"Bild"-Bericht
Geheimpapier: Bundeswehr wappnet sich für möglichen Putin-Angriff
- Aktualisiert: 17.01.2024
- 08:16 Uhr
- Joachim Vonderthann
Sucht Russland nach dem Angriff auf die Ukraine den Konflikt mit der NATO? Das Verteidigungsministerium spielt dieses Szenario offenbar bereits durch.
Das Wichtigste in Kürze
Das Pistorius-Ministerium skizziert einen möglichen Angriff Russlands auf die NATO.
Laut dem von "Bild" zitierten Geheimpapier könnte die Attacke schon 2024 beginnen.
Betroffen wären bei dem möglichen Konflikt auch rund 30.000 Bundeswehr-Soldat:innen.
Die Bundeswehr soll sich intensiv auf einen möglichen hybriden Großangriff Russlands auf die Ostflanke der NATO vorbereiten. Ein geheimes Dokument des Bundesverteidigungsministeriums, aus dem die "Bild" am Montag (15. Januar) berichtet, skizziert detailliert das Szenario für eine Attacke der Truppen von Kreml-Herrscher Wladimir Putin. Dieses geheime Dokument beschreibe Monat für Monat und örtlich präzise die möglichen Aktionen von Russland und der NATO, die zu einem unmittelbar bevorstehenden Kriegsausbruch im Sommer 2025 führen könnten, so die Zeitung weiter.
So könnte ein möglicher Putin-Angriff ausehen
Gemäß dem geheimen Bundeswehr-Szenario mit dem Titel "Bündnisverteidigung 2025" beginnt im Februar 2024 eine weitere Mobilisierungswelle Russlands, bei der zusätzlich 200.000 Mann in die Armee einberufen werden. Daraufhin plane der Kreml eine Frühjahrsoffensive in der Ukraine, die bis Juni 2024 größere Erfolge verzeichnen und die ukrainische Armee Stück für Stück zurückdrängen soll.
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Im Juli sieht das Szenario laut "Bild" einen zunächst verdeckten, später immer offeneren Angriff Russlands auf den Westen vor. Dieser Angriff beinhalte schwere Cyberangriffe und andere Formen der hybriden Kriegsführung, hauptsächlich im Baltikum. Russland beginne mit der Aufwiegelung ethnischer russischer Minderheiten in Estland, Lettland und Litauen. Als Vorwand nutze Russland Auseinandersetzungen, die schließlich zu dem Großmanöver "Zapad 2024" mit 50.000 Soldaten im Westen Russlands und in Belarus führen würden.
Suwalki-Lücke spielt entscheidende Rolle
Ein zentraler Punkt des Angriffsziels Russlands ist dem Papier zufolge die Suwalki-Lücke, der schmale polnisch-litauische Korridor zwischen Belarus und der russischen Enklave Kaliningrad. Im Oktober 2024 verlege Russland Truppen und Mittelstreckenraketen nach Kaliningrad und verstärke die Propaganda-Lüge eines bevorstehenden NATO-Angriffs. Das geheime Ziel des Kremls bestehe darin, die Suwalki-Lücke zu erobern.
Laut dem Szenario kommt es im Dezember 2024 in der Suwalki-Lücke zu einem künstlich herbeigeführten "Grenzkonflikt" und "Ausschreitungen mit zahlreichen Toten". Diese Eskalation erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die USA nach der möglichen Abwahl Joe Bidens für einige Wochen mehr oder weniger führungslos sein könnten.
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Im Januar 2025 findet dem Bundeswehr-Szenario zufolge eine Sondersitzung des NATO-Rates statt, in der Polen und die baltischen Staaten von einer zunehmenden Bedrohung durch Russland berichten. Russland drehe die wahre Bedrohungslage propagandistisch ins Gegenteil um und verlege im März 2025 zusätzliche Truppen in Richtung Baltikum und Belarus. In Putins Marionetten-Staat Belarus würden dann zwei Panzerdivisionen, eine mechanisierte Infanteriedivision und ein Divisionshauptquartier stationiert - insgesamt mehr als 70.000 Soldaten.
Eine halbe Million Soldaten stünden sich gegenüber
Im Mai 2025 beschließe die NATO gemäß dem Bundeswehr-Szenario "Maßnahmen zur glaubhaften Abschreckung", um einem russischen Angriff auf die Suwalki-Lücke aus Richtung Belarus und Kaliningrad vorzubeugen. Am "Tag X" befiehle der Oberbefehlshaber der NATO schließlich die Verlegung von 300.000 Soldaten an die Ostflanke, darunter 30.000 Bundeswehrsoldaten.
Das Geheimpapier endet laut "Bild"-Bericht 30 Tage nach "Tag X". Dann stünden sich rund 500.000 westliche und russische Soldaten an der Suwalki-Lücke hoch bewaffnet gegenüber.
"Bild" wollte vom Bundesverteidigungsministerium wissen, wie wahrscheinlich dort eine solche Eskalation eingeschätzt wird. Minister Boris Pistorius (SPD) hatte kürzlich betont, dass Deutschland sich auf einen möglichen Krieg mit Russland vorbereiten müsse, aber von einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren gesprochen. Ein Sprecher des Ministeriums wollte sich nicht konkret zu dem skizzierten Szenario äußern, betonte jedoch: "Grundsätzlich kann ich Ihnen mitteilen, dass die Betrachtung unterschiedlicher Szenarien, und seien sie auch extrem unwahrscheinlich, zum militärischen Alltagsgeschäft gehören, insbesondere in der Ausbildung."
- Verwendete Quellen: