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Algorithmus belohnt Populismus

Studie: AfD-Wahlwerbung wird von Facebook und Instagram bevorzugt

  • Aktualisiert: 26.06.2024
  • 16:45 Uhr
  • Kira Born

Für politische Kampagnen spielt Social Media eine überragende Rolle. Doch offenbar werden nicht alle Parteien vom Algorithmus des Meta-Konzerns gleich behandelt.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Studie der LMU in München fand heraus, dass der Meta-Algorithmus politische Werbungen anders ausspielt, als von den Parteien beabsichtigt

  • Gesponserte Werbepost der Parteien der Mitte erreicht bei gleichem finanziellem Investment nicht die gleichen Impressions, wie die von Parteien am rechten Rand.

  • Die Forschenden betrachteten für ihre Untersuchung 80.000 politische Werbeposts zur Bundestagswahl 2021. 

Inhalt

Wahlkämpfe werden nicht mehr allein über Werbespots in Radio und TV oder mit Plakaten ausgetragen. Das Internet, speziell die Sozialen Medien, sind zum Hauptort von Wahlwerbung von Parteien geworden. Doch wie beeinflusst der Meta-Algorithmus, welche Werbung welcher Partei angezeigt wird?

Diese Frage versucht eine Studie der Ludwigs-Maximilian-Universität München (LMU) zu beantworten. Insgesamt 80.000 Anzeigen politischer Werbung auf Facebook und Instagram - beide gehören wie WhatsApp zum Meta-Konzern - zur Bundestagswahl 2021 wurden dafür betrachtet. Ein Ergebnis der Studie: "Bei allen Parteien kam es bei Alter und Geschlecht zu Diskrepanzen zwischen angestrebter und tatsächlich erreichter Zielgruppe, was […] auf Verzerrungen des Algorithmus basierend auf bekanntem Wählerverhalten zurückzuführen sein könnte", wie es in der Pressemitteilung der Universität heißt.

Ein weiterer Fund der Analyse: Bei gesponsorten politischen Werbebeiträgen zeichneten sich Unterschiede in der Reichweite der Beiträge im Verhältnis zum investierten Geldbetrag unter den Parteien ab. Besonders viele Impressionen pro investiertem Euro konnten AfD und FDP verzeichnen. In Relation zur gesponserten Werbung pro Euro schnitt die AfD im Vergleich zu den anderen untersuchten Parteien (SPD, CDU/CSU, Grüne, Linke) am besten ab.

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Politische Social-Media-Werbung nur für die eigene Bubbel?

"Mit rund 4,6 Milliarden Nutzerinnen und Nutzern weltweit haben sich Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter/X zu wichtigen Instrumenten der politischen Kampagnenführung entwickelt", sagt Professor Stefan Feuerriegel, Leiter der Studie und des Institute of Artificial Intelligence (AI) in Management an der LMU. Das Hauptaugenmerk der Erhebung lag darauf, mögliche Ungleichheit bei dem Erreichen von Wähler:innen im digitalen Raum zu analysieren. In der Wissenschaft deuten die aktuellen Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Wahlentscheidung und Wahlbeteiligung durch politische Werbung auf Social Media beeinflusst wird, wie es in der Veröffentlichung der Münchner Universität heißt.

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Die Studie, die in der Fachzeitschrift PNAS Nexus erschienen ist, legt dar, dass die Kosteneffizienz von Anzeigen und deren Zielgenauigkeit, welche Wähler:innen-Gruppen angesprochen werden sollen, zwischen den Partei variiert: "Wir sehen eine deutliche systematische Verzerrung bei der Auslieferung politischer Anzeigen zwischen den Parteien", erläutert Studienleiter Feuerriegel.

Ein Grund dieser ungleichen Verteilung liegt auch im bewussten "Targeting" von Parteien, „das es Werbetreibenden ermöglicht, bestimmte Nutzergruppen auszuwählen und maßgeschneiderte politische Botschaften an besonders empfängliche Zielgruppen zu übermitteln“, wie in der Studie definiert wird. In der Bundestagswahl 2021 nutzten demnach 72,3 Prozent der veröffentlichten politischen Anzeigen Targeting.

Im Video: So versuchen Söder und Co. junge Wähler:innen mit TikTok zu fischen

Algorithmus stärkt populistische Parteien 

Bewusst die Kernwählerschaft anzusprechen,ist Hauptziel politischer Werbung. Doch "wenn Parteien Anzeigen auf ein bestimmtes Publikum zuschneiden oder widersprüchliche Botschaften zu politischen Themen an unterschiedliche Zielgruppen senden, kann das die politische Teilhabe benachteiligter Gruppen einschränken", wie der Institutschef erklärt. Auch wenn beispielsweise durch Gesetzte der Europäischen Union, wie dem "Digital Service Act", Konzerne wie Meta zu mehr Transparenz verpflichtet sind, reiche dies nicht aus. Die Wissenschaftler:innen kritisieren, "dass die derzeitigen Transparenzmaßnahmen nicht ausreichen, um zu bewerten, wie proprietäre Algorithmen politische Anzeigen liefern." 

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Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Parteien des Mitte-Links-Spektrums, wie Grüne und SPD sowie CDU/CSU im Schnitt deutlich weniger Impressionen pro investierten Euro erreichen, wie sie durch das Sponsoring erzielen sollten. Eine Impression auf Social Media bedeutet, dass eine User:in den geposteten Beitrag gesehen hat.

Ganz anders sieht die Situation bei FDP und AfD aus. Im Schnitt erreicht die AfD 10,13 Prozent mehr Impression per Euro als die anderen Parteien im Durchschnitt. Die FDP liegt mit 2,22 Prozent durchschnittlicher Impressionen pro gesponserter Anzeige weit hinter der rechtspopulistischen Partei.

Heißt: Die AfD konnte bei der Bundestagswahl 2021 mit gleichem finanziellem Input mehr Impressionen in den Sozialen Medien erreichen als alle anderen Parteien.

Studie zeigt: Verzerrung bei gewünschten Altersgruppen und Geschlechtern

Unterschiede zeigten sich auch bei der Geschlechter- und Altersverteilung in der politischen Werbung zur Wahl 2021.

Bei Linken, Grünen, SPD, FDP und Union wurden deutlich mehr Menschen in der Altersgruppe zwischen 25 und 34 angesprochen als beabsichtigt. "Jüngere und ältere User sehen die Werbung weniger oft als ursprünglich von der Partei beabsichtigt", heißt es in der Abschlussbetrachtung der Studie.

Die AfD liegt in der Altersgruppe von 25 bis 34, 35 bis 44, 45 bis 54 und 55 bis 64 über der eigentlich anzusprechenden Zielgruppe. Nur die jüngsten Wähler:innen von 18 bis 24 konnte die Partei nicht wie gewünscht erreichen. "Das Zielpublikum einer Anzeige zeigt die Diskrepanz (prozentualer Unterschied) zwischen der tatsächlichen und der angestrebten Zielgruppe. Alle Parteien erreichen ein tatsächliches Publikum, dieses ist jünger ist als das Zielpublikum, mit Ausnahme der rechtsextremen AfD, die im Allgemeinen ein älteres Publikum erreicht."

Im Video: AfD gewinnt im Osten Deutschlands und punktet auch bei vielen jungen Menschen

Ebenso gibt es ein Ungleichgewicht bei der Ausspielung politischer Werbung zwischen den Geschlechtern. Bei FDP und Union zeigen die Daten der Studie, dass deutlich weniger Werbeposts von weiblichen Userinnen gesehen werden als beabsichtigt. Deutlicher zeichnet sich dies bei der Alternative für Deutschland ab. Sie erreicht 12,19 Prozent mehr männliche Nutzer als gewollt. Die einzige Partei, die mehr weibliche Nutzerinnen durch ihre politischen Werbeposts erreichen konnte, ist das Bündnis 90/Grüne. Es erhielt fünf Prozent mehr Impressionen von weiblichen Facebook-Nutzer:innen als angepeilt.

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Das Fazit der Forschenden: Auch bei einer definierten Zielgruppe erreichen Parteien wie Linke, SPD, Grüne und Union durch die Ausspielung des Algorithmus nicht gänzlich die beabsichtige Wählergruppen. Union und AfD erreichen in den Studiendaten eine deutlich männlichere Zielgruppe als Grüne und die Sozialdemokraten.

  • Verwendet Quellen:
  • Presseportal LMU: "Wie der Meta-Algorithmus Wahlwerbung beeinflusst"
  • Dominik Bär, Francesco Pierri, Gianmarco De Francisci Morales, Stefan Feuerrigel: "Systematic discrepancies in the delivery of political ads on Facebook and Instagram"
  • Europäische Komission: "Das Digital Services Act Paket"
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