Reisen im Weltall
Künstlicher Winterschlaf: Fliegen Astronauten bald schlafend zum Mars?
- Veröffentlicht: 07.02.2024
- 05:00 Uhr
- Peter Michael Schneider
Damit Astronaut:innen die jahrelang Reise Mars gut überstehen, will man sie in eine Art Winterschlaf fallen lassen. Wie das funktioniert und wie weit man bei diesem Vorhaben schon ist, liest du hier.
Das Wichtigste in Kürze
Menschen müssen auch im Weltraum mit Nahrung versorgt werden. Auf langen Missionen wie etwa einer Mars-Expedition wäre das ein großes Problem.
Möglicher Ausweg: Auf dem Weg zum Mars lassen sich Astronaut:innen in eine Art Winterschlaf versetzen.
Vorteil: Astronaut:innen im Tiefschlaf bräuchten nur einen Bruchteil des Proviants im Vergleich zu ihren wachen Kolleg:innen.
Das Problem: Bewegungslose Astronaut:innen müssen aufpassen, nicht bis aufs Skelett abmagern.
NASA und ESA untersuchen an Bären, wie es Tieren überhaupt gelingt, ihren Körper während des Winterschlafs monatelang runterzufahren. Unter den Winterschläfern sind die Tiere dem Menschen am ähnlichsten.
So viel Proviant brauchen Astronaut:innen
Für eine zweijährige Reise zum Mars und zurück rechnen ESA-Expert:innen mit 30 Kilogramm Proviant pro Tag und wachem:r Astronaut:in. Entsprechend groß und aufwendig müssten Ingenieur:innen ein Mars-Raumschiff bauen.
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Winterschlaf: So könnten Astronaut:innen reisen
- ESA-Forschern und -Forscherinnen ist es bereits gelungen, Ratten in eine Art Winterschlaf zu versetzen. Sie verabreichten den Nagern dafür einen Pillen-Cocktail und bestrahlten bestimmte Hirnbereiche mit Ultraschall.
- Nach Ansicht von Jürgen Bereiter-Hahn von der Universität Frankfurt wäre das grundsätzlich auch mit Menschen möglich. Der Biochemiker hat zu dem Thema eine Arbeitsgruppe der ESA geleitet. Allerdings seien solche Versuche am Menschen nicht erlaubt.
- Da Menschen im Winterschlaf von ihren Fettreserven leben, haben Menschen künftig Vorteile auf langen Missionen, wenn sie ein paar mit Pölsterchen mitbringen.
- Womöglich sind Frauen besonders geeignet, da sie in der Regel über mehr Unterhautfettgewebe verfügen als Männer.
- Um zu verhindern, dass die Astronaut:innen zu sehr abmagern, könnten sie statt eines durchgehenden Winterschlafs regelmäßig aufwachen, um Sport zu machen und etwas zu essen.
Space-Biwak statt Schlafkapsel
In Schlafkapseln wie im Film müssten sich die Astronaut:innen aber nicht legen. In der Schwerelosigkeit ließen sie sich ganz einfach mit ein paar Gurten lose an die Stationswand laschen, damit sie nicht unkontrolliert umherschweben.
So könnten sie sich ab und zu ein bisschen strecken, so wie es Bären während ihres Winterschlafs ebenfalls machen. Genau so schlafen die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS oder Raumschiffen auch jetzt schon.
Was ist Winterschlaf überhaupt?
🥶 Viele Tiere fallen in einen schlafähnlichen Zustand, wenn es lange Zeit kalt wird, oder sie nicht mehr ausreichend zu fressen finden. Das kann je nach Bedingungen Tage bis viele Monate anhalten.
⏬ Allerdings ist das kein echter Schlaf. In diesem Zustand fahren die Tiere die Funktionen ihres Körper so weit runter, dass sie nur noch wenige Prozent der Energie verbrauchen, die sie normalerweise am Leben erhält.
🧟 Da Tiere so nicht nur im Winter, sondern auch beispielsweise bei einer Dürre im Sommer so reagieren, sprechen Forschende von Topor, lateinisch für Erstarrung.
🦵 Der Clou: Obwohl die Tiere weitgehend bewegungslos da liegen, bauen sie ihre Muskel- und Knochenmasse kaum ab. Zum Vergleich: Brichst du dir als Mensch ein Bein, kannst du nach ein paar Wochen im Gips kaum noch laufen.
😵 Ein angenehmes Schlummer scheint der Topor nicht sein. Sie träumen nicht und nach dem Aufwachen müssen manche Tiere sich erst mal erholen - indem sie schlafen.
Gehin bleibt auch im Winter-Standby intakt
Künftige Astronaut:innen brauchen sich um ihre geistigen Fähigkeiten offenbar keine Sorgen machen - jedenfalls wenn sie sich Eichhörnchen zum Vorbild nehmen. Studien haben gezeigt, dass die Nager ihre im Sommer angelegten Nahrungsdepots auch dann sofort wiederfinden, wenn sie mitten im Winter kurz aufwachen, um sich zu stärken.
Vorbild für menschliche Winterschläfer: der Bär
Viele Bären wiegen ähnlich viel wie der Mensch. Zudem sinkt ihre Körpertemperatur im Winterschlaf auf nicht weniger als 32 Grad Celsius. Das ist das etwa Minimum, was Menschen aushalten, ohne zu sterben. Daher dienen Bären Forschern und Forscherinnen als Untersuchungsmodell.
Winterschläfer: Die Rekordhalter im Tierreich
- Der Gartenschläfer, ein etwa 300 Gramm schwerer Nager, kühlt während des Winterschlafs auf bis zu minus ein Grad Celsius ab.
- Amphibien wie der nordamerikanische Waldfrosch überleben sogar, wenn die Außentemperatur auf bis zu minus 20 Grad abstürzt. Ihr Trick: Ein Teil von ihnen friert ein, empfindliche Zellen produzieren ein körpereigenes Frostschut-Mmittel. Das Gehirn hört sogar komplett auf zu arbeiten.
- Die weniger als einen Millimeter großen Bärtierchen können in einen todesähnlichen Zustand fallen, in dem sich keinerlei Stoffwechsel mehr feststellen lässt. Dabei können sie sogar um die Hälfte schrumpfen und bauen sogar ihre Organe ab.
Altern Astronaut:innen im Winterschlaf?
Würde es den Weltraum-Mediziner eines Tages gelingen, einen künstlichen Winterschlaf zu erzeugen, müssten Astronauten keine Angst haben, ihr Leben zu verpassen. Offenbar legt der Topor den Körper von Tieren derart lahm, dass sie nicht einmal altern.
Ursache: Im Topor teilen sich die Körperzellen seltener. Daher passieren weniger Fehler passieren, wenn das Erbgut (DNA) kopiert wird. Willkommener Nebeneffekt: Astronaut:innen im Winterschlaf sind zudem unempfindlicher gegen die gefährliche Weltraumstrahlung .
Sich einfrieren lassen: Keine gute Idee
In Filmen ist es ein beliebtes Motiv: Menschen lassen sich einfrieren und tauen später in einer völlig fremden Zukunft wieder auf. Tatsächlich ist genau das die Idee einiger Leute, die der Idee der Kryonik anhängen. Denn ist jemand beispielsweise dem Tode geweiht, bestünde die Möglichkeit, dass eine fortgeschrittene Medizin ihn womöglich in 200 Jahren heilt.
Beim gegenwärtigen Stand der Technik würde das Einfrieren auch einem gesunden Körper den Rest geben. Sobald das Wasser im Körper gefriert, dehnen sich die Eiskristalle aus und sprengen die Körperzellen - jeder kennt das von versehentlich eingefrorenen Tomaten. Ein ungiftiges Rezept, dem Blut vorher ein Frostschutz-Mittel zu verabreichen, gibt es aber bisher nicht.