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Klatsche für Rechte

So reagieren deutsche Politiker auf Frankreichs Polit-Beben

  • Veröffentlicht: 08.07.2024
  • 13:36 Uhr
  • dpa
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Der überraschende Ausgang der französischen Parlamentswahl sorgt auch in Deutschland für Wirbel. Während sich die großen Parteien erleichtert zeigen, kommen auch die ersten Warnungen.

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Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zeigt sich erleichtert über den Ausgang der Parlamentswahl in Frankreich. Ein Durchmarsch der Rechten habe nicht stattgefunden, sagte der Wirtschaftsminister zu Beginn seiner Sommerreise in Stuttgart.

Obwohl die Regierungsbildung nun sehr kompliziert werde, finde er es sehr gut, wie die Parteien von Mitte, linker Mitte und dem linken Spektrum zusammengearbeitet hätten, um zu verhindern, dass Frankreich nationalistisch abdrifte. Es sei ein ermutigendes Wahlergebnis.

Dieses werde jetzt aber eine enorme Herausforderung darstellen - vor allem für Frankreich selbst, aber auch für Europa, das sich gerade in der Phase der Neuaufstellung nach der Europawahl befinde, und für das deutsch-französische Verhältnis, sagte der Grünen-Politiker. Er hoffe, dass Frankreich in dieser schwierigen Zeit schnell wieder zu einer Aufstellung finde, die man in Europa brauche. Ohne Frankreich gehe es nicht.

Im Video: Ausschreitungen nach Wahl in Frankreich

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Kühnert: "Stein vom Herzen gefallen"

Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert ist über den Erfolg des Linksbündnisses bei der Parlamentswahl in Frankreich erleichtert. "Vielen ist ein Stein vom Herzen gefallen - mir auch", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin".

In dem Ergebnis der Parlamentswahl sehe er zwei Botschaften: "Die Mehrheit der Französinnen und Franzosen will nicht rechtsradikal regiert werden. Aber die Mehrheit der Französinnen und Franzosen fand auch, dass die letzten Jahre unter Macron keine Chance für soziale Gerechtigkeit gewesen sind."

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Präsident Emmanuel Macron habe oft nicht auf Kräfte, wie die Gewerkschaften, gehört und dafür nun "eine Quittung bekommen". "Es wird jetzt die Aufgabe der demokratischen Kräfte sein, etwas Gemeinsames auf die Beine zu stellen, was gerechter ist", sagte Kühnert.

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Warnung vor Mélenchon

Der Vorsitzende des Auswärtigen Bundestagsausschusses, Michael Roth, sieht keinen Grund zur Entwarnung. "Der Durchmarsch der Rechts-Nationalisten und Rechtsextremisten ist gestoppt worden. Das ist ein großes Verdienst der Französinnen und Franzosen", sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel" (Online-Ausgabe). "Aber es ist noch viel zu früh, um Entwarnung zu geben, denn die nationalistischen Populisten von rechts und links sind so stark wie nie. Die Mitte ist so schwach wie nie. Damit ist Emmanuel Macron krachend gescheitert."

Roth sagte, das politische Projekt Macrons habe vorgesehen, nicht mehr links und rechts über die Zukunft des Landes und Europas entscheiden zu lassen, sondern die Mitte. "Faktisch aber hat Macron die politische Mitte geschreddert." Roth forderte die gemäßigten Parteien zu einer Zusammenarbeit auf. "Es wäre gut, wenn die pro-europäischen Kräfte, die der liberalen Demokratie verpflichtet sind, zusammenhalten", sagte er. "Dann kann man Populisten und Nationalisten aufhalten. Aber dafür ist ein immer höherer Preis zu zahlen. Ob die gemäßigten Parteien in Frankreich bereit sind, diesen Preis zu zahlen, ist noch unklar. Alle müssten über einen ziemlich breiten Fluss springen."

Der Außenpolitiker warnte vor einer wichtigen politischen Rolle für die altlinke Ikone Jean-Luc Mélenchon. "Mélenchon ist ein Anti-Deutscher durch und durch. Er unterscheidet sich in seinen anti-deutschen und anti-europäischen Tiraden nicht substanziell von Frau Le Pen", sagte Roth. "Es gibt keinen Grund, Mélenchon zu vertrauen. Er ist ein anti-europäischer Ideologe, ein Hasardeur."

Im Video: Er hasst angeblich Deutschland - wird Mélenchon Frankreichs neuer Premier?

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CDU-Politiker Laschet: "Chance auf pro-europäische Mehrheit"

Der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet sieht nach dem überraschenden Ausgang der Parlamentswahl in Frankreich Chancen für eine pro-europäische Mehrheit. "Weder die Rechtsextremen um Frau (Marine) Le Pen noch die antisemitischen und antideutschen Linksradikalen um (Jean-Luc) Mélenchon haben gewonnen, sondern es besteht die Chance auf eine demokratische und pro-europäische Mehrheit", sagte Laschet, der Mitglied des Vorstands der Deutsch-französischen Parlamentarischen Versammlung ist, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin.

Laschet fügte hinzu, der französische Präsident Macron habe recht gehabt: "Wenn ein Drittel rechtsradikal wählt, muss man die anderen Zweidrittel mobilisieren." Mit Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September ergänzte er: "Das ist eine Lehre auch für uns bei den ostdeutschen Landtagswahlen. Der Kampf für Demokratie und Europa lohnt sich."

FDP für "republikanische Mehrheit" in Frankreich

Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Michael Link sieht nach dem Erfolg des Linksbündnisses in Frankreich die Gefahr der Extreme von Rechts und Links alles andere als gebannt. "Die ersten aggressiven Reaktionen (Marine) Le Pens und (Jean-Luc) Mélenchons sprechen Bände", sagte Link, der auch Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung ist.

Er ergänzte: "Ein starkes Signal wäre jetzt eine republikanische Mehrheit aus Macrons Mitte plus Sozialdemokraten à la (Raphaël) Glucksmann plus denjenigen konservativen Républicains, die sich vom RN klar distanziert haben."

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Link zeigte sich aber auch entspannt: "Große Erleichterung und noch größeren Respekt für die Franzosen, dass sie in so großen Zahlen ihre Demokratie und ihren Rechtsstaat an der Wahlurne verteidigt haben", schrieb er. Man müsse Wahlen aber im Zusammenhang sehen. Die Europawahl und das Ergebnis der ersten Runde in Frankreich seien insgesamt ein großer Warnschuss, dass es in dem Land brodele.

"Man dürfe sich nicht hinwegtäuschen, insbesondere da Mélenchons Linksextreme innerhalb des Linksbündnisses sehr stark abgeschnitten haben", warnte Link. Er ergänzte: "Umso wichtiger, dass Persönlichkeiten wie Raphaël Glucksmann von den Sozialdemokraten jetzt besonnene Töne anschlagen."

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