Anhaltende Preissteigerung
Inflation - Wenn Geld plötzlich nichts mehr wert ist
- Veröffentlicht: 24.01.2023
- 16:27 Uhr
- Michael Reimers
Plötzlich kostet das Brot beim Bäcker um einiges mehr und der Liter Benzin ist kaum bezahlbar. Vor allem heute ist das Leben in Deutschland teurer denn je. Eine anhaltende Preissteigerung wird Inflation genannt. Doch wie kann es dazu kommen? Und welche Folgen hat sie?
Was genau bedeutet Inflation?
Das Wort Inflation stammt vom lateinischen Begriff "inflare" ab, was so viel wie "Aufblasen" bedeutet. Das deutet schon darauf hin, was die Inflation eigentlich ist, nämlich eine allgemeine Preissteigerung in der Marktwirtschaft – die Preise blasen sich also förmlich auf. In einer Marktwirtschaft können Waren oder Dienstleistungen ständig billiger oder teurer werden. Steigen jedoch die Preise nicht nur für einzelne Produkte, sondern allgemein, handelt es sich um eine Inflation. Man kann für das gleiche Geld weniger kaufen, die Währung verliert also mit der Zeit ihren Wert.
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Inflation: Großhandelspreise fallen so stark wie seit Finanzkrise 2008 nicht mehr
In einem konkreten Beispiel kann man die Inflation wie folgt erklären: Zahlt man im Normalfall 50 Euro für den Wocheneinkauf, müsste man wegen der Inflation für den exakt selben Einkauf zu einem anderen Zeitpunkt 60 Euro zahlen, da die Preise für die Lebensmittel teurer geworden sind.
Es gibt verschiedene Ursachen für die Inflation. So kann diese beispielsweise entstehen, wenn die Nachfrage bestimmter Produkte größer ist als das Angebot, also einfach gesagt, dass zu viel Geld für zu wenig Ware ausgegeben wird. Es kann aber auch vorkommen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) zu viel Geld druckt und sich somit die Geldmenge im Umlauf erhöht. Meistens sind mehrere Ursachen der Grund für eine Inflation.
Wie wird die Inflationsrate berechnet?
Mit der Inflationsrate lässt sich angeben, in welchem Maße eine Inflation stattfindet. So zeigt diese, in welchem Umfang die Preise in der Marktwirtschaft in einem bestimmten Zeitraum gestiegen sind.
In Deutschland wird die Inflationsrate vom Statistischen Bundesamt rechnerisch ermittelt. Der Verbraucherpreisindex dient als Grundlage dieser Berechnung. Dieser misst monatlich die durchschnittliche Preisentwicklung von Waren und Dienstleistungen. Dafür zieht das Statistische Bundesamt einen fiktiven Warenkorb mit verschiedenen Gütern und Dienstleistungen heran – von Nahrungsmitteln über Kleidung bis hin zu Freizeitausgaben oder Miete. Diese stehen repräsentativ für den Konsum in Deutschland. Die einzelnen Produktgruppen haben in der Berechnung eine unterschiedliche Gewichtung, welche regelmäßig, je nach Ausgabeverhalten, angepasst wird. Die Veränderung des Verbraucherpreisindex zum Vorjahr wird Inflationsrate genannt. Eine Inflationsrate von null bis zwei Prozent gilt als normal.
Inflation versus Deflation
Das Gegenteil der Inflation wird als Deflation bezeichnet. Während es bei einer Inflation zu einer allgemeinen Preissteigerung kommt, handelt es sich bei einer Deflation um einen Rückgang des Preisniveaus. Waren und Dienstleistungen werden mit der Zeit immer günstiger. Das wiederum bedeutet, dass Verbraucher:innen von der gleichen Menge Geld mehr Produkte und Dienstleistungen erwerben können.
Man unterscheidet zwei Arten der Deflation: Geldmengendeflation und Preisdeflation. Bei der Geldmengendeflation reduziert sich die allgemeine Geldmenge im Wirtschaftskreislauf. Dazu kann es beispielsweise durch einschränkende, geldpolitische Maßnahmen von Zentralbanken wie der EZB kommen. Bei der Preisdeflation werden die Preise für Waren und Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum immer günstiger. Dadurch übersteigt das gesamtwirtschaftliche Angebot die gesamtwirtschaftliche Nachfrage.
Man könnte meinen, dass günstigere Preise für Produkte und Dienstleistungen gut sind, leider ist dies langfristig jedoch nicht der Fall. Dadurch dass günstigere Preise zu geringeren Gewinnerwartungen von Unternehmen führen, können langfristig Löhne sinken und die Arbeitslosigkeit steigen. Es kommt zu Einkommensverlusten und weniger Steuereinnahmen für den Staat. Die Wirtschaftsleistung des Landes verringert sich und es kann zu einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise kommen.
Ursachen von Inflation
Eine Inflation kann verschiedene Ursachen haben. Oftmals spielen mehrere Faktoren zusammen. Man unterscheidet daher zwischen verschiedenen Arten der Inflation: Der Nachfrageinflation und der Angebotsinflation.
Zu einer Nachfrageinflation kann es kommen, wenn die Nachfrage größer ist als das Angebot. Das bedeutet, dass Verbraucher:innen bestimmte Produkte vermehrt kaufen wollen, es davon aber nicht genug auf dem Markt gibt. Aufgrund der Angebotsknappheit können Anbieter die Preise der Produkte erhöhen. Wenn die Preise steigen, sinkt der Wert des Geldes. Gründe für eine Nachfrageinflation können aber nicht nur eine steigende Nachfrage sein, sondern auch mehr Investitionen von Unternehmen sowie wachsende Exporte und staatliche Investitionsausgaben.
Neben der Nachfrageinflation kann es auch zu einer Angebotsinflation kommen. Diese tritt ein, wenn Unternehmen die Preise ihrer Produkte erhöhen. Grund dafür sind beispielsweise steigende Produktions-, Rohstoff- und Energiepreise. Auch höhere Löhne der Arbeitnehmer können zu einer Angebotsinflation führen, da Unternehmen daraufhin oftmals ihre Preise für Waren anpassen. Die wohl historisch älteste Ursache für eine Inflation ist die Geldmenge innerhalb einer Volkswirtschaft. Wenn eine Zentralbank diese erhöht, um Liquidität zu begünstigen, kann es zu inflationären Preisverhältnissen kommen.
Folgen und Auswirkungen von Inflation
Im Idealfall sollte der Wert des Geldes einer gesunden Wirtschaft stabil bleiben. Tut er das nicht und kommt es zu einer Inflation, hat diese schwerwiegende Folgen – sowohl für die Wirtschaft selbst als auch für Verbraucher:innen:
- Verbraucher:innen können sich weniger für ihr Geld kaufen
- Dadurch, dass der Geldwert sinkt, geht auch die Nachfrage und Kaufkraft zurück
- Wegen des Wertverlustes der Währung kommt es von Unternehmen zu weniger Investitionen
- Es kommt zu einer fortlaufenden Preiserhöhung. Um Gewinn zu machen, werden die Preise von Produkten und Dienstleistungen weiter gesteigert
- Arbeitnehmer verlangen wegen der steigenden Preise mehr Lohn. Unternehmen erhöhen daraufhin wieder ihre Preise. Es kommt zu einem Inflationskreislauf
Was macht die Regierung, um die Inflationsrate niedrig zu halten?
Die Europäische Zentralbank (EZB) beaufsichtigt und reguliert zusammen mit nationalen Zentralbanken die Finanzstabilität im Euroraum. Sie kann außerdem den Leitzins, ein Instrument zur Geldmarktsteuerung, erhöhen. Beim Leitzins handelt es sich um einen Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei den Zentralbanken Geld leihen oder anlegen können. Wird der Leitzins also erhöht, kann das eine Inflation ausbremsen. Wenn weniger Geld in der Marktwirtschaft verfügbar ist, gewinnt der einzelne Euro an Wert. Die Verbraucherpreise sinken und die Inflation nimmt ab. Allgemein gilt: Niedrige Leitzinsen kurbeln die Wirtschaft an, während höhere Zinsen eher dazu führen, sie abzubremsen.
Die Regierung selbst hat andere Mittel, unter anderem eine restriktive Ausgabenpolitik. Diese zielt darauf ab, das sich im Umlauf befindliche Geld zu verringern und geht mit höheren Zinsen einher. Auch kann die Bundesregierung Subvention abschaffen oder kürzen. Im Juni 2022 betrug die Inflationsrate in Deutschland 7,6 Prozent – ein hoher Wert, der auf eine Inflation hinweist. Gründe dafür sind zum Beispiel ein verändertes Konsumverhalten von Verbraucher:innen durch gelockerte Corona-Maßnahmen. Es besteht eine höhere Nachfrage. Gleichzeitig herrscht durch höhere Produktionskosten ein geringeres Angebot. Auch der Krieg in der Ukraine trägt dazu bei, da es beispielsweise bei Energie und Getreide zu Rohstoffengpässen kommt.
Um Bürger:innen zu entlasten, hat die Bundesregierung bereits zwei Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Auch Maßnahmen wie die Energiepreispauschale, der Tankrabatt oder das Neun-Euro-Ticket sollen den Verbraucher:innen helfen. Gleichzeitig erhofft sich die Regierung dadurch, den inflationsbedingten Kaufkraftverlust auszugleichen. Der Wirtschaftsexperte Joachim Ragnitz jedoch betont, dass die Politik selbst recht wenig gegen die momentane Inflation unternehmen kann. Ihm zufolge liegt das daran, dass die Inflation vor allem durch Faktoren entstanden ist, die außerhalb des politischen Einflussbereichs liegen, wie beispielsweise Lieferkettenprobleme durch die Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine und den damit steigenden Energiekosten.
Januar 2024: Niedrigste Inflation seit Juni 2021
Ab Juni 2021 stieg in Deutschland die Inflation an und erreichte in den Jahren 2022 bis Ende 2023 ein Rekordniveau. Zu Beginn des Jahres 2024 ist die Inflation wieder gesunken.
Im Januar 2024 lagen die Verbraucherpreise um 2,9 Prozent über dem Vorjahresmonat. Das teilte das Statistische Bundesamt Ende Januar 2024 mit. Das ist der niedrigste Wert seit Juni 2021. Volkswirt:innen rechnen mit einem weiteren Rückgang im Laufe des Jahres. Das Tempo könnte allerdings nachlassen. Im Dezember 2023 lag die bundesweite Inflation noch bei 3,7 Prozent.
Friedrich Heinemann, Volkswirt am Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW, sprach von einem "guten Start ins Jahr 2024 für mehr Preisstabilität". Mit der Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie und routinemäßigen Preisanpassungen zum Jahresbeginn habe es durchaus einige Belastungsfaktoren gegeben.
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer warnte:
Der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht gewonnen.
Jörg Krämer
Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach seiner Meinung nach der Versuchung widerstehen, ihre Leitzinsen zu früh zu senken.
Für den Euroraum strebt die Notenbank mittelfristig insgesamt stabile Preise bei 2,0 Prozent Inflation an. Um die Teuerung zu dämpfen, setzten die Währungshüter seit Sommer 2022 zehnmal in Folge die Leitzinsen nach oben.
Im Video: Inflation sinkt deutlich - Lebensmittel bleiben aber trotzdem teuer
Inflation sinkt deutlich: Lebensmittel bleiben aber trotzdem teuer
- Verwendete Quellen:
- ecb.europa.eu: Was ist Inflation?
- Bundesregierung: Fragen und Antworten zur Inflation
- destatis.de: Verbraucherpreisindex und Inflationsrate
- Bundeszentrale für politische Bildung: Deflation
- mdr.de: Wirtschaftsexperten: Politik kann gegen Inflation nicht viel tun
- Nachrichtenagentur dpa