Drohende Sperre
US-Kongress nimmt Tiktok-Chef auseinander
- Aktualisiert: 24.03.2023
- 08:59 Uhr
- Nelly Grassinger
Die chinesische App Tiktok könnte in den USA bald verboten werden. Hintergrund ist die Sorge um Datenschutz und mögliche Propaganda aus China.
Das Wichtigste in Kürze
Die USA drohen Tiktok mit einem landesweiten Verbot.
Konzern-Chef Shou Zi Chew versuchte den US-Kongress mit einer Änderung bei der Datenspeicherung zu überzeugen.
Nach der Anhörung äußerte sich Tiktok enttäuscht über den Verlauf.
Tiktok-Chef Shou Zi Chew hoffte darauf, bei einer Befragung im US-Kongress am Donnerstag (23. März) in Washington etwas Druck von der Kurzvideo-App aus China zu nehmen. Doch in dem Kreuzverhör stieß er vor allem auf tiefsitzendes Misstrauen. Die USA wollen ein Tiktok mit einflussreichen chinesischen Anteilseignern nicht akzeptieren.
Der Tiktok-Chef hatte versucht, die Abgeordneten von "Projekt Texas" zu überzeugen. Nutzerdaten sollen dabei auf US-Servern gespeichert und der Zugang dazu eingeschränkt und kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass jede Aktualisierung der App vom US-Softwarekonzern Oracle geprüft wird, bevor sie an die Nutzer geht. Für den ranghöchsten Demokraten im Handelsausschuss, Frank Pallone, nicht genug. Er warf Shou Zi Chew vor, "dass die kommunistische Regierung in Peking alles was sie tun, kontrollieren und beeinflussen wird"
USA fordern Ausstieg chinesischer Anteilseigner
Tiktok betonte, man sei keine Tochter eines chinesischen Konzerns, da der Mutterkonzern Bytedance zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei und der offizielle Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik liege. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine große Zentrale in Peking habe. Laut US-Medienberichten fordert die amerikanische Regierung einen Ausstieg chinesischer Anteilseigner.
Die Frage, wieso die chinesische Regierung ankündigte, einen Zwangsverkauf von Tiktok verhindern zu wollen, wenn Bytedance kein chinesisches Unternehmen sei, beantwortete Shou Zi Chew nicht.
US-Kongress ungewohnt einig
In der rund fünfstündigen Anhörung zeigten sich Demokraten und Republikaner ungewohnt einig. "Tiktok muss ein amerikanisches Unternehmen mit amerikanischen Werten werden und die Verbindungen zur chinesischen Kommunistischen Partei kappen", sagte etwa der Demokrat Darren Soto. Die Republikanerin Marianette Miller-Meeks betonte, die Technologie anderer Social-Media-Plattformen werde "in den USA, nach US-Richtlinien, unter US-Gesetzen zum Datenschutz entwickelt". Shou Zi Chew verwies seinerseits auf Probleme von US-Plattformen beim Datenschutz wie den Facebook-Skandal um Cambridge Analytica.
Tiktok kritisiert Verlauf der US-Anhörung
Tiktok zeigte sich enttäuscht über den Verlauf der Anhörung, bei der Shou Zi Chew oft von Abgeordneten unterbrochen wurde. Der Tag sei von "politischer Effekthascherei dominiert" worden, so eine Sprecherin. Auch sei die Existenz von 5 Millionen Unternehmen auf TikTok oder auch die "Tragweite eines Verbots einer von 150 Millionen US-Bürger:innen genutzten Plattform in Bezug auf den ersten Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten nicht erwähnt worden."
Sorge um Tiktok-Algorithmus
In der App kann man von einem kurzen Video zum nächsten scrollen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist der Software-Algorithmus, der Clips für jeden Nutzer individuell auswählt und ständig an ihre Vorlieben anpasst. Dabei wird unter anderem berücksichtigt, ob man ein Video bis zum Schluss angeschaut oder sofort weitergeblättert hat. Am Ende hat die Software eine gute Vorstellung von den Interessen der Nutzer. Eine der Sorgen im Westen ist, dass dieser Datenschatz missbraucht werden könnte.
Bei der Anhörung fragte etwa der Republikaner John Curtis, ob mit den Daten ein Algorithmus entwickelt werden könne, "der mich überzeugen könnte, die Meinung zu einem politischen Thema zu ändern". Shou Zi Chew fing mit einer ausweichenden Antwort darauf an, wurde aber unterbrochen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa