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Medikamentenkrise

Trump will Pharma-Zölle: Experten warnen vor Arzneimittelengpässen

  • Veröffentlicht: 11.04.2025
  • 21:32 Uhr
  • Oliwia Kowalak
US-Präsident Donald Trump will Zölle auf Arzneimittel verhängen.
US-Präsident Donald Trump will Zölle auf Arzneimittel verhängen.-/POOL/AP/dpa

Nun kommen sie doch: US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, Strafzölle auf Arzneimittel zu verhängen. Experten zeigen sich besorgt. Der Medikamentenmangel in Deutschland könnte sich verschärfen.

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Das Wichtigste in Kürze

  • US-Präsident Donald Trump wollte die Pharmaindustrie eigentlich weitestgehend von den Strafzöllen verschonen.

  • Am Dienstag kündigte der Republikaner jedoch an, nun doch einen "hohen Zoll" auf Arzneimittel verhängen zu wollen.

  • Experten sind beunruhigt und warnen vor einer Verschärfung der Medikamentenknappheit.

Der historische Handelskrieg der USA unter Präsident Donald Trump ist offenbar dabei zu eskalieren. Am Dienstag (08.04.) kündigte der Republikaner an, auch Zölle auf pharmazeutische Einfuhren erheben zu wollen. "Wir werden in Kürze einen hohen Zoll auf Arzneimittel ankündigen", sagte der US-Präsident. Experten warnen: Nicht nur Deutschland, sondern auch die USA könnten in eine ernsthafte Arzneimittelkrise rutschen.

"Die Produktion hochinnovativer Medikamente zum Beispiel zur Krebstherapie ist eng mit den USA verzahnt. Einfuhrzölle würden die Produktion schwer treffen“, erklärte Claus Michelsen, Chefvolkswirt des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) gegenüber der "Bild".

Der Zeitpunkt und die Höhe der Pharmazölle wurden nicht genannt. Zuvor hieß es seitens Washington, dass Zölle auf Pharmaprodukte vorerst ausbleiben – doch nun die gefürchtete Kehrtwende. "Kämen Zölle, würde das die Herstellung verteuern und könnte in der Folge auch zu Engpässen in Deutschland führen", warnte Michelsen.

Im Video: Handelskrieg: Trump erhöht Zölle gegen China

Die deutsche Pharmaindustrie ist ohnehin schon am stärksten von den Strafzöllen des Republikaners betroffen, wie eine DZ-Studie nahelegt. In die USA werden hauptsächlich Arzneimittel aus der EU importiert: rund drei Viertel der Pharma-Einfuhren stammen aus Europa. Allein aus Deutschland wurden 2024 pharmazeutischen Exporte im Wert von 27,9 Milliarden Euro in die USA geschickt, was 24 Prozent der gesamten deutschen Exporte abbildet, wie der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa) schreibt.

Trump beklagt Antibiotika-Mangel: US-Pharmaunternehmen unter Druck

Vergangene Woche noch beschwerte sich der US-Präsident in einer Rede darüber, dass "die Vereinigten Staaten nicht mehr genug Antibiotika produzieren können, um unsere Kranken zu behandeln". Antibiotika zählen zu patentfreien Medikamenten und werden hauptsächlich in Asien hergestellt. Zudem sei es ein Problem für die USA, dass die Markenarzneimittel vor allem in Europa produziert werden, sagte Trump laut US-Medienberichten.

Nach Ansicht des US-Präsidenten sei es unfair, dass US-Bürger höhere Preise für Markenmedikamente zahlen als andere reiche Länder, insbesondere in Europa. "Diese anderen Länder sind schlau", ergänzte Trump bei seiner Zoll-Ankündigung. "Sie sagen, dass man nicht mehr als 88 Dollar verlangen darf, sonst kann man sein Produkt nicht verkaufen, und die Pharmaunternehmen hören auf sie".

Irland würde die angekündigten Zölle am stärksten treffen, da US-Unternehmen wie Pfizer, Johnson & Johnson, Eli Lilly, Bristol-Myers Squibb und AbbVie ihre Produktion dorthin verlagert haben. Trump kritisierte, dass US-Pharmaunternehmen ihr geistiges Eigentum wegen des niedrigen Körperschaftssteuersatzes in Irland registrieren lassen.

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Ziel des Präsidenten ist die Verlagerung der Arzneimittelproduktion in die USA. US-Arzneimittelhersteller hätten Berichten zufolge darauf gedrängt, die Zölle zunächst schrittweise einzuführen, um die Auswirkungen der Abgaben zu verringern und Zeit für die Umstellung der Produktion zu gewinnen. Der Branchenverband PhRMA schätzt jedoch, dass es fünf bis zehn Jahre dauern kann, bis Produktionsanlagen bereit wären. US-Unternehmen haben sogar damit begonnen, die Lagerbestände mit Medikamenten aus Europa zu füllen.

Trump-Zölle: Medikamentenknappheit in Deutschland kann sich verschärfen

Das Trump-Zollpaket schloss zunächst Medikamente aus. Betroffen von den Strafzöllen waren lediglich Vorprodukte – mitunter Blut, Toxine, Vaccine, Watte, Schläuche, Binden, Verbandzeug – der Arzneiproduktion. Durch die auferlegten Zölle auf Vorprodukte werden die Preise für Arzneimittel, Gesundheits- oder Medizintechnikprodukte in Deutschland nochmals anziehen. Vfa-Ökonom Michelsen warnte vor Wochen vor Verteuerungen, Engpässen sowie Auswirkungen auf Beschäftigte in der Pharmaproduktion.

Seit Jahren bereits befindet sich Deutschland in einer anhaltenden Medikamentenkrise, insbesondere wegen instabiler Lieferketten. Es fehle kontinuierlich an rund 500 Arzneimitteln, bemängelt die Arzneimittelbranche. 80 bis 90 Prozent der Medikamente in Europa stammen nach Angaben von EU-Gesundheitsministern aus Asien. Die Branche befürchtet wegen erhöhter Kosten, dass es zu Produktionsverlagerungen kommen werde.

Die Trump-Strafzölle könnten für Deutschland darüber hinaus bedeuten, dass Generika aus China und Indien den Markt fluten, was zu einer stärkeren Abhängigkeit von der Volksrepublik führen würde. "US-Zölle könnten mittelfristig dazu führen, dass China seine Arzneimittel noch aggressiver in den deutschen Markt drückt. Das steigert unsere Abhängigkeit und – genau das kann für unsere Versorgung gefährlich werden. Denn: China hat unsere Abhängigkeit strategisch herbeigeführt und könnte sie politisch ausnutzen", so Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika.

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US-Präsident Trump
News

Handelsstreit

Nach Zoll-Hammer: Trump ist offen für Verhandlungen

US-Präsident Donald Trump sieht sein neues Zollpaket als Druckmittel für Verhandlungen - und signalisiert Offenheit für Deals, solange sie den USA Vorteile bringen.

  • 04.04.2025
  • 05:41 Uhr

Bereits im März bemühte sich die EU-Kommission mit dem Gesetzesentwurf "Critical Medicines Act" darum, die Produktion wieder nach Europa zu holen, indem schnellere Genehmigungsverfahren und mehr öffentliche Gelder zur Verfügung gestellt werden sollen. Auch medizinisches Personal wolle man mittels des "Critical Medicines Act" entlasten: "Da gibt es Leute, die haben fünfzig Prozent ihrer Arbeitszeit nur noch damit zu tun, zu gucken: Wo kriege ich irgendwas her, wo kriege ich ein Medikament, das vielleicht einsetzbar ist als Alternative?", sagte EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU) zum Vorstoß der EU-Kommission.

Trump-Strafzölle: Experten warnen vor US-Arzneimittelkrise in den USA

Die US-Pharmaindustrie wird allerdings nicht von den heimischen Strafzöllen verschont bleiben. Mit Engpässen rechnen Experten vor allem bei billigen Generika (patentfreie Medikamente), wie z. B. Antibiotika, Diabetesmedikamente, Statine zur Senkung des Cholesterinspiegels oder Schmerzmittel. Diese machen etwa 90 Prozent aller verschriebenen Medikamente in den USA aus. Doch auch Infusionsbeutel mit Kochsalzlösung, injizierbare Dextrose oder Krebsmedikamente für die Chemotherapie seien gefährdet.

Eine Erhöhung der Kosten für die Inhaltsstoffe "kann dazu führen, dass es nicht mehr rentabel ist, das Medikament in den Vereinigten Staaten zu verkaufen“, so Tom Kraus, Vizepräsident für Regierungsbeziehungen der American Society of Health-System Pharmacists gegenüber "CNN". Aufgrund zusätzlicher Kosten und geringeren Gewinnspannen erwarten Branchenexperten, dass Unternehmen die Produktion einstellen.

„Ich befürchte, dass es zu Produktionsausfällen und einer weniger belastbaren Lieferkette kommen wird, wenn Unternehmen die Herstellung wichtiger Produkte einstellen", sagte Erin Fox, Expertin für Arzneimittelknappheit an der University of Utah Health. Für US-Verbraucher heißt dies: Medikamente könnten künftig in Apotheken schwer aufzufinden sein. Außerdem müsse mit erheblichen Preissteigerungen gerechten werden.

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  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Nachrichtenagentur Reuters
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