Umfrage
Soll die Schuldenbremse weg? Bundesbürger haben klare Meinung
- Veröffentlicht: 25.02.2025
- 14:32 Uhr
- Joachim Vonderthann
Soll die Schuldenbremse gelockert werden, um neue Milliarden für die Verteidigung zu mobilisieren? Eine aktuelle Umfrage zeigt ein deutliches Stimmungsbild. Es gibt aber diverse Probleme.
Angesichts der gewaltigen Herausforderungen in der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik ist kurz nach der Bundestagswahl eine Debatte um die Lockerung der Schuldenbremse entbrannt. Diese 2009 ins Grundgesetz aufgenommene Regelung soll Bund und Länder daran hindern, zu viele neue Schulden aufzunehmen und vielmehr solide Staatsfinanzen zu garantieren. Kritiker:innen sehen darin hingegen einen Hemmschuh für dringend nötige Investitionen.
Mehrheit für Lockerung der Schuldenbremse
Ginge es nach den Bundesbürger:innen, wäre die Entscheidung über die Schuldenbremse klar. 49 Prozent befürworten eine Aufweichung der Regelung, wie aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für "T-Online" hervorgeht. 28 Prozent wollen die geltende Schuldenbremse hingegen beibehalten.
Die Wähler:innen von Grünen (65 Prozent), SPD (64 Prozent) und der Linken (60 Prozent) sind demnach besonders stark für die Lockerung. Aber auch bei Unions-Wähler:innen findet sich eine Zustimmung von 56 Prozent. Die höchste Ablehnung gibt es unter den Anhänger:innen von AfD (49 Prozent) und FDP (59 Prozent).
Verteidigung braucht sehr viel Geld
Ein Hauptproblem der möglichen neuen schwarz-roten Regierung unter CDU-Chef Friedrich Merz ist der milliardenschwere Finanzbedarf für die deutsche Verteidigung und die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine. Durch den Kurswechsel der US-Regierung von Donald Trump mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die NATO ist das Problem noch akuter als zuvor.
Eine Reform der Schuldenbremse wäre eine Möglichkeit, um zusätzliche Milliarden zu mobilisieren. Denn nach der geltenden Regelung darf der Bund grundsätzlich maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr als neue Schulden aufnehmen. Eine Änderung der bisherigen Praxis ist jedoch politisch umstritten. Das Parlament könnte eine Reform beschließen, die eine höhere Kreditaufnahme ermöglicht.
Alter Bundestag hätte Zwei-Drittel-Mehrheit
Da die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert ist, braucht es jedoch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Die Parteien der Mitte - also Union, SPD und Grüne - haben im gerade frisch gewählten Parlament aber keine entsprechende Mehrheit mehr. AfD und Linke sind so stark, dass sie eine Änderung des Grundgesetzes blockieren könnten. Sie verfügen über eine sogenannte Sperrminorität und würden davon dem Vernehmen nach vermutlich auch Gebrauch machen.
Deshalb kam unmittelbar die Idee auf, das Thema schnell noch vor Konstituierung des neuen Bundestags mit den alten Mehrheiten der gescheiterten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie CDU/CSU abzuräumen. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit bräuchte es übrigens auch für die Schaffung eines Sondervermögens außerhalb der Schuldenregel - einer weiteren Möglichkeit, um zusätzliche Milliarden für Verteidigungsausgaben zu mobilisieren.
Mützenich spricht von "Gratwanderung"
Demokratietheoretisch wäre ein Beschluss des alten Parlaments zumindest diskussionswürdig. Ein neuer Bundestag ist bereits gewählt - und er sieht völlig anders aus. Die FDP und das BSW (als Gruppe) sind nicht mehr dabei, könnten bei Sondervermögen oder Änderung der Schuldenbremse aber noch mitstimmen. Dafür hatten die AfD und vor allem die jetzt starke Linke im alten Bundestag viel weniger Stimmen. Die Abstimmung würde also nicht den aktuellen Wählerwillen abbilden. Noch-SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich nennt einen Beschluss mit dem alten Bundestag eine "Gratwanderung, weil da etwas vorweggenommen wird".
Eine Reform der Schuldenbremse oder ein Sondervermögen werden bereits zwischen den möglichen neuen Regierungsparteien Union und SPD diskutiert. Koalitionsverhandlungen würden eine Einigung erheblich erleichtern, denn der Haushalt ist eine der größten Baustellen einer neuen Bundesregierung. Aktuell ist schlicht nicht genug Geld da, um alle Pläne und Verpflichtungen unter Wahrung der geltenden Schuldenbremse zu bezahlen. Könnte man Milliarden für die Verteidigung und die Unterstützung der Ukraine ausklammern, wäre deutlich mehr Spielraum im Bundeshaushalt. Dann könnte man Streit in den Verhandlungen eventuell im Kern ersticken.
- Verwendete Quellen:
- "T-Online": "Diese Umfrage zeigt ein deutliches Bild"
- Nachrichtenagentur dpa