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Sie wollten die Bundesrepublik Deutschland stürzen

Stuttgart: Prozess gegen die "Reichsbürger" beginnt

  • Veröffentlicht: 28.04.2024
  • 12:23 Uhr
  • Christina Strobl
Heinrich XIII. Prinz Reuß (2. v .r .) wird nach einer Razzia von Polizisten zu einem Polizeifahrzeug geführt.
Heinrich XIII. Prinz Reuß (2. v .r .) wird nach einer Razzia von Polizisten zu einem Polizeifahrzeug geführt.© Boris Roessler/dpa

In der kommenden Woche soll der Prozess gegen die sogenannten Reichsbürger um Heinrich XIII. Prinz Reuß am Oberlandesgericht in Stuttgart beginnen. Der Gruppe wird vorgeworfen, die Bundesrepublik Deutschland stürzen zu wollen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • In der kommenden Woche beginnt der erste Prozess gegen die Reichsbürger um Heinrich XIII. Prinz Reuß am Oberlandesgericht in Stuttgart - das erste von insgesamt drei Oberlandesgerichten, die sich mit dem Fall beschäftigen werden.

  • Den Mitgliedern der Gruppe wird vorgeworfen, sich ein Waffenarsenal zugelegt zu haben, Feindeslisten erstellt und geplant zu haben, den Reichstag zu stürmen und die Bundesrepublik zu stürzen.

  • Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland, sowie ihre Gesetze, nicht an.

Gewaltbereite Männer, ehemalige Soldaten, eine Politikerin - vereint durch den Hass auf die staatliche Ordnung. Es klingt wie der Beginn eines Action-Films, ist aber bittere Realität.

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Der Fall schreibt deutsche Justizgeschichte

Dies soll der Plan der Reichsbürger um Heinrich XIII. Prinz Reuß gewesen sein. In der kommenden Woche soll nun in Stuttgart der Prozess gegen die rechtsextreme Gruppe beginnen. Ihnen wird vorgeworfen, sich hunderte Waffen besorgt und ganze Listen mit Feinden entworfen zu haben, um schließlich den Reichstag zu stürmen und die Bundesrepublik zu stürzen.

Ort der Verhandlung soll der streng gesicherte Saal des Oberlandesgerichts Stuttgart in Stammheim sein. Dort mussten sich auch einst die Mitglieder der RAF-Terrorgruppe verantworten. Der Fall hatte damals deutsche Justizgeschichte geschrieben. So nun auch der Fall um die Reichsbürger. Der Präsident des Oberlandesgerichts, Andreas Singer, bestätigt die Relevanz des Verfahrens gegen die Gruppe: "Das ist eines der größten Staatsschutzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik."

Aufgrund des Ausmaßes des Prozesses werden die Beschuldigten auf drei Hauptverfahren aufgeteilt. In Stuttgart geht es um den sogenannten militärischen Arm. In Frankfurt sind ab dem 21. Mai die mutmaßlichen Drahtzieher angeklagt und in München ab dem 18. Juni die übrigen mutmaßlichen Mitglieder. "Dass sich drei Oberlandesgerichte parallel mit ein und derselben terroristischen Vereinigung befassen, die noch gar nicht gerichtlich festgestellt wurde, ist außergewöhnlich", so Singer laut Berichten der Deutschen Presse-Agentur vom 28. April.

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Gleich drei Oberlandesgerichte beschäftigen sich mit dem Prozess

Die Verhandlungen dürften komplex und aufwendig werden. Angeklagte in einem Verfahren können als Zeug:innen in anderen Verfahren geladen werden. Jedes Gericht muss seine eigenen Beweise erheben und zu seinem eigenen Urteil kommen. Theoretisch seien am Ende auch sich widersprechende Urteile möglich, sagt Singer. Laut Beobachter:innen gilt dies jedoch als eher unwahrscheinlich.

Allein der Prozess in Stuttgart hat Dimensionen, die die Kapazitäten der meisten Gerichte sprengen würden. So sollen neun Angeklagte, fünf Richter, zwei Ergänzungsrichter als Ersatzspieler, und nicht weniger als 22 Verteidiger anwesend sein. Hinzu kämen strengste Sicherheitsvorkehrungen: da die Angeklagten nur hinter dicken Glasscheiben der Verhandlung beiwohnen sollen, können sie lediglich per Mikrofon mit ihren Verteidigern sprechen. Der Präsident des Oberlandesgerichts berichtet zudem von insgesamt 400.000 Blatt Ermittlungsakten um Gruppierung, die rund 700 Leitz-Ordner füllen.

Die in Stuttgart Angeklagten sollen sich im Jahr 2022 der Vereinigung angeschlossen und sich für den "militärischen Arm" engagiert haben. Dieser habe die geplante Machtübernahme mit Waffengewalt durchsetzen sollen. Dazu sei schon mit dem Aufbau eines deutschlandweiten Systems von mehr als 280 militärisch organisierten Verbänden, sogenannten Heimatschutzkompanien, begonnen worden. Die "Heimatschutzkompanie Nr. 221" soll für den Bereich der Gebiete Freudenstadt und Tübingen zuständig gewesen sein.

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Reichsbürger hatten konkrete Umsturz-Pläne

Im Dezember 2022 stürmten Polizist:innen in mehreren Bundesländern, sowie im Ausland, Wohnungen und Häuser mutmaßlicher Reichsbürger. Die Gruppe um Reuß wurde verdächtigt, einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant zu haben. Am Ende der großangelegten Anti-Terror-Razzia klagte die Bundesanwaltschaft 27 Verdächtige an. Der Vorwurf lautete, dass sie die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam beseitigen und sie durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform ersetzen wollten.

Zudem soll die Gruppe im Besitz eines ganzen Arsenals an Waffen gewesen sein. Bei ihren Umsturzplänen sollen auch bewusst Tote in Kauf genommen worden sein. Die ausführlichen Pläne für ein neues "Deutsches Reich" sollen auch enthalten haben, dass Heinrich XIII. Prinz Reuß neues Staatsoberhaupt werden sollte. Der Diplomingenieur ist Angehöriger des Hauses Reuß, ein deutsches Herrschergeschlecht, das bis 1918 regierte. Des Weiteren hätten die Reichsbürger geplant, dass die ehemalige Berliner Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann für die Justiz im Lande zuständig sein sollte.

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Für die Gruppe gibt es keine Bundesrepublik Deutschland

Die Reichsbürger sind davon überzeugt davon, dass nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) von einer Übergangsregierung und den Alliierten eine neue staatliche Ordnung in Deutschland verhandelt hätte werden sollen. Denn: Sogenannte Reichsbürger behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiere. Aus dieser Überzeugung stammt auch der Name der Gruppe. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an.

Für die beschuldigten Reichsbürger um Heinrich XIII. Prinz Reuß gilt bis zu einem etwaigen Urteil die Unschuldsvermutung.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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