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Mit Deutschland abgeschlossen

Wegen Migrationspolitik: Deutsche Rentner flüchten in Orbáns Ungarn

  • Veröffentlicht: 06.12.2024
  • 15:07 Uhr
Ungarns Premierminister Viktor Orbán winkt bei den Feierlichkeiten in Budapest zum 68. Jahrestag des ungarischen Aufstands von 1956.
Ungarns Premierminister Viktor Orbán winkt bei den Feierlichkeiten in Budapest zum 68. Jahrestag des ungarischen Aufstands von 1956.© Bernadett Szabo/REUTERS

Ungarn erscheint vielen deutschen Rentner:innen als das Paradies im Ruhestand: Das Leben ist günstiger und Premier Orbán fährt einen scharfen Anti-Migrations-Kurs.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr deutsche Rentner:innen wandern einem Reuters-Bericht zufolge nach Ungarn aus.

  • Viele sind unzufrieden mit der Migrationspolitik in Deutschland.

  • Sie fühlen sich stattdessen vom restriktiven Migrationskurs von Ungarns Premier Orbán angezogen.

Inhalt

  • Billiger Wohnraum, günstiges Leben - und Orbán
  • Die meisten Auswander:innen sind Ü60
  • Ungarn nicht sicherer als Deutschland

Andre Iwan und seine Frau zogen vor einigen Monaten aus Ostdeutschland in ein Dorf in Ungarn. Sie beklagten sich über die hohen Steuern und das Gefühl, durch die Einwanderung zu "Bürgern zweiter Klasse" geworden zu sein.

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Der 55-jährige Iwan kaufte 1998 ein Grundstück in Szolosgyorok in der Nähe des Plattensees - einst ein beliebter Treffpunkt für Ost- und Westdeutsche unter der kommunistischen Herrschaft - mit vagen Plänen, sich dort zur Ruhe zu setzen. Die politischen und sozialen Veränderungen in Deutschland hätten den Umzug jedoch beschleunigt, sagt er.

Billiger Wohnraum, günstiges Leben - und Orbán

Tausende Deutsche, zumeist Rentner:innen, haben sich in den letzten Jahren in Ungarn niedergelassen, angelockt von billigem Wohnraum und niedrigen Lebenshaltungskosten. Doch für einige von ihnen gibt es noch einen weiteren Anreiz, sagen Auswander:innen selbst und auch politische Analyst:innen: die scharfe Anti-Einwanderungs-Rhetorik des rechtsgerichteten Ministerpräsidenten Viktor Orbán, die in Social-Media-Gruppen, die sich mit Auswanderung beschäftigen, weit verbreitet ist.

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"Angesichts der Politik, die verfolgt wurde … seit Angela Merkels Flüchtlingswelle 2015 konnte man sehen, dass die Situation von Jahr zu Jahr schlimmer wurde", sagt Iwan, der als Bauleiter arbeitete. "Man hatte irgendwie das Gefühl, ein Bürger zweiter Klasse zu sein, der nur existiert, um zu arbeiten und zu zahlen."

Die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel öffnete 2015 Deutschlands Grenzen für mehr als eine Million Migrant:innen, darunter viele Syrer, die vor Krieg und Armut flohen. Im Ausland erntete sie dafür Beifall, im Inland war sie jedoch umstritten und verlor einen Teil ihres politischen Rückhalts.

Die meisten Auswander:innen sind Ü60

Iwans Sprache erinnert an die von rechtsgerichteten Meinungsführer:innen und der Alternative für Deutschland (AfD). Diese hat mit ihrer Behauptung, Deutschland werde von Einwander:innen überschwemmt und sei nicht länger in der Lage, die Situation unter Kontrolle zu bringen, eine Reihe von Wahlerfolgen erzielt. Besonders in den ärmeren und weniger weltoffenen Bundesländern in Ostdeutschland. Die deutsche Regierung hatte erklärt, dass Migrant:innen als Arbeitskräfte und für die Wirtschaft unverzichtbar seien, hat jedoch versprochen, bei irregulären Einreisenden härter vorzugehen.

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Im Jahr 2022 lebten in Ungarn etwa 22.100 Deutsche. Die Zahl der Einreisenden erreichte 2021 ihren Höhepunkt, als laut offiziellen ungarischen Daten 4.036 Menschen kamen. Etwa die Hälfte ist über 60 Jahre alt. "Für sie ist Ungarn ein sicheres Land", sagt Monika Varadi, Soziologin am ungarischen HUN-REN-Zentrum für Wirtschafts- und Regionalstudien, die über die Neuankömmlinge geforscht hat. "Sie können hier relativ günstig leben, finden eine Wohnung und (sie sagen) es gibt keine Migranten … Sie empfinden die Situation in Deutschland als Krise."

Die Zahl der Neuankömmlinge in Ungarn wird jedoch von den Hunderttausenden Ungarn in den Schatten gestellt, die in die entgegengesetzte Richtung gegangen sind, um in Deutschland zu studieren oder zu arbeiten. Auch die allgemeine Auswanderung aus Deutschland hat nicht zugenommen.

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Ungarn nicht sicherer als Deutschland

Es gibt keinen Beweis dafür, dass Ungarn sicherer als Deutschland ist: Die Kriminalitätsraten sind vergleichbar und Umfragen zeigen, dass Ungarn keineswegs ein glücklicherer Ort ist, sondern zusammen mit Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Lebenszufriedenheit in Europa zählt.

Doch das von der ungarischen Regierung propagierte und in Europas rechtsextremen Medien weithin aufgegriffene Image Ungarns als Gegenpol zum angeblichen einwanderungsfreundlichen Liberalismus Westeuropas könnte ein zusätzlicher Anreiz sein, sagt der Anthropologe Kristof Szombati von der Humboldt-Universität in Berlin. Regierungsnahe Medien hätten die Ankunft deutscher Auswander:innen als Beweis für den Erfolg Ungarns gefeiert, fügte er hinzu.

"Es gibt eine ganze Reihe von Faktoren, die Menschen nach Ungarn ziehen oder sie von Deutschland wegdrängen. Zu diesen Faktoren gehört auch, dass die Menschen die Einwanderungspolitik in Deutschland nicht mögen", sagt er. Die Corona-Pandemie, der Krieg und die wirtschaftlichen Verwerfungen hätten das Gefühl der Unsicherheit bei den Menschen verstärkt und den Wunsch genährt, in eine vermeintliche Sicherheit zu flüchten, fügt Nikolas Lelle von der deutschen Antirassismus-Denkfabrik Antonio Amadeu Stiftung hinzu.

Jürgen Wichert stammt aus dem ostdeutschen Erzgebirge und zog im August nach Ungarn in die kleine Stadt Gyenesdias am Plattensee. Er wollte nahe genug an Deutschland bleiben, um es mit dem Auto erreichen zu können. Wichert sympathisiert mit Orbáns konservativer Politik und begrüßt den Sieg von Donald Trump bei den US-Wahlen.

"Ich sehe die Entwicklung in Deutschland sehr kritisch. Ich glaube, dass es vielen Menschen noch immer zu gut geht. Und erst wenn die Wirtschaft weiter absinkt, wenn die Mittelschicht wieder verfällt, dann kommt es vielleicht zu einem Umdenken und dann kann es auch zu einem Wandel kommen, wie es ihn jetzt in Amerika gibt."

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur Reuters
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