Nach Urteil
Klimaschutzgesetz: Bundestag verabschiedet Reform
- Veröffentlicht: 26.04.2024
- 15:55 Uhr
- Clarissa Yigit
Die Verabschiedung stand noch auf der Kippe. Doch der Bundestag hat nun Änderungen des Klimaschutzgesetzes verabschiedet. Die Opposition sieht eine Aufweichung.
Der Bundestag hat am Freitag (26. April) eine umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Diese kam vor allem auf Verlangen der FDP zustande.
Im Kern geht es darum: Einzelne Ministerien wie das Verkehrsressort müssen keine Sofortprogramme mehr vorlegen, wenn rückwirkend betrachtet gesetzliche Vorgaben zum CO₂-Ausstoß verfehlt wurden. Künftig soll die Bundesregierung als Ganzes gegensteuern - falls es in Zukunft absehbare Schwierigkeiten gibt, um Klimaziele zu erreichen. Kritiker:innen bemängeln, die Reform sei eine Aufweichung. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren.
Eine am Mittwoch (24. April) eingereichte Klage des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann wurde am Donnerstagabend (25. April) vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt.
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Heilmann begründete seinen Antrag mit einer "extrem verkürzten Beratungszeit". Zudem fürchte er eine Schwächung des Klimaschutzes. So sei sein Recht "auf Beratung sowie auf gleichberechtigte Teilhabe als Abgeordneter an der parlamentarischen Willensbildung" verletzt worden.
"Er verzögert damit nicht nur parlamentarische Verfahren, sondern streut auch dem Gericht Sand ins Getriebe. Die Entscheidungsbefugnisse des Parlaments derart ohne Not zu blockieren, hat etwas von einer Show-Veranstaltung. Das ist unwürdig", kritisiert Irene Mihalic (Grüne) den CDU-Abgeordneten für sein Vorgehen.
Das neue Klimaschutzgesetz
Bis zum Jahr 2030 verpflichtet sich Deutschland laut Gesetz, seinen Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 65 Prozent (im Vergleich zu 1990) zu senken - bis 2040 um 88 Prozent, und bis 2045 soll eine Treibhausgasneutralität erzielt werden.
Um dies zu erreichen, sieht die Reform des Klimaschutzgesetzes demnach grundlegende Änderungen vor. So gelte bisher, wenn in einzelnen Sektoren wie dem Verkehrs- oder Gebäudebereich gesetzliche Vorgaben zum CO₂-Ausstoß verfehlt werden, dass dann die zuständigen Ministerien im darauffolgenden Jahr Sofortprogramme vorlegen müssen.
Nun solle die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifen. Zeichnet sich zwei Jahre in Folge ab, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel für das Jahr 2030 nicht auf Kurs ist, so müsse nachgesteuert werden.
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Ampel-Koalition: Kein Gramm CO₂ wird mehr ausgestoßen
FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner schrieb auf der Plattform X, der planwirtschaftliche Ansatz des alten Klimaschutzgesetzes sei Geschichte. Mit einer langfristigen, übergreifenden Zielperspektive würden "harte Freiheitseinschränkungen" verhindert. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, dem Klima sei es vollkommen egal, ob Emissionen im Energie-, Industrie- oder Verkehrssektor eingespart werden.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge sagte: "Das Klimaschutzgesetz schaut in Zukunft nach vorne." Die Emissionsziele blieben. "Kein Gramm CO₂ darf in Zukunft mehr emittiert werden." Dröge räumte aber ein, die Grünen hätten sich eine noch klarere Verantwortung der einzelnen Sektoren gewünscht.
Bei den Grünen gab es Abweichler: So erklärte der Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar, er habe gegen das Gesetz gestimmt. Die Änderung setze ein falsches Zeichen gegenüber dem Verkehrsministerium und auch für den gesamten Verkehrssektor.
Breite Kritik an Reform
Vor allem Umweltverbände kritisieren seit Langem eine Aufweichung des Gesetzes. Vor allem der Verkehrssektor werde aus der Pflicht entlassen, wirksame Maßnahmen für mehr Klimaschutz zu ergreifen.
Der CDU-Energiepolitiker Andreas Jung sprach von einer Entkernung des Klimaschutzgesetzes und einem Rückschritt für den Klimaschutz. Die Ampel stelle sich einen Freibrief aus. Die CSU-Abgeordnete Anja Weisgerber sprach von einem "schwarzen Tag" für den Klimaschutz. Sie verwies darauf, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg die Bundesregierung verurteilt habe, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen. Dieser Pflicht entledige sich die Koalition. Die Bundesregierung hat gegen das Urteil Revision eingelegt.
Der Linke-Politiker Bernd Riexinger sagte, die Bundesregierung nehme europäische Strafzahlungen in Kauf, denn eine EU-Verordnung zur Lastenverteilung verlange weiterhin die Einhaltung von Sektorzielen. Bei diesen Strafzahlungen könnte es sich um Milliardensummen handeln. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte mit Blick auf die EU-Verordnung, deswegen müssten vor allem der Verkehrs- und Gebäudebereich nach wie vor Minderungsziele erreichen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa