Unruhe im Untergrund
Pozzuoli bei Neapel: Supervulkan hebt Küstenort um vier Meter an
- Aktualisiert: 03.04.2024
- 16:01 Uhr
- Stefan Kendzia
Unter der Erde brodelt es - und das ganz nahe der Millionenmetropole Neapel. Der Küstenort Pozzuoli ist etwa vier Meter angehoben worden, Seismologen registrieren Tausende von Mini-Erdbeben und Forschende warnen, dass der schlummernde Supervulkan ausbrechen könnte. Mit verheerenden Folgen für den Ort und sogar die ganze Welt.
Das Wichtigste in Kürze
Der Küstenort Pozzuoli nahe Neapel liegt auf einem Supervulkan und ist etwa vier Meter angehoben worden.
Seismologen registrierten tausende von Mini-Erdbeben und Forschende warnen, dass der schlummernde Supervulkan ausbrechen könnte.
Eine Eruption hätte verheerende Folgen für die Region und sogar für das Klima auf der Erde.
In der Regel kennt man Vulkane als kegelförmige Berge - an der Küste bei Neapel gibt es einen solchen mit dem Namen Vesuv. Aktuell beunruhigt aber ein anderer, eher flacher und riesiger Supervulkan mit etwa zwölf bis 14 Kilometern Durchmesser - die Campi Flegrei oder zu Deutsch: Phlegräische Felder. Unter dieser Ebene braut sich in etwa drei Kilometern Tiefe was zusammen - der Supervulkan könnte bei Ausbruch eine mindestens 1.000 Kubikkilometer große Eruptionsmasse ausstoßen, wie der "Tagesspiegel" berichtet.
Ein Ausbruch hätte katastrophale Folgen
Wunderschön gelegen - aber auf gefährlichem Untergrund: Der Küstenort Pozzuoli, etwa 15 Kilometer von der Metropole Neapel entfernt, machte unerfreuliche Schlagzeilen. Denn das Städtchen liegt auf den Phlegräischen Feldern, einem riesigen Supervulkan, der sich seit seinem letzten Ausbruch im Jahre 1538 mehr und mehr zu Wort meldet. Allein in den letzten sieben Jahrzehnten wurde Pozzuoli um rund vier Meter in die Höhe gehoben. Sollte es zu einem Ausbruch kommen, hätte das katastrophale Folgen für die ganze Region. Der Ausstoß von Schwefeldioxid und Asche könnte sogar das gesamte Weltklima beeinflussen.
Etwa alle zehn Jahre sind in der Region vulkanische Unruhen zu verzeichnen. Die Caldera des Vulkans scheint sich abwechselnd zu senken und zu erheben - wie die Bauchdecke beim Atmen. Ein Forschungsteam des University College London (UCL) hat zusammen mit dem italienischen Nationalen Forschungsinstitut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) dem Supervulkan nun mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Herausgekommen ist, dass eine erhöhte Aktivität zu verzeichnen ist in Form von unzähligen Mini-Erdbeben - etwa 600 pro Monat - und austretendem Dampf und Gasen aus vulkanischen Dampfaustrittsstellen (Fumarolen). Weitere, wichtige Erkenntnis: Die Erdkruste über dem Magma, sonst sehr flexibel und elastisch, soll fast bis zum Bruch gedehnt sein. Es könnte zum Bruch kommen oder sogar aufreißen, wie die Forschenden der "Nature's Communications Earth & Environment" berichten.
Brüche und Risse lassen Magma leichter an die Oberfläche gelangen
Es muss nicht zwangsweise zu einem Ausbruch kommen. Dennoch erklärt Christopher Kilburn, Department Earth Sciences am University College London (UCL): "Unsere neue Studie bestätigt, dass sich Campi Flegrei dem Bruch nähert". Es wäre sogar möglich, dass sich der Vulkan an die Auf- und Abbewegungen gewöhne. Trotzdem muss festgehalten werden, dass die maximale Dehnungsfähigkeit der Campi Flegrei nur noch ein Drittel des Wertes von 1984 betragen. Die Elastizität nimmt drastisch ab. Brüche und Risse würden es dem aufsteigenden Magma dann erleichtern, an die Oberfläche zu gelangen.
Wir haben jetzt einen Zustand erreicht, der über den Level der letzten Jahrzehnte hinaus geht.
Torsten Dahm, Geophysiker vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam
Der "Tagesspiegel" zitiert den Geophysiker Torsten Dahm vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam (GFZ): "[...] wir haben jetzt einen Zustand erreicht, der über den Level der letzten Jahrzehnte hinaus geht“. Ob eine Eruption wie 1538 bevorstehe, kann allerdings derzeit nicht gesagt werden. "Es ist möglich, dass es zu einer solchen Eruption kommt, aber man kann nicht sagen, dass die jetzige Phase ein sicheres Zeichen dafür ist", so Dahm.
Der Vulkan ist in eine unruhige Phase eingetreten
Italienische Medien sind derzeit sehr in Aufruhr und interpretieren die seismischen Aktivitäten als das Erwachen des Supervulkans. Dahm ist nicht dieser Ansicht. "Nein, er muss nicht erwachen, denn er ist seit vielen Jahrhunderten sehr aktiv, aber jetzt in eine besonders unruhige Phase eingetreten". Besorgniserregend ist allerdings das Ergebnis von Forschenden der ETH Zürich. Sie hatten herausgefunden, dass sich die chemische Zusammensetzung von Magma im Laufe der Zeit verändert. Aktuell soll die Verbindung sogar ähnlich zu denjenigen sein, die auch vor den letzten großen Ausbrüchen vorhanden gewesen sein soll - ein Hinweis darauf, dass ein möglicher nächster Ausbruch ebenfalls sehr groß sein könnte. Das Wann ist aber nach wie vor unklar.
- Verwendete Quellen:
- Tagesspiegel: "Küstenort in Italien um vier Meter angehoben: Europas Supervulkan wird laut Experten Hochrisikogebiet"
- Communications earth & environment: "Potential for rupture before eruption at Campi Flegrei caldera, Southern Italy"