Leben mit der Scharia
Stumm und unsichtbar - wie das neue Gesetz der Taliban Afghaninnen unterdrückt
- Veröffentlicht: 23.08.2024
- 15:51 Uhr
- Lara Teichmanis
Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sind die Rechte von Frauen und Mädchen stark eingeschränkt. Ein neuer Gesetzesvorschlag der Islamisten könnte die Lage der Afghaninnen noch verschärfen. Sie sollen öffentlich verstummen.
Das Wichtigste in Kürze
Seit Mittwoch gilt in Afghanistan das neue "Tugend"-Gesetz der islamistischen Taliban-Führung.
Das Regime schränkt durch strenge Regeln besonders das Leben und die Freiheiten von Mädchen und Frauen ein.
Seit 2021 sind die Taliban in Afghanistan an der Macht und verbreiten laut UN ein Klima der Angst und Einschüchterung.
Am Mittwoch (21. August) teilte das Justizministerium der Taliban mit, dass ein neues "Tugend"-Gesetz für strengere Regeln in Kraft getreten sei, berichtet die "Frankfurter Allgemeine" (FAZ). Zuvor hätte Talibanführer Haibatullah Achundsada das Regelwerk genehmigt.
Stimme, Blicke, Kleidung - Frauen in Afghanistan
Der Inhalt des Gesetzes - radikaler und strenger als zuvor. So seien muslimische Frauen dazu verpflichtet, ihr Gesicht sowie ihren Körper zu bedecken, wenn sie in Gegenwart von Männern seien. Dadurch solle die Versuchung und Verführung von Männern vermieden werden.
Die Vollverschleierung gelte sowohl vor muslimischen, als auch vor nicht-muslimischen Männern in Afghanistan. Wobei grundsätzliche Treffen zwischen Frauen und Männern, die nicht miteinander verwandt sind, untersagt seien.
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Weiter dürften sie in der Öffentlichkeit weder singen, rezitieren noch laut vorlesen. Die Stimme einer Frau sei intim und daher nicht für die Allgemeinheit bestimmt. Auch der Blickkontakt zu Männern außerhalb der Familie oder des Ehemannes sei untersagt. Körper, Stimme, Blicke - es scheint, als sollten Frauen als stumme, unsichtbare Wesen versteckt werden.
Verwarnungen, Strafen, Folter
Strengere Regel würden zukünftig auch für Männer und das gesamtgesellschaftliche Zusammenleben gelten, so der Bericht. Männer seien dazu verpflichtet, mindestens knielange Hosen sowie einen Bart zu tragen.
Grundsätzlich wird der Alltag der Afghan:innen streng durch die Sittenpolizei kontrolliert und eingeschränkt. Homosexuelle Beziehungen sind verboten und würden ähnlich wie Ehebruch oder Glücksspiel mit teils schweren Strafen und Folter gesühnt.
Auch die Medien und deren Konsum unterläge dem strengen Auge der islamistischen Taliban-Führung. So dürften Medien keine Videos oder Bilder mehr veröffentlichen, auf denen Lebewesen abgebildet sind. Verwarnungen, Geldstrafen, U-Haft oder schwerwiegendere Bestrafungen drohen, wenn die Inhalte "die Gesetze der Scharia und der Religion" missachten, so die FAZ.
Klima der Angst - seit bereits drei Jahren
Seit der Machtübernahme der islamistischen Taliban in Afghanistan im August 2021 sind der Alltag und besonders die Rechte von Frauen und Mädchen stark eingeschränkt. Auf den Straßen Kabuls und im ganzen Land gilt die islamische Scharia, durchgesetzt von der teils gewalttätigen Sittenpolizei.
Die UN-Mission in Afghanistan erklärte, dass die Taliban ein Klima der Angst und Einschüchterung geschaffen hätten. Die Führung der Taliban widerspricht dieser Darstellung.
- Verwendete Quellen:
- Frankfurter Allgemeine: "Taliban erlassen strenges "Tugend"-Gesetz"
- n-tv: "Taliban-Gesetz lässt Frauen öffentlich verstummen"