Nahost-Konflikt im Ticker
Explosion in Beirut: Hamas-Anführer getötet – Hisbollah hat "Finger am Abzug"
- Aktualisiert: 03.01.2024
- 00:01 Uhr
- Momir Takac
+++ Hamas-Anführer wohl bei Explosion im Libanon getötet +++ Geisel-Deal-Gespräche gestoppt +++ Menschenrechtskommissar: Anzeichen für Kriegsverbrechen in Gaza-Krieg +++ Alle Entwicklungen in Nahost im Newsticker vom 2. Januar.
Das Wichtigste in Kürze
Bei einer Explosion in Beirut sind offenbar mehrere ranghohe Hamas-Mitglieder ums Leben gekommen.
Berichten zufolge sind daraufhin Geisel-Deal-Gespräche zwischen Israel und der Terrororganisation gestoppt worden.
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sieht im Gaza-Krieg Anzeichen für Kriegsverbrechen und womöglich auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
+++ 23:58 Uhr: Nach der mutmaßlich von Israel veranlassten Tötung des Hamas-Anführers Saleh al-Aruri im Libanon hat die Hisbollah-Miliz Vergeltung angekündigt. Das "Verbrechen" in Beirut sei "eine gefährliche Attacke auf den Libanon" und dessen Volk und Sicherheit, teilte die Miliz am Dienstagabend (2. Januar) mit. "Dieses Verbrechen wird niemals ohne Antwort oder Strafe vorübergehen." Die Hisbollah habe "den Finger am Abzug" und ihre Kämpfer seien "in höchster Stufe der Bereitschaft".
Der Sicherheitsberater der israelischen Regierung versucht offensichtlich, die Lage zu entschärfen. Der mutmaßliche Angriff galt allein der Hamas, sagte Mark Regev dem US-Sender "MSNBC". "Wer auch immer das getan hat, es muss klar sein, dass dies keine Attacke auf den libanesischen Staat war. Es war nicht einmal eine Attacke auf die Hisbollah."
"Wer auch immer diesen Angriff ausgeführt hat, ist sehr chirurgisch genau vorgegangen und hatte es auf ein Hamas-Ziel abgesehen. Denn Israel ist im Krieg", sagte Regev, ohne den Satz zu Ende zu führen.
Weitere ranghohe Hamas-Terroristen bei Beirut-Explosion getötet
+++ 22:44 Uhr: Bei der Explosion in Beirut sind laut einem der Hamas nahestehenden Fernsehsender neben einem Anführer auch zwei weitere hochrangige Mitglieder der Islamistenorganisation getötet worden. Es handelt sich um die Kommandeure Samir Fandi Abu Amer und Assam al-Akra Abu Ammar des bewaffneten Arms der Gruppierung, wie der TV-Sender am Dienstagabend mitteilte.
Die Hamas selbst sprach von zwei getöteten Anführern ihrer Kassam-Brigaden. Sie bestätigte auch den Tod eines ihrer Anführer, des stellvertretenden Leiters des Hamas-Politbüros, Saleh al-Aruri. Insgesamt wurden laut Libanons staatlicher Nachrichtenagentur NNA sechs Menschen bei dem Vorfall am Dienstag getötet.
Geisel-Gespräche mit Hamas wohl auf Eis gelegt
+++ 21:01 Uhr: Nach der mutmaßlichen Tötung eines Hamas-Anführers in Beirut sind die Verhandlungen über ein mögliches neues Geisel-Abkommen zwischen Israel und der Hamas einem Bericht zufolge zum Stillstand gekommen. Die Gespräche konzentrierten sich nun darauf, eine Eskalation zwischen Israel und dem Libanon zu verhindern, meldete die israelische Zeitung "Haaretz" am Dienstagabend unter Berufung auf arabische Diplomatenkreise.
Das "Attentat" habe die Situation verändert. Fortschritte, um einen weiteren Geisel-Deal zu erreichen, seien derzeit nicht mehr möglich. Die genauen Hintergründe der Explosion blieben zunächst unklar. Schnell kam aber der Verdacht auf, dass es sich um eine gezielte Tötung handeln könnte – möglicherweise durch Israels Armee oder im Auftrag Israels. Israels Militär kommentierte die Berichte auf Anfrage nicht.
Neue Hoffnung für israelische Geiseln?
+++ 19:30 Uhr: Für israelische Geiseln in Händen der Hamas gibt es womöglich neue Hoffnung. Nach Darstellung des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu weichte die Terrororganisation ihre Position bei den Verhandlungen zu einem neuen möglichen Geisel-Deal auf. Die Bemühungen für ein neues Abkommen gingen weiter, sagte der Ministerpräsident nach Angaben seines Büros zu Vertretern der Angehörigen der Geiseln. Kontakte bei den Gesprächen seien nicht abgebrochen worden, betonte er. "Es gab ein Ultimatum der Hamas, jetzt wurde es abgeschwächt."
Die Hamas äußerte sich dazu zunächst nicht. Die Terrororganisation hatte zuletzt mehrfach betont, sie lehne jegliche Verhandlungen ab, bis ein Waffenstillstand im Gaza-Krieg in Kraft trete.
Explosion im Libanon – Hamas-Anführer wohl getötet
+++ 18:23 Uhr: In der libanesischen Hauptstadt Beirut hat sich am Dienstagabend eine Explosion ereignet. Diese ereignete sich laut Polizeikreisen in einem südlichen Stadtteil, in dem die schiitische Hisbollah-Miliz besonders stark vertreten ist. Videos zeigten mindestens ein brennendes Auto nahe einer belebten Straße.
Offenbar kam bei der Detonation ein Hamas-Mitglied ums Leben. Wie die Deutsche Presse-Agentur erfahren haben will, soll der stellvertretende Leiter des Politbüros, Saleh al-Aruri, getötet worden sein. Auch der Hisbollah-nahe Fernsehsender Al-Manar berichtete, dass Al-Aruri tot sei.
Die Hamas gab Israel die Schuld. Al-Aruri sei am Dienstag bei einer Attacke "der zionistischen Besatzung" ums Leben gekommen, teilte die Islamistenorganisation mit. Israels Militär wollte die Berichte über den Tod Al-Aruris auf Anfrage nicht kommentieren. Der Angriff beweist nach Darstellung der Hamas das "katastrophale Versagen" Israels, seine Kriegsziele im Gazastreifen zu erreichen.
Menschenrechtskommissar: Anzeichen für Kriegsverbrechen in Gaza-Krieg
+++ 04:21 Uhr: Volker Türk, der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, sieht im Gaza-Krieg Anzeichen für Kriegsverbrechen und womöglich auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auf der Seite der Palästinenser nennt er den schweren Terrorüberfall auf Israel am 7. und 8. Oktober, das wahllose Abfeuern von Geschossen auf Israel und das militärische Agieren aus zivilen Einrichtungen heraus. Zu Israel sagte Türk der Deutschen Presse-Agentur in Genf: "Wenn man sich anschaut, wie Israel darauf reagiert hat, da habe ich schwere Bedenken, was die Einhaltung sowohl der Menschenrechte als auch des internationalen humanitären Rechts betrifft."
70 Prozent der Betroffenen seien bei den schweren israelischen Bombardierungen Frauen und Minderjährige. "Man kann davon ausgehen, dass der Großteil von denen, die getroffen worden sind, Zivilisten sind", sagte der Österreicher der dpa. "Darüber hinaus ist eine kollektive Bestrafung der Palästinenser ein Kriegsverbrechen. Natürlich müssen letztlich Gerichte beurteilen, wer welche Straftaten begangen hat."
Es sei schwer zu beurteilen, ob es dort Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt. Damit sind zum Beispiel großangelegte oder systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung gemeint. Um das zu beurteilen, müsse auch untersucht werden, ob dahinter eine entsprechende Absicht stehe. Türk sagte, es gebe Anzeichen, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden sein könnten: "Angesichts der unverhältnismäßigen und sehr schweren Bombardierungen, in Kombination mit dem Mangel an wirksamer humanitärer Hilfe gibt es schwere Bedenken, die näher geprüft werden müssen."
Im Video: Gaza-Krieg - Israel beharrt auf Sieg über die Hamas
Gaza-Krieg: Israel beharrt auf Sieg über die Hamas
Israels Armee greift Ziele in Syrien und im Libanon an
+++ 03:03 Uhr: Nach eigenen Angaben hat das israelische Militär in Reaktion auf Raketenbeschuss aus Syrien und dem Libanon zurückgefeuert. Fünf aus Syrien abgeschossene Raketen seien nach Israel geflogen und in offenem Gelände niedergegangen, berichtete die israelische Armee am Montagabend (1. Januar). Israelische Kampfflugzeuge hätten daraufhin die Abschussorte angegriffen.
Zudem habe an Israels nördlicher Grenze ein Kampfflugzeug "terroristische Infrastruktur" der Hisbollah-Miliz im Libanon getroffen. Von dort aus seien am Montag Raketen in Richtung einer nordisraelischen Siedlung abgefeuert wurden, hieß es weiter.
Immer wieder kommt es seit dem Beginn des Gaza-Kriegs zu Konfrontationen von Israels Armee mit der Hisbollah in der Grenzregion. Die Sicherheitslage in der gesamten Region ist seit dem Beginn des Gaza-Krieges sehr angespannt. Auch die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts wächst.
Im Video: Krieg in Nahost - Israel spricht von Mehrfronten-Krieg
Krieg in Nahost: Israel spricht von Mehrfronten-Krieg
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa