Syphilis und HIV
Sexuelle Gesundheit: Kondomgebrauch sinkt - Infektionskrankheiten steigen
- Veröffentlicht: 05.09.2024
- 15:15 Uhr
- Clarissa Yigit
Der Welttag der sexuellen Gesundheit soll unter anderem auf die Risiken von sexuell übertragbaren Krankheiten hinweisen.
Anlässlich des Welttags der sexuellen Gesundheit am 4. September soll den Menschen vor Augen geführt werden, dass sexuelle Gesundheit ein wesentlicher Bestandteil des allgemeinen Wohlbefindens ist. Zudem kann sich jeder Mensch mit sexuell übertragbaren Infektionen (STI) anstecken.
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Kondomgebrauch drastisch gesunken
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, dass zwischen den Jahren 2014 und 2022 der Kondomgebrauch unter sexuell aktiven Jugendlichen in Europa drastisch zurückgegangen ist - von 70 Prozent auf 61 Prozent bei Jungen und von 63 Prozent auf 57 Prozent bei Mädchen. Rund 30 Prozent der befragten Jugendlichen gaben an, beim letzten Geschlechtsverkehr weder ein Kondom noch die Antibabypille benutzt zu haben.
Dies steigert demnach nicht nur erheblich das Risiko für eine ungeplante Schwangerschaft, sondern auch für sexuell übertragbare Infektionen.
"Für Jugendliche ist der Zugang zu korrekten Informationen über sexuelle Gesundheit ungeheuer wichtig", äußert sich die 16-jährige Éabha aus Irland in dem Bericht der WHO. "Wir brauchen Bildung, die alles von der Einwilligung bis zur Verhütung abdeckt, damit wir mündige Entscheidungen treffen und uns schützen können."
Bekanntheit sexuell übertragbarer Krankheiten eher gering
Die "Liebesleben-Studie" ist eine deutschlandweite Repräsentativbefragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die erstmals im Dezember 2023 durchgeführt wurde. Sie untersucht unter anderem das Schutzverhalten und den Gebrauch von Kondomen und das Wissen über STI.
In einer aktuellen offenen Befragung stellte sich heraus, dass die Bekanntheit von STI bei Jugendlichen dabei eher gering ist. Demnach nennen 56 Prozent "HIV/AIDS", 28 Prozent "Syphilis" und "Gonorrhö" als bekannte sexuell übertragbare Erkrankung. Nur elf Prozent nannten "Chlamydien" - Bakterien, die Entzündungen zum Beispiel in den Schleimhäuten von Harnröhre, Gebärmutterhals und Enddarm erzeugen und zu den weltweit häufigsten STI zählen. "Humane Papillomviren" (HPV) erwähnten sechs Prozent.
Laut der "Liebesleben-Studie" nutzen Menschen, die innerhalb der letzten zwölf Monate Geschlechtsverkehr hatten, zumindest manchmal Kondome (47 Prozent), darunter 17 Prozent immer. Rund 89 Prozent der sexuell aktiven Personen ab 16 Jahren verfügen zudem über Erfahrungen mit Kondomen.
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Diese Schutzmaßnahmen gibt es
Um sich vor bestimmten STI zu schützen, sind Impfungen und Tests wichtige Schutzmaßnahmen. Impfungen können Infektionen vermeiden. Tests und Behandlungen können eine Weiterverbreitung von Infektionen verhindern oder verhindern, dass Komplikationen und Spätfolgen auftreten.
Seit dem Jahr 2007 empfiehlt daher die Ständige Impfkommission (STIKO) für Mädchen und junge Frauen im Alter zwischen neun und 14 Jahren die kostenlose Impfung gegen HPV. Diese schützt vor verschiedenen durch HPV hervorgerufenen Krebserkrankungen wie beispielsweise Gebärmutterhalskrebs.
Um sich gegen eine Infektion mit Syphilis zu schützen, sollte beim Vaginal- und Analsex ein Kondom verwendet werden, rät das österreichische Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Für sexuell aktive Frauen bieten zudem die Gynäkolog:innen Frauen unter 25 Jahren ein jährliches kostenloses Screening auf Chlamydien an.
Neuinfektionen von Syphilis und HIV nehmen zu
Laut "Staista" lagen im Jahr 2023 die Syphilis-Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung bei 9.128 Fällen (2001: 1.995 Fälle).
Auch die HIV-Fälle haben zugenommen. So lagen die geschätzten Neuinfektionen laut dem Robert Koch-Institut (RKI) im Jahr 2022 noch bei 1.900 Fällen, im Jahr 2023 waren es bereits 2.200. Demnach waren Ende 2023 insgesamt 96.700 Menschen in Deutschland an einer HIV-Infektion erkrankt.
Sexuell übertragbare Infektionen können unbehandelt schwere Folgen haben.
Judith Gerlach (CSU), bayerische Gesundheitsministerin
Anhand der steigenden Neuinfektionen mahnt auch Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) zum Schutz vor Geschlechtskrankheiten. "Sexuell übertragbare Infektionen können unbehandelt schwere Folgen haben", so die Ministerin.
Demnach sind in Bayern alleine im Jahr 2023 die Syphilis-Fälle um 63 gegenüber dem Vorjahr gestiegen (auf 1.451 gemeldete Fälle).
Und auch die HIV-Neuinfektionen sind um 40 Fälle mehr auf 280 angestiegen, schreibt die "Tagesschau" und beruft sich dabei auf Angaben des RKI vom 11. Juli 2024. Allerdings würden HIV-Diagnosen erst Jahre später nach der Infektion gestellt. Daher könnte die Zahl der Neuinfektionen in Bayern laut RKI deutlich abweichen (2023: geschätzt 670).
Faktoren der Sorglosigkeit
Die Mehrzahl der zunehmenden Fälle von Syphilis sei bisher weiter bei jüngeren Männern, die Sex mit Männern hätten, zu erkennen. Allerdings sei der Anstieg bei Älteren nicht zu leugnen, erklärt Norbert Brockmeyer, Präsident der Gesellschaft für sexuell-übertragbare Infektionen (STI). "Viele denken gar nicht mehr daran, dass Sexualität auch im Alter gelebt wird." Hinzu komme, dass eine Erkrankung an Syphilis viele Jahre unentdeckt bleiben kann.
Aber auch mit zunehmendem Alter sei die Sorge vor einer ungewollten Schwangerschaft nicht mehr so groß. Dementsprechend würden weniger Kondome genutzt. Hinzu kommt, dass HIV und Aids besser behandelt werden können und die Menschen sich somit sorgloser verhalten.
Des Weiteren sieht der Dermatologe in der wachsenden Zahl an Antibiotikaresistenzen eine Gefährdung für die Behandlung von sexuell übertragbaren Infektionen .
- Verwendete Quellen:
- Tagesschau: "Immer mehr Syphilis- und HIV-Infektionen in Bayern"
- WHO: "Neuer Bericht der WHO verzeichnet alarmierenden Rückgang der Kondomnutzung unter Jugendlichen und erhöhtes Risiko für sexuell übertragbare Infektionen und ungewollte Schwangerschaften"
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: "LIEBESLEBEN-STUDIE"
- statista: "Anzahl der jährlich registrierten Syphilis-Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2001 bis 2024"
- RKI: "Epidemiologisches Bulletin"
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: "Syphilis (Lues)"