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Internationale Politik

Steht Putin einer BRICS-Mitgliedschaft der Türkei im Weg?

  • Aktualisiert: 14.06.2024
  • 12:25 Uhr
  • Kira Born

Die Türkei zeigt Interesse an einer BRICS-Mitgliedschaft. Doch Russlands Präsident ist weniger angetan vom Beitritt des Landes in das Wirtschaftsbündnis.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Türkei ist einer BRICS-Mitgliedschaft nicht abgeneigt. 

  • Die angespannten Beziehungen zu BRICS-Mitgründerland Russland könnten der Türkei den Beitritt jedoch verwehren.

  • Aktuell ist die Türkei auch immer noch Beitrittskandidat der Europäischen Union.

Inhalt

Die Türkei scheint einen doppelten Kurs zu fahren: Auf der einen Seite ist das Land am Schwarzen Meer immer noch ein Beitrittskandidat der Europäischen Union. Auf der anderen Seite ließ der türkische Außenminister Hakan Fidan durchblicken, dass die Türkei Interesse an einer BRICS-Mitgliedschaft habe. "Soweit wir wissen, beobachtet die Türkei die BRICS mit großem Interesse", sagte auch der russische Diplomate Dimitri Birichevsky, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet.

Doch die russisch-türkischen Beziehungen könnten diesen Zielen im Weg stehen. Ankara hat sich laut dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Vergangenheit maßgeblich auf westliche Finanzierungen gestützt, wie dieser kürzlich auf dem "International Economic Forum" in St. Petersburg beklagte. Ebenso trage das Stagnieren der Verhandlungen über die Umwandlung der Türkei in einen Energieumschlagplatz für russisches Gas zum angespannten Verhältnis bei. All das könnte der Türkei einen Platz unter den BRICS-Ländern kosten, wie der Moskauer Politikwissenschaftler Kerim Has im Interview mit der "Frankfurter Rundschau" und "IPPEN.MEDIA." einordnete.

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Türkische Außenminister bestärkt Beitrittswunsch zu BRICS-Staaten

Anfang Juni hatte der türkische Außenminister Hakan Fidan China, ebenfalls BRICS-Mitglied, besucht. Ein solcher Besuch auf höchster politischer Ebene fand letztmals 2012 zwischen der Türkei und China statt. Im Gastgebeland unterstrich Fidan die Bereitschaft der Türkei, dem Wirtschaftsbündnis beizutreten und sagte: "Wir würden natürlich gerne - warum auch nicht?" Dies berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. 

Eine Mitgliedschaft in dem Bündnis nicht-westlicher Staaten wird jedoch offiziell von Ankara nicht unterstützt. Von offizieller Seite hieß es, dass die Türkei weiterhin an einer vollen Mitgliedschaft in der Europäischen Union festhalte, so Reuters.

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Putin warnt die Türkei vor BRICS-Beitritt

Aber nicht nur die Bestrebungen einer EU-Mitgliedschaft stehen der türkischen BRICS-Mitgliedschaft entgegen. Der russische Präsident Wladimir Putin zeigte sich wenig begeistert von einem Beitritt, angesichts des angespannten Verhältnisses zwischen Ankara und Moskau.

Bei einer Pressekonferenz im Rahmen des "International Economic Forum" in St. Petersburg warnte der russische Präsident das Land, sich dem Embargo westlicher Staaten anzuschließen. Ebenso kritisch sah der Kreml-Chef die vermehrten Investitionen westlicher Finanzinstitute in der Türkei: "Die türkische Wirtschaftsführung hat sich in letzter Zeit darauf konzentriert, Kredite, Investitionen und Zuschüsse von westlichen Finanzinstitutionen zu erhalten […] Das ist wahrscheinlich keine schlechte Sache, aber wenn dies auf die Einschränkungen der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit Russland zurückzuführen ist, dann wird die türkische Wirtschaft mehr verlieren als gewinnen", wie die  "Frankfurter Rundschau" am Montag (10. Juni) berichtete.

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Ebenso gehe der Handel von türkischer Seite signifikant zurück. Die Türkei exportiert deutlich weniger nach Russland, wie eine Auswertung der "Financial Times" nahelegt. Die Daten zeigen einen klaren Abwärtstrend: Der türkische Export nach Russland sei demnach im ersten Quartal 2024 um etwa ein Drittel gesunken im Vergleich zum Vorjahr. Laut der Wirtschaftszeitung ist dies unter anderem dem wirtschaftlichen Druck der USA wegen des andauernden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine geschuldet.

Offiziell gab Kreml-Sprecher Dmitry Peskov bekannt, dass ein potenzieller Beitritt der Türkei zur Gruppe der BRICS-Staaten auf der Agenda des nächsten Treffens, das in diesem Jahr in Russland stattfinden soll, stehen würde. Er betonte zugleich, dass nicht alle Staaten mit einem Beitritts-Interesse auch die Möglichkeit erhalten können, wie Reuters berichtete.

Wirtschaftliche Vorteile einer Mitgliedschaft der BRICS für die Türk:innen

Erst 2024 erweiterte sich der Kreis der BRICS-Staaten von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika um fünf weitere Staaten: Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabische Emirate. Diese Entwicklung zu einer multipolaren Weltordnung, einer Welt mit mehreren politischen Machtzentren, beinhaltet auch den potenziellen Beitritt der Türkei in die BRICS-Gruppe, wie Politikwissenschaftler Dr. Berthold Kuhn im Interview mit dem "Focus" erklärte.

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Für die Türkei ist eine Mitgliedschaft aus wirtschaftlichen Gründen interessant: "Durch eine Mitgliedschaft könnte die Türkei ihre Wirtschaft breiter aufstellen und sich weniger anfällig für externe Schocks machen. Zudem könnte sie ihren geopolitischen Einfluss erweitern", sagte Kuhn.

Besonders der Zugang zu technologischen und wissenschaftlichem Know-how, speziell aus China und Indien, könnte eine Bereicherung für Ankara sein. Zwar bietet der EU-Binnenmarkt ebenso Vorteile. Jedoch beinhaltet eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union groß angelegte "politische, wirtschaftliche und rechtliche Integrationsmechanismen", die in dem lockeren Bündnis aufstrebender Volkswirtschaften, mit verschiedenen politischen Systemen eine untergeordnete Rolle spielen, wie der Experte erläuterte.

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Wirtschaftkrise in der Türkei erschwert BRICS-Mitgliedschaft

Die Türkei befindet sich immer noch in einer Wirtschaftskrise. In dem maßgeblich auf wirtschaftliche Zusammenarbeit fußenden Bündnis könnte dies zur Belastung werden: "Die BRICS-Mitgliedschaft kann der Türkei, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befindet, sicherlich zugutekommen, aber für andere Mitglieder kann sie eher als wirtschaftliche Belastung denn als Beitrag verstanden werden“, wie Experte Has im Gespräch mit "Frankfurter Rundschau" und  "IPPEN.MEDIA." einordnete.

Has schätzte deshalb zum aktuellen Stand die Chancen der Türkei für einen Beitritt zu den BRICS-Staaten als eher gering ein. Zumal eine BRICS-Mitgleidschaft der Türkei auch eine große diplomatische Herausforderung sei, da die Türkei nach wie vor ein Mitglied der NATO ist und auf die Zusammenarbeit mit den USA und der EU angewiesen ist, wie Politikwissenschaftler Kuhn im "Focus"-Interview unterstrich.

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  • Verwendet Quellen:
  • Nachrichtenagentur Reuters
  • Frankfurter Rundschau: "Türkei bald in Russlands Bündnis? Kreml sieht "großes Interesse" bei Erdogan"
  • Frankfurter Rundschau:: US-Sanktionen wirken: Türkische Banken fahren Kooperation mit Russland zurück
  • Fokus: "Türkei strebt nach BRICS-Mitgliedschaft - was hinter dem geopolitischen Schachzug steckt"
  • Financial Times: "Turkey’s trade with Russia drops after US pressure"
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