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Fragile Lage in Bergkarabach

 Nach Eskalation: Armenien und Aserbaidschan mit schweren Vorwürfen vor UN

  • Veröffentlicht: 22.09.2023
  • 09:00 Uhr
  • Nelly Grassinger

Nach der Eskalation in der Region Bergkarabach lieferten sich die Konfliktparteien vor dem UN-Sicherheitsrat einen Schlagabtausch.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Armenien sprach vor der UN von "ethnischen Säuberungen" durch aserbaidschanische Truppen in Bergkarabach.

  • Aserbaidschan bezeichnete sein Vorgehen hingegen als "Anti-Terror-Maßnahme".

  • Der UN-Sicherheitsrat betonte die Notwendigkeit eines echten Dialogs und des Schutzes der Zivilbevölkerung.

Die Eroberung der mehrheitlich von Armenier:innen bewohnten kaukasischen Region Bergkarabach durch Aserbaidschan führte zu gegenseitigen Anschuldigungen vor dem UN-Sicherheitsrat. Während Armenien von "ethnischen Säuberungen" durch aserbaidschanische Truppen sprach, bezeichnete Aserbaidschan die Eroberung am Donnerstag (22. September) vor dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen als "Anti-Terror-Maßnahme".

Armenien fürchtet "ethnische Säuberungen"

Am Dienstag hatte das autoritär geführte Aserbaidschan die auf seinem Staatsgebiet gelegene Region Bergkarabach angegriffen, um sie zu erobern. Das Gebiet wird mehrheitlich von Armenier:innen bewohnt. Das militärisch unterlegene Armenien gab bereits kurz nach dem Einmarsch am darauffolgenden Tag auf. Nun befürchten viele Bewohner:innen, aus ihrer Heimat vertrieben oder Opfer aserbaidschanischer Gewalt zu werden.

Vor dem UN-Sicherheitsrat warf der armenische Außenminister Ararat Mirzoyan der aserbaidschanischen Regierung vor, sie plane eine "ethnische Säuberung der armenischen Bevölkerung von Bergkarabach". Die Intensität der Angriffe mit Artillerie und Raketen sowie die "Grausamkeit der Offensive" mache das deutlich. Laut Mirzoyan wurden mehr als 10.000 Menschen gewaltsam vertrieben, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen, die ohne Nahrung und andere Lebensmittel im Freien leben müssten. Tausende Familien seien auseinandergerissen worden.

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Der Außenminister machte außerdem der internationalen Gemeinschaft Vorwürfe. Die Lage sei seit Längerem alarmierend gewesen. Der UN-Sicherheitsrat habe sich aber geweigert, die Alarmzeichen ernst genug zu nehmen und in der Vergangenheit nicht angemessen reagiert, beklagte Mirzoyan. "Die Rechte und die Sicherheit des armenischen Volkes von Bergkarabach müssen angemessen berücksichtigt und international garantiert werden", betonte der Minister.

Aserbaidschan verteidigt Eroberung Bergkarabachs

Aserbaidschans Außenminister Jeyhun Bayramov hielt dagegen: "Was Armenien der internationalen Gemeinschaft als Angriff auf friedliche Bewohner der Region Karabach in Aserbaidschan darzustellen versucht, sind in Wirklichkeit Anti-Terror-Maßnahmen Aserbaidschans", sagte er. In der Region gebe es Tausende Einheiten Armeniens, die unter anderem mit schweren Geschützen, elektromagnetischen Waffen und Panzern ausgestattet seien.

Diese armenischen Truppen hätten die Streitkräfte Aserbaidschans immer wieder beschossen, ihre Kampfstellungen gefestigt sowie Schützengräben und Militärunterkünfte gebaut, sagte der Außenminister weiter und zeigte Fotos, die seine Worte untermauern sollten. Deshalb sei es zu einem Angriff auf das armenische Militär gekommen. Dabei seien innerhalb von 24 Stunden mehr als 90 Außenposten, 20 Kampffahrzeuge, 40 Artilleriegeschütze, 30 Mörser und 2 Flugabwehrraketensysteme zerstört worden. Außenminister Bayramov gab Armenien die alleinige Verantwortung für die Vorfälle.

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Russland fordert Ende der Kämpfe

Der russische Vize-UN-Botschafter Dmitri Poljanski sagte, es müsse nun "eine Wiederaufnahme der Kämpfe verhindert und die Situation wieder in eine politische Richtung gelenkt" werden. Die Präsidenten von Aserbaidschan und Armenien hätten sich in Telefonaten mit Kremlchef Wladimir Putin zu einer Deeskalation verpflichtet. Die Vereinten Nationen mahnten in der Sicherheitsratssitzung einen "echten Dialog zwischen der Regierung Aserbaidschans und Vertretern der Region" an. Oberste Priorität habe der Schutz der Zivilbevölkerung.

Baerbock: Frieden nur am Verhandlungstisch

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verlangte eine Deeskalation: "Was die Menschen in der Region brauchen, ist ein dauerhafter Frieden zwischen Aserbaidschan und Armenien. Und das kann nur am Verhandlungstisch erreicht werden". Die Grünen-Politikerin sieht Aserbaidschan in der Verantwortung, die Zivilbevölkerung von Bergkarabach zu schützen. Man habe zwar die Berichte über einen Waffenstillstand zur Kenntnis genommen, man brauche jedoch "ein völliges Ende der Gewalt". Es sei nicht akzeptabel, wenn es zu einer Vertreibung oder erzwungenen Abwanderung ethnischer Armenier:innen aus Bergkarabach käme. Zugleich dürfe die territoriale Integrität und Souveränität Armeniens und Aserbaidschans nicht angezweifelt werden. 

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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