Nach Attentat
"Gangsterdrohung" gegen Times-Journalisten: Medwedew reagiert auf westliche Berichte
- Veröffentlicht: 20.12.2024
- 00:00 Uhr
- Oliwia Kowalak
Ein Moskauer Attentat des ukrainischen Geheimdienstes spannt die Lage zwischen dem Westen und dem Kreml weiter an. Nachdem Journalisten der Londoner "Times" den Anschlag als "legitim" bezeichneten, sprach Medwedew nun eine Drohung gegen die gesamte Führungsriege der Zeitung aus.
Das Wichtigste in Kürze
Das Attentat auf den russischen General Igor Kirillow sorgt für Spannungen zwischen dem Kreml und London.
Der russische Ex-Präsident Dmitri Anatoljewitsch Medwedew hat als Reaktion auf einen Artikel der Londoner "Times" die Journalisten des Blatts als "erbärmliche Schakale" bezeichnet.
Der britische Außenminister David Lammy nannte Medwedews Einschüchterungsversuch eine verzweifelte "Gangsterdrohung".
Der Tod eines prominenten russischen Generals und die westlichen Reaktionen haben den Kreml entzürnt. Nachdem der militärische Leiter der Chemiewaffenabteilung der russischen Armee, Igor Kirillow, bei einem Anschlag in Moskau am 17. Dezember ums Leben gekommen war, ließen die Reaktionen der westlichen Presse nicht auf sich warten. "Kirillow war Chef der russischen nuklearen, chemischen und biologischen Streitkräfte. Er wäre für zahlreiche dokumentierte chemische Angriffe auf ukrainische Streitkräfte im Feld verantwortlich gewesen", schrieb das Londoner Magazin "The Times" über den getöteten Kreml-Offizier.
Im Video: "Drogenabhängiger": Medwedew attackiert Selenskyj
Ex-Präsident Russlands: Times-Journalisten sollten "vorsichtig sein"
Das Attentat auf Kirillow wurde von den Journalisten als "gezielter Schlag gegen einen Aggressor" beschrieben. In dem Times-Artikel wurde der Vorfall weiter als "legitimer Verteidigungsakt" der Ukraine bezeichnet. "Damit wird die Notwendigkeit unterstrichen, dass die westlichen Regierungen, von denen sich viele im Umbruch befinden, der Ukraine jede Unterstützung gewähren sollten, die sie braucht, um ihren gerechten Selbstverteidigungskrieg führen zu können", hieß es darin weiter.
Der Kreml zeigte sich daraufhin erbost über den Kommentar in der Londoner Zeitschrift. Stellvertretender Vorsitzender des Sicherheitsrates der Russischen Föderation, Dmitri Anatoljewitsch Medwedew, schickte über seinen Telegram-Kanal eine Drohung an die westlichen Journalisten raus.
Diejenigen, die Verbrechen gegen Russland begingen, hätten immer auch Komplizen: "Auch sie sind jetzt legitime militärische Ziele". Zu dieser Kategorie könnten auch "erbärmlichen Schakale" der "Times" gehören, wie Medwedew weiter schrieb, gefolgt von einer Warnung: Damit sei die gesamte Führungsriege der Zeitung gemeint. Die Times-Journalisten sollten "vorsichtig sein" – denn in London sei alles möglich.
Festnahme nach Kirillow-Anschlag
Der Anschlag auf Igor Kirillow ist am Dienstag (17.12.) in Moskau verübt worden. Kirillow und sein Assistent starben aufgrund eines an einem Elektroroller befestigten Sprengsatzes, der mit 100 bis 300 Gramm TNT bestückt war, wie russische Ermittler mitteilten. Zu dem Anschlag hat sich der ukrainische Geheimdienst SBU wenige Stunden später bekannt. "Ein solch unrühmliches Ende erwartet alle, die Ukrainer töten", so die Mitteilung eines SBU-Beamten laut "Financial Times". Die Ukraine hatte zuvor den Militäroffizier beschuldigt, Chemiewaffen gegen ukrainische Truppen einzusetzen – Moskau bestreitet den Vorwurf.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt, wurde am Mittwoch (18.12.) der Usbeke, Achmad Kurbanow, festgenommen. Er habe gestanden, auf Anweisung des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU gehandelt zu haben. Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees hätte der Verdächtige gesagt, er sei nach Moskau gekommen, um einen Auftrag für den ukrainischen Geheimdienst auszuführen.
Im Video: Festnahme nach Mord an russischen General
In einem Video, dass durch die Nachrichtenagentur Baza veröffentlicht wurde, soll der 29-jährige Verdächtige außerdem gesagt haben, dass er den Sprengsatz ferngesteuert zündete, als Kirillow das Gebäude verließ. Die Echtheit des Videos konnte von Reuters jedoch nicht unabhängig geprüft werden. "Als der General aus dem Eingang kam, drückte ich auf den Knopf", zitierte die "Moscow Times" Kurbanov während des Verhörs. Die Ukraine habe ihm dafür 100.000 US-Dollar und einen Wohnsitz in einem europäischen Land angeboten.
Trumps Sondergesandter zum Anschlag: "Nicht wirklich klug"
Zu der Drohung Medwedews hat sich der britische Außenminister David Lammy bereits auf X (vormals Twitter) geäußert. Die "Gangsterdrohung gegen 'Times'-Journalisten riecht nach Verzweiflung", lautete seine hämische Antwort. "Unsere Zeitungen repräsentieren das Beste der britischen Werte: Freiheit, Demokratie und unabhängiges Denken", schrieb er über einem Bild, welches ihn mit der Times beim Lesen abbildet.
Der Sondergesandte des designierten US-Präsidenten Donald Trump für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, erhob derweil kritische Stimmen gegen das Attentat auf den russischen General: "Es gibt Regeln für die Kriegsführung, und es gibt bestimmte Dinge, die man einfach nicht tun sollte", teilte Kolleg im US-Fernsehen mit. Ein General auf dem Schlachtfeld sei ein legitimes Ziel. Jedoch stelle ein gezielter Angriff auf "Nichtkombattanten" - also Personen außerhalb aktiver Gefechte - eine Überschreitung dieser Regeln dar. "Wenn man (...) Generäle in ihrer Heimatstadt tötet, dann hat man das irgendwie ausgedehnt", erklärte Kellogg weiter und bezeichnete den Angriff als "nicht wirklich klug": "Aber das ist Krieg. Und Krieg ist hässlich".
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters
- thetimes.com: "The Times view on assassination of a general: Ukraine’s Fight"
- themoscowtimes.com: "Suspect in Russian General’s Bombing Death Charged With Terrorism – State Media"
- ft.com: "The vast spy agency behind Russian general’s death"