Phobien
Du leidest an Höhenangst? Was du gegen deine Akrophobie tun kannst
- Veröffentlicht: 18.09.2024
- 05:00 Uhr
- Chris Tomas
Ob beim Blick aus dem Hochhausfenster, auf einer schwankenden Brücke oder beim Wandern in den Bergen – wer Höhenangst hat, dem bricht an solchen Orten der Schweiß aus. Warum eigentlich? Und kann man lernen, schwindelfrei zu werden?
Das Wichtigste in Kürze
Höhenangst, Akrophobie, wie sie fachsprachlich heißt, tritt bei manchen Menschen auf, wenn sie von einer Erhöhung in die Tiefe schauen. Eigentlich ist sie eine Sturz-Angst.
Höhenschwindel erfüllt einen wichtigen Zweck: Unser Körper warnt uns damit vor einer drohenden Gefahr. Doch Menschen mit Höhenangst bekommen selbst in sicheren Situationen Herzrasen und Atemnot.
Deshalb zählt man Höhenangst zu den Angst-Störungen. Wie viele Menschen von Akrophobie betroffen sind, ist nicht genau erforscht.
Mit Höhenangst kann man gut leben, etwa indem man einfach keine Berge besteigt. Wenn die Angst jedoch den Alltag einschränkt, Gebäude nicht mehr betreten werden, ist professionelle Hilfe gefragt.
Was ist Höhenangst und welche Symptome treten auf?
Unter Höhenangst versteht man eine starke, oft irrationale Angst vor Höhen. Der medizinische Begriff Akrophobie setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern "ákron" (für Gipfel) und "phobos" (für Angst). Manchen Betroffenen macht allein der Gedanke an erhöhte Orte schon Angst.
Symptome von Höhenangst sind starkes Unwohlsein, Schwindelgefühle, weiche Knie, Zittern, Herzrasen, Übelkeit und Schweißausbrüche. Auch Atemnot oder Beklemmungs-Gefühle können auftreten. In extremen Fällen fühlen sich Betroffene wie gelähmt. Auch der Kopf rattert: Menschen mit Höhenangst befürchten, die Kontrolle zu verlieren, aus dem Gleichgewicht zu geraten und in die Tiefe zu fallen. Nicht wenige verspüren in solchen Situationen Todesangst.
In den ärztlichen Leitlinien wird Höhenangst zu den sogenannten spezifischen Phobien gerechnet. Das sind Ängste, die sich auf bestimmte Dinge oder Situationen beziehen, also auch die Angst vor Spinnen, vor Spritzen oder vor Hunden. Schätzungen zufolge leiden bis zu zehn Prozent aller Menschen irgendwann in ihrem Leben unter einer spezifischen Phobie. Welchen Anteil davon Höhenangst ausmacht, ist allerdings unklar.
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Das sind die Ursachen von Akrophobie
In der Forschung vermutet man, dass uns Höhenschwindel angeboren ist. Denn unser Körper ist darauf programmiert, Gefahren zu erkennen und darauf mit Alarmsignalen zu reagieren. Dieser natürliche Schutz-Mechanismus kann lebensrettend sein. Allerdings: Menschen mit Höhenangst treiben auch harmlose, völlig sichere Situationen die Schweißperlen auf die Stirn. Die Angst steht in keinem Verhältnis mehr zur tatsächlichen Gefahr. Sie beginnt quasi, ein Eigenleben zu führen.
Wahrscheinlich spielt dabei die Erziehung große Rolle: Wer als Kind von deinen Eltern von jeder Erhöhung weggezogen und ständig ermahnte wurde, "nicht zu nah an den Rand zu gehen", übernimmt diese Angst. Auch Eltern, die selbst unter Höhenangst leiden, projizieren ihre Furcht oft unbewusst auf ihre Kinder.
Aber auch eigene Erfahrungen tragen zur Entstehung von Höhenangst bei. Ein Sturz von der Leiter, eine Schrecksekunde im Hochseilgarten oder die gefährliche "Abkürzung" beim Wandern können Ängste auslösen oder verstärken. Und wer ohnehin nicht gut darin ist, das Gleichgewicht zu halten, der macht sich auch eher Sorgen, ob der Körper ihn im Zweifelsfall im Stich lässt. Stress kann dieses Gefühl verstärken.
So kannst du deine Höhenangst überwinden
Die gute Nachricht ist aber: Du bist Höhenangst nicht machtlos ausgeliefert. Hier kommen ein paar Tipps, wie du in der akuten Situation und langfristig gegen die Angst angehen kannst:
Tief Luft holen: Ruhe bewahren – auch wenn es abgedroschen klingt. Setz dich hin, halte dich irgendwo fest und konzentriere dich ganz auf deinen Atem. Die "4-7-8-Atmung" hilft, dich zu beruhigen und wird auch Panikattacken empfohlen. Dabei atmest du langsam durch die Nase ein und zählst dabei innerlich bis vier. Dann hältst du den Atem an und zähle bis sieben. Kräftig wieder durch den Mund ausatmen und dabei bis acht zählen. Das wiederholst du so lange, bis du dich etwas beruhigt hast.
Der Angst den Schrecken nehmen: Typisch für eine Angst-Störung ist eine Gefahr zu sehen, wo keine ist. Du kannst daher versuchen, mit ein paar gedanklichen Tricks die Situation richtig einzuordnen. Zum Beispiel durch ein Bewerten der Angst auf einer Skala von eins bis zehn. Im ersten Angstmoment ist die Brücke vielleicht eine neun. Aber bei genauerem Hinsehen wird sie vielleicht zu einer zwei – und somit machbar für dich.
Gegenfantasien aufbauen: Ängste entstehen im Kopf. Warum sie nicht mit ausgedachten Waffen schlagen? Stell dir beispielsweise vor, du hättest Superkräfte und könntest fliegen – so kann dir theoretisch nichts mehr passieren. Manchen Menschen helfen solche Mentaltricks.
Schwindelfreiheit üben: Fang mit kleinen Erhöhungen an und setz dich nach und nach höheren Orten aus. Das nennt man Exposition. Diese Methode sollte jedoch unter Anleitung eines erfahrenen Therapeuten erfolgen, um Rückschläge oder eine Verschlimmerung der Angst zu vermeiden. Im Idealfall gewinnst du mit der Zeit Sicherheit und die Angst lässt nach. Wichtig ist nur, dass du geduldig bleibst und nichts erzwingst.
Keine Tabletten nehmen: Verzichte auf Beruhigungsmittel, wenn es in größere Höhen geht. Sie mögen die Angst kurzfristig lindern, aber die Phobie bleibt. Zudem können sie deine Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen, was gerade in der Höhe tatsächlich gefährlich werden kann.
Ein Anti-Höhenangst-Training besuchen: Immer wieder kommt es vor, dass Menschen beim Wandern oder Bergsteigen von Höhenangst überrascht werden, etwa an ausgesetzten Stellen, und dann nicht weitergehen können. Organisationen wie etwa der Deutsche Alpenverein bieten deshalb gezielte Schulungen dagegen an. Darin lernt man, wie man Höhenangst vorbeugt und im Notfall richtig reagiert.
Eine Therapie machen: Prinzipiell kann man mit Höhenangst gut leben, solange sie das alltägliche Leben nicht einschränkt. Viele Betroffene vermeiden einfach entsprechende Situationen. Zum Problem wird Akrophobie jedoch, wenn sie den Alltag dominiert und Betroffene daran hindert, bestimmte Dinge zu tun – etwa den Job auszuüben, in den Urlaub zu fahren oder auch nur auf eine Leiter zu steigen, um eine Glühbirne auszutauschen. In dem Fall sollte man sich an eine psychotherapeutische Praxis wenden. Übrigens: Auch Hypnose kann bei der Behandlung von Höhenangst helfen.