Risikofaktor Russland
Pistorius will Deutschland wappnen gegen einen Angriffskrieg
- Veröffentlicht: 26.01.2024
- 17:45 Uhr
- Christina Strobl
Die Angst vor einem russischen Angriff wird nicht nur von Schweden, Norwegen und Großbritannien heraufbeschworen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hält auch in Deutschland einen Krieg für eine reale Gefahr.
Das Wichtigste in Kürze
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will Deutschland auf einen möglichen Krieg gegen Russland vorbereiten und die "Kriegstüchtigkeit" der Bundeswehr vorantreiben.
Expert:innen zufolge dauert es fünf bis acht Jahre, bis Russlands Militär eine neue Groß-Operation starten könnte.
Pistorius fordert, an die Ukraine abgegebene Systeme schnellstmöglich wiederzubeschaffen.
Seit dem Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs im Februar 2022 wächst die Sorge, dass sich Deutschland im Fall eines russischen Angriffs nicht verteidigen könnte. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) stellte deshalb erneut klar, dass er Deutschland "kriegstüchtig" machen wolle, wie er es im Interview mit der "Bild" vom 26. Januar 2024 formulierte.
Damit wolle er keine Angst schüren, so der 63-Jährige, sondern das Land auf den Ernstfall vorbereiten: "Wir kommen aus 30 Jahren Frieden, 30 Jahren Friedensdividende, von der wir alle profitiert haben. Und jetzt geht die Reise in die andere Richtung."
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Pistorius: Aktuell keine Gefahr für einen Angriff Russlands
Auch wenn es Expert:innen zufolge fünf bis acht Jahre dauern werde, bis Russland in der militärischen Verfassung sei, neue Groß-Operationen zu unternehmen, warnte Pistorius: "Wir müssen richtig, richtig Tempo nachlegen, damit wir uns in die Situation bringen für den Fall der Fälle."
Der Verteidigungsminister sieht aktuell zwar noch keine Gefahr für einen Angriff Russlands auf NATO-Boden oder gegen einen Verbündeten. Dies sei jedoch nur eine "Momentaufnahme", so Pistorius. "Keiner weiß, wie und ob das hält."
Verteidigungsminister setzt auf Abschreckung
Dennoch wäre es gefährlich, das Risiko für ein solches Szenario nicht sehen zu wollen, so Pistorius weiter. Dem Minister zufolge braucht es "das Prinzip von Abschreckung, wie wir es aus Zeiten des Kalten Krieges" kennen. "Und der war wesentlich berechenbarer als die Lage, die wir heute haben."
Zur Lage der derzeitigen Verteidigungsfähigkeit Deutschlands sagte Pistorius: "Wir haben ganz viele Systeme, die für uns bestimmt waren, an die Ukraine abgegeben. Aber wir werden sie wieder beschaffen."
Dass dies Zeit beanspruche, ist dem Minister bewusst: "Aber das sind genau die Zeitfenster, von denen ich gesprochen habe, die wir dann aufmachen. Die müssen wir schnell wieder schließen."
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Pistorius: Keine "Fremdenlegion" geplant
Nicht nur Material, auch Soldat:innen fehlten der Bundeswehr. Der Verteidigungsminister schließt es daher nicht aus, auch Ausländer:innen zu rekrutieren. Dies habe aber nichts mit einer "Fremdenlegion" zu tun, stellte Pistorius in dem Interview klar: Es gehe nicht darum, Menschen zum Wehrdienst zu verpflichten, die erst seit Kurzem in Deutschland sind, sagte er. „Wir reden über die Kinder in zweiter, dritter Generation, die noch keinen deutschen Pass haben, die aber fließend Deutsch sprechen, die in diesem Land leben und möglicherweise bereit sind, für dieses Land, in dem sie aufgewachsen sind oder aufwachsen, Dienst zu tun."
Deutschland sei wie alle Streitkräfte in Europa nicht eingerichtet "auf einen großen Krieg, was die Stärke angeht". Deshalb sei klar, dass sich diesbezüglich etwas ändern müsse: "Wir brauchen einen Aufwuchs", so der Verteidigungsminister. "Die Zahlen schwanken zwischen 200.000 und 250.000." Das schwedische Modell, das keine Wehrpflicht, aber eine Musterungspflicht vorsieht, sei eine "denkbare Variante". Es gebe aber auch noch andere, so Pistorius.
- Verwendete Quellen: