministerium über eine mögliche Verlängerung seiner Amtszeit bei der NATO. Am 24. März 2022 wurde seine eigentlich bis zum 30. September 2022 auslaufende Amtszeit aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine um ein Jahr verlängert. Infolgedessen verzichtete Stoltenberg auf den Posten als Chef der norwegischen Zentralbank. Am 4. Juli 2023 wurde seine auslaufende Amtszeit erneut um ein Jahr bis zum 1. Oktober 2024 verlängert.

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Aufgaben und Werte der NATO

Der Nordatlantikpakt steht für gemeinsame Sicherheit und Verteidigung, gemeinsame Operationen und internationale Kooperationen. Die NATO ist ein Zusammenschluss freier demokratischer Staaten, in dem sich die Mitglieder zu Frieden, Demokratie, Freiheit und Herrschaft des Rechts bekennen. Aufgabe der Mitgliedsländer ist es, Sicherheitsfragen zu besprechen und Entscheidungen zu treffen. Eine sogenannte NATO-Entscheidung beruht auf dem Konsens aller Mitgliedsstaaten. Täglich kommen Beamten und Experten im NATO-Hauptquartier in Brüssel zusammen, um zu beratschlagen, Probleme zu lösen und sich für friedliche Lösungen von Konflikten zu engagieren. Auch arbeitet die NATO mit 40 Drittstaaten, also Staaten, die nicht zum Sicherheitsbündnis gehören, zusammen.

Die NATO passt ihre Politik, Strukturen und Ressourcen laufend an und hält diese in sogenannten strategischen Konzepten fest. Auch 2022 wurde ein solches Konzept veröffentlicht. In diesem wurden unter anderem folgende Ziele und Grundsätze festgehalten:

  1. Die NATO ist entschlossen, die Freiheit und Sicherheit der Verbündeten zu wahren.
  2. Der transatlantische Bund zwischen unseren Nationen ist für unsere Sicherheit unverzichtbar.
  3. Die NATO ist das einzigartige, grundlegende und unverzichtbare transatlantische Forum für Konsultationen, Zusammenarbeit und Maßnahmen zu allen Fragen, die unsere individuelle und kollektive Sicherheit betreffen.
  4. Die NATO wird drei Kernaufgaben – Abschreckung und Verteidigung, Krisenprävention und -bewältigung sowie kooperative Sicherheit – weiter erfüllen. Diese ergänzen sich gegenseitig, um so die kollektive Verteidigung und Sicherheit aller Verbündeten zu gewährleisten.
  5. Wir werden unsere individuelle und kollektive Resilienz und unseren technologischen Vorsprung ausbauen.

Aktuelle Beitrittskandidaten

  • Schweden
  • Bosnien und Herzegowina
  • Ukraine (Erfüllt offizielle Bedingungen nicht, hat jedoch trotzdem einen Aufnahmeantrag gestellt)
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Kritik an der NATO

Vor allem aus den Reihen der Friedensbewegung erntet die NATO schon seit Jahren Kritik. Demnach könne man mithilfe des Militärs keine friedlichen Lösungen finden. Zwar führten die NATO-Mitgliedsstaaten im Moment keinen Krieg, aber sie seien bereit, Konflikte auch durch militärische Einsätze und somit durch Gewalt zu lösen. So gebe es die NATO nur, um strategische und wirtschaftliche Interessen des Westens zu verfolgen, wie die Friedensorganisation "No to war – no to Nato" behauptet. Auch Mitglieder des Nordatlantikpaktes wurden bereits scharf kritisiert. 2019 fand Frankreichs Präsident Emmanuel Macron harsche Worte in Richtung der NATO-Mitglieder USA und Türkei. "Was wir gerade erleben, ist für mich der Hirntod der NATO", sagte er im Bezug auf Geschehnisse in Syrien. Dort hätten die zwei NATO-Mitglieder ohne eine Absprache mit ihren Partnern gehandelt, obwohl deren Interessen auf dem Spiel stehen würden.

Manch andere, wie zum Beispiel Alexander Golz, Militärexperte in Moskau, gehen außerdem davon aus, dass Russland die NATO-Osterweiterungen als Provokation und Bedrohung der eigenen Sicherheit sieht und sich dadurch in den vergangenen Jahrzehnten das Verhältnis zu Russland verschlechtert habe.

  • Verwendete Quellen:
  • NATO: "What is NATO?"
  • Bundeszentrale für politische Bildung: "NATO-Osterweiterung"
  • Bundesregierung: "Verteidigungsbündnis und Wertegemeinschaft"
  • NATO Diplo: "Strategisches Konzept der NATO 2022"
  • Tagesschau: "Stoltenberg verlängert um ein weiteres Jahr"
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