Mehr Lobbyist:innen als Abgeordnete
Lobbyismus: Mächtige Finanzlobby mit erheblichem Einfluss im Bundestag
- Aktualisiert: 03.01.2023
- 17:49 Uhr
- Lena Glöckner
Seit einem Jahr müssen sich Lobbyist:innen im Bundestag in ein Register eintragen. Dessen Auswertung durch einen Verein macht nun deutlich: Es gehen mehr ein und aus als Abgeordnete - und besonders die Finanzbranche ist vertreten.
Das Wichtigste in Kürze
Kein anderer Sektor ist mit so vielen Interessensvertretern im Bundestag zugegen wie die Finanzbranche.
Auch Lobbyist:innen aus der Automobil- und Energiebranche sind zuhauf vertreten.
Immer noch werden einige Lobby-Kontakte nicht im Register angegeben.
Mit Hunderten Lobbyist:innen und Millionenaufwand versuchen Vertreter der Finanzbranche Einfluss auf Gesetze im Bundestag zu nehmen. Das zeigt eine Auswertung des öffentlich einsehbaren Lobbyregisters des Bundestags durch die Bürgerbewegung Finanzwende. Demnach ist keine andere Branche unter den 100 finanzstärksten Lobbyakteuren so stark vertreten wie die Finanzbranche - 11 der 100 Lobbyakteure mit den größten Budgets seien Banken, Versicherungsunternehmen und Investmentgesellschaften.
Die im öffentlichen Auftreten ebenfalls mächtige Autobranche ist mit sechs Einträgen unter den 100 finanzstärksten Lobbyist:innen vertreten, der Energiesektor mit neun Einträgen. Zusammen geben die Top-10-Konzerne und -Verbände der Finanzlobby der Auswertung von Finanzwende zufolge im Jahr mehr als 42,5 Millionen Euro für Kontaktpflege und den Versuch der Beeinflussung von Politik aus.
Mehr als 13.000 Interessensvertreter im Bundestag
Das Lobbyregister wird seit einem Jahr auf der Internetseite des Deutschen Bundestags geführt. Es soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle Interessenvertreter müssen sich dort eintragen - Ausnahmen gibt es derzeit unter anderem für Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen.
Innerhalb eines Jahres haben sich im Register mehr als 5.500 Unternehmen, Verbände, Organisationen, Netzwerke, Einzelpersonen und andere angemeldet. Die Zahl der benannten Beschäftigten, die die Interessenvertretung unmittelbar ausüben, liegt bei mehr als 13.000. Zum Vergleich: In dieser Legislaturperiode sitzen 736 Abgeordnete im Bundestag.
Nicht alle Lobby-Kontakte im Register
Die Lobbyist:innen müssen Angaben unter anderem über ihre Auftraggeber und Themenfelder sowie zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit bei Bundestag und Bundesregierung machen. Sie sind verpflichtet, sich an einen vorgegebenen Verhaltenskodex zu halten. Bei Verstößen dagegen droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.
Noch immer aber würden nicht alle Lobby-Kontakte angegeben. So hätten sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) und seine Staatssekretäre mehrfach mit Vertretern von Banken getroffen, die nicht im Lobbyregister auftauchten, kritisierte Finanzwende.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa