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Erneut Böllerverbot gefordert

Silvester-Ausschreitungen: Polizeigewerkschaft wirft Politik Versagen vor

  • Veröffentlicht: 28.12.2023
  • 13:11 Uhr
  • Michael Reimers
In der Reutlinger Altstadt sind Böller und Raketen an Silvester tabu.
In der Reutlinger Altstadt sind Böller und Raketen an Silvester tabu. © Marijan Murat/dpa

Der Böllerverkauf 2023 ist gestartet, aus Sicht der Polizei stellt dieser Fakt ein Versäumnis der Politik dar. Sie hätte nach den Gewaltexzessen im vergangenen Jahr längst reagieren und Böller verbieten müssen, so die Polizeigewerkschaft.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Polizeigewerkschaft GdP hat angesichts erwarteter Krawalle zu Silvester die Politik kritisiert.

  • Nach den Gewaltexzessen im vergangenen Jahr hätte die Polizei längst mehr rechtliche Handhabe gegen Randalierende erhalten müssen, so GdP-Chef Kopelke.

  • Die Polizeigewerkschaft forderte erneut ein ganzjähriges Verkaufsverbot für Böller.

Die Polizei rechnet zum bevorstehenden Jahreswechsel erneut mit Ausschreitungen an Silvester. Die Polizei werde an Brennpunkten mit einem "massiven Personaleinsatz" vor Ort sein, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Jochen Kopelke der "Rheinischen Post" vom Donnerstag (28. Dezember) und kritisiert ein Versagen der Politik. "Spätestens seit den Gewaltexzessen im vergangenen Jahr in Berlin, aber auch in zahlreichen Orten im Ruhrgebiet und selbst im eigentlich friedlichen Bonn weiß jeder, dass in unserer Gesellschaft etwas auseinandergelaufen ist. Darauf müssen wir endlich reagieren."

"Wer versagt hat, ist die Politik", sagte Kopelke. "Warum gibt die Politik der Polizei nicht endlich die rechtlichen Möglichkeiten, um konsequent gegen die Beteiligten der Gewaltexzesse einschreiten zu können? Und warum haben wir an Silvester nicht längst ein Verkaufsverbot für Böller? So wie das auch sonst im ganzen Jahr gilt", so der GdP-Vorsitzende weiter.

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Polizei befürchtet Silvesterkrawalle wie 2022

Schon seit einigen Jahren werden Feuerwerkskörper und Raketen gezielt auf Polizist:innen und Feuerwehrleute geworfen oder geschossen. Für bundesweite Empörung sorgten im vergangenen Jahr jedoch Vorfälle, als in Berlin Rettungskräfte nach Worten von Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik gezielt in mutmaßliche Hinterhalte gelockt wurden. Um den Jahreswechsel 2022/23 hatten in mehreren Berliner Stadtteilen junge Männer mit Böllern und Raketen randaliert. Dabei warfen und schossen sie auch Knallkörper auf Polizist:innen und Feuerwehrleute. In anderen deutschen Großstädten spielten sich ähnliche Szenen ab.

Einsatzkräfte warnen für dieses Jahr vor erneuten Angriffen mit Böllern. In der Hauptstadt bereitet sich die Polizei zu ihrem größten Polizeieinsatz an Silvester seit Jahrzehnten vor. Auch in anderen Städten wurden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser befürchtet zu Silvester 2023 erneut gewalttätige Ausschreitungen. "Ich habe die Sorge, dass Silvester wieder ein Tag sein könnte, an dem wir in manchen Städten blinde Wut und sinnlose Gewalt zum Beispiel gegen Polizisten oder Rettungskräfte erleben müssen", sagte die SPD-Politikerin kurz vor Weihnachten. Zugleich äußerte sie die Sorge, dass sich die Krawalle mit den Ausschreitungen radikalisierter Palästinenser:innen mischen könnten.

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Pyro-Branche hofft auf Rekordabsatz

Am Donnerstagmorgen startete der Handel mit dem Verkauf von Raketen und Böllern für die Silvesternacht. Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) rechnet in diesem Jahr mit einer ähnlich hohen Nachfrage nach Feuerwerkskörpern wie zum vergangenen Jahreswechsel. Für 2022 hatte die Branche einen Rekordumsatz von 180 Millionen Euro gemeldet. Da Silvester dieses Jahr auf einen Sonntag fällt, begann der Verkauf für Silvesterböller einen Tag eher als üblich.

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge beabsichtigt jedoch nur eine Minderheit der Menschen in Deutschland, in diesem Jahr selbst ein Feuerwerk für Silvester zu organisieren: 18 Prozent haben dies vor. Hingegen erklärten 77 Prozent, keine Feuerwerkskörper für Silvester erwerben zu wollen. Am größten ist das Interesse an Pyrotechnik bei den 18- bis 24-Jährigen: In dieser jüngsten Befragtengruppe möchten dieses Jahr 33 Prozent Feuerwerkskörper für Silvester kaufen.

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Böllerverbot: Pro und Kontra

Viele Städte in Deutschland haben auch zum Jahreswechsel 2023/24 wieder Böllerverbotszonen eingerichtet. Unabhängig von Silvester darf das ganze Jahr über keine Pyrotechnik in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern gezündet werden. Ein generelles Böllerverbot befürworten wegen der Verletzungsgefahr nicht nur die Gewerkschaft der Polizei, sondern auch Mediziner:innen, Umwelt- und Tierschützer:innen sowie weitere Organisationen. Hingegen ist der Deutsche Städte- und Gemeindebund gegen ein generelles Böllerverbot zu Silvester. "Wir sollten nicht immer nur mit Verboten arbeiten, sondern mit Überzeugung", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung: "Sicherheitshinweise für Silvesterfeuerwerk"
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