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Brandkatastrophe in London

72 Todesopfer hätten vermieden werden können: Bericht zur Grenfell-Katastrophe offenbart Schockierendes

  • Aktualisiert: 04.09.2024
  • 16:08 Uhr
  • dpa
Bei dem verheerenden Brand im Juni 2017 starben 72 Menschen.
Bei dem verheerenden Brand im Juni 2017 starben 72 Menschen.© Victoria Jones/PA Wire/dpa

Die 72 Toten beim Feuer in einem Londoner Wohnturm 2017 waren laut dem Abschlussbericht einer Untersuchung "allesamt vermeidbar". Doch Konsequenzen lassen auf sich warten.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Untersuchungsbericht zum verheerenden Grenfell Tower Brand im Jahr 2017 stellt den Behörden und Unternehmen ein vernichtendes Zeugnis aus.

  • Laut Bericht seien die Todesfälle vermeidbar gewesen. Die Brandkatastrophe sei das Ergebnis von jahrzehntelangem Versagen und Inkompetenz. 

  • Das Unglück nahm seinen Lauf, als ein defekter Kühlschrank im 4. Stockwerk einen Brand auslöste, der schnell auf die Fassade übergriff. Insgesamt starben 72 Menschen.

Inhalt

Wie in ein Leichentuch gehüllt ragt der eingerüstete und hinter einer weißen Plane verborgene Grenfell Tower im Westen Londons in den Himmel. In dem damaligen Wohnturm im Stadtteil North Kensington starben in den frühen Morgenstunden des 14. Juni 2017 bei einem verheerenden Brand 72 Menschen. Mehr als sieben Jahre nach dem Feuer hat ein Untersuchungsbericht Behörden und Unternehmen ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt.

"Die simple Wahrheit ist, dass die Todesfälle allesamt vermeidbar waren", sagte der Vorsitzende der Untersuchung, Martin Moore-Bick. Die Katastrophe sei "das Ergebnis jahrzehntelangen Versagens" der Zentralregierung und anderer verantwortlicher Stellen hinsichtlich der Verwendung brennbaren Materials an den Außenmauern von Hochhäusern. Ursache sei in erster Linie Inkompetenz gewesen, in manchen Fällen aber auch Profitgier.

Die simple Wahrheit ist, dass die Todesfälle allesamt vermeidbar waren.

Martin Moore-Bick, Vorsitzende der Untersuchung

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Endlose Kette von Fehlverhalten

Der im 4. Stockwerk ausgebrochene Brand hatte sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Sozialbaus ausgebreitet. Dabei hatte vor allem die Fassadenverkleidung eine fatale Rolle gespielt, wie sich bei der seit Jahren laufenden Untersuchung herausstellte. 

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Die Fassade war erst kurz vor dem Unglück mit einer Isolierung und Verkleidung versehen worden, um den 1974 fertig gestellten Wohnturm ansehnlicher und energetisch effizienter zu machen. Doch die Fassadenteile aus Aluminium mit Kunststoffkern waren völlig ungeeignet und wirkten wie Brandbeschleuniger

Dass sie dennoch installiert wurden, lag an einer schier endlosen Kette von Fehlverhalten und Versagen bei Behörden und Unternehmen, wie aus dem aktuellen Bericht hervorgeht. So wurden Brandschutzbestimmungen lax ausgelegt, Testergebnisse manipuliert oder falsch dargestellt und Warnungen in den Wind geschlagen.

Letztes Lebenszeichen per Handy

So nahm das Unglück am 14. Juni 2017 ungehindert seinen Lauf. Ein defekter Kühlschrank im 4. Stock löste einen Brand aus, der schon bald auf die Fassade übergriff.

Nur knapp eine halbe Stunde nach dem ersten Notruf hatten die Flammen bereits die obersten Etagen des Hochhauses erfasst. Von der Fassade heruntertropfender, brennender Kunststoff verbreitete das Feuer auf das ganze Gebäude. 

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Auch der Feuerwehr werden schwere Fehler angelastet. So hatte sie den Menschen viel zu lange dazu geraten, in dem brennenden Gebäude zu bleiben und auf Hilfe zu warten. Dabei zeichnete sich schnell ab, dass die Flammen rasch das ganze Hochhaus erfassen werden. Für viele wurden ihre Wohnungen zur Todesfalle. Manche konnten sich nur noch per Handy von ihren Lieben verabschieden.

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Zwischen Wut, Trauer und Frustration

Das Gelände um den ausgebrannten Turm ist inzwischen weiträumig mit einem Holzzaun abgesperrt. Daran sind unzählige Botschaften, Bilder und Andenken angebracht in verschiedenen Sprachen. Englisch, Arabisch, Spanisch, Amharisch - der Grenfell Tower war ein Zuhause für Menschen aus der ganzen Welt. 

In Trauer der Überlebenden und Hinterbliebenen mischen sich Wut und Frustration. "Leute, die Entscheidungen getroffen haben und dabei Profit über die Sicherheit von Menschen stellten, müssen hinter Gitter", sagte Sandra Ruiz, deren zwölfjährige Nichte in dem Feuer starb, der Zeitung "Guardian". 

Doch strafrechtliche Folgen hat die jahrelange Untersuchung nicht. Es sei nun an den Ermittlungsbehörden, Anklagen gegen die Verantwortlichen zu erheben, sagte eine Vertreterin von Überlebenden und Angehörigen. Ob und wann es dazu kommen wird, ist ungewiss. Ein Polizeisprecher kündigte an, der Bericht werde nun geprüft, das könne jedoch bis zu 18 Monate in Anspruch nehmen.

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Bewohner wegen Herkunft und Status missachtet

Premierminister Keir Starmer zeigte sich bei einer Stellungnahme im Parlament nach Veröffentlichung des Berichts betroffen. "Ich möchte mit einer Entschuldigung im Namen des britischen Staats bei jedem Einzelnen von Ihnen und allen Familien der von dieser Tragödie Betroffenen beginnen: Es hätte nie geschehen dürfen", sagte der Labour-Politiker. Es müsse volle Rechenschaftspflicht geben und Grenfell als Prüfstein für künftige Gebäudesicherheit dienen. 

Großbritannien müsse sich auch die Frage stellen, was für ein Land es sein wolle, so der Premier weiter. Die Bewohner des Grenfell Towers - einem Sozialbau in einem der reichsten Teile des Landes - seien aufgrund von ihrem sozialen Status und ihrer Herkunft wiederholt mit ihren Bedenken missachtet worden. "Das ging unglaublicherweise sogar nach dem Unglück weiter", so Starmer.

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