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Debatte nach Haushaltsurteil

Schuldenbremse aussetzen? SPD ist dafür - Habeck sieht nicht einmal Mehrheit für Reform

  • Veröffentlicht: 21.11.2023
  • 14:50 Uhr
  • Lena Glöckner
Die Ampelkoalition steht nach dem Haushaltsurteil vor enormen Geldsorgen.
Die Ampelkoalition steht nach dem Haushaltsurteil vor enormen Geldsorgen.© Christoph Soeder/dpa

Die Bundesregierung hat nach dem Haushaltsurteil aus Karlsruhe Geldsorgen. Teile der Ampel-Koalition sehen ein Aussetzen der Schuldenbremse als Ausweg, andere sprechen von einer ganzheitlichen Reform des Konzepts. Eine Mehrheit wird es wohl für beides nicht geben.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bundesregierung hat wegen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts enorme Geldsorgen.

  • Die Kanzlerpartei SPD bringt ein Aussetzen der Schuldenbremse ins Spiel, Teile der Grünen sprechen von Reformen.

  • Die dafür nötige zwei Drittel Mehrheit im Parlament wird es wegen Union und FDP für beides nicht geben.

Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts ringt die Ampel-Koalition weiter um ihren Umgang damit. Die SPD bekräftigt ihre Forderungen nach einem Aussetzen der Schuldenbremse, um das 60-Milliarden-Euro-Finanzloch zu stopfen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist zwar ebenfalls kein Verfechter der Schuldenbremse, sieht für Änderungen aber keine Mehrheiten.

An diesem Dienstag (21. November) helfen Expert:innen Bundestag und Bundesregierung dabei, die Folgen des Karlsruher Haushaltsurteils richtig zu interpretieren. Der Haushaltsausschuss hört dazu Sachverständige an, die von den unterschiedlichen Fraktionen benannt wurden. Vor allem soll es darum gehen, ob trotz des Urteils der Haushalt für 2024 beschlossen werden kann.

SPD würde Schuldenbremse sofort aussetzen

Um die Auswirkungen des Haushaltsurteils abzumildern, hält SPD-Chef Lars Klingbeil ein Aussetzen der Schuldenbremse für notwendig. Die Schuldenbremse sei eine Investitionsbremse, eine Wachstumsbremse, sagte er gegenüber :newstime. Was jetzt nicht passieren dürfe, sei, die Modernisierung des Landes abzubrechen.

Das ganze Gespräch mit dem Co-Vorsitzenden der SPD sehen Sie im Video.

SPD-Chef Klingbeil zur Schuldenbremse: "Kostet am Ende Arbeitsplätze"

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hält es mit dem Aussetzen der Schuldenbremse genauso - mindestens für das Jahr 2024. "Wir werden aus meiner Sicht nicht darum herumkommen, für 2024 die Ausnahmeregel zu ziehen - womöglich auch länger", sagte Mützenich dem Magazin "Stern". "Die Aufgaben, die vor uns stehen, sind ja nicht nächstes Jahr erledigt. Vor uns liegen gewaltige Herausforderungen, bei der Klimawende, der neuen Industriepolitik, aber auch außenpolitisch." Zuvor hatte bereits SPD-Chefin Saskia Esken dafür plädiert, die Schuldenbremse 2023 und 2024 nicht anzuwenden.

Auch Generalsekretär Kevin Kühnert plädierte indes für ein Aussetzen der Schuldenbremse. Mit Blick auf das Erklären einer sogenannten Haushaltsnotlage sagte er in der ARD: "Wenn die SPD alleine regieren würde, dann wäre das sicherlich etwas, was wir tun würden, und auch nicht aus Trickserei, sondern weil die Notlage objektiv gegeben ist." Es gebe aber auch andere Optionen, das müsse man in der Koalition besprechen. Dabei bringe es nichts, wenn alle Parteien sich gegenseitig ihre Wahlprogramme vorlesen würden.

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Keine Mehrheit für Reform der Schuldenbremse

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält eine Debatte über die Zukunft der Schuldenbremse ebenso für nötig. "Die Debatte zu führen, wie man die Schuldenbremse investitionsfreundlicher gestaltet, ist aller Ehren wert - und die wird auch geführt", sagte der Grünen-Politiker. "Ich bin ein großer Anhänger der Schuldenbremse und wir stellen sie auch nicht in Frage", sagte Kretschmann. Man müsse sich aber die Frage stellen, wie eine Schuldenbremse aussehen könne, die Investitionen in die Infrastruktur ermögliche.

Zwar hält Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Schuldenbremse in der aktuellen Form auch für nicht mehr zeitgemäß, sieht aber keine Mehrheiten für eine Reform. "Ich persönlich mache keinen Hehl daraus, dass ich die Art, wie die deutsche Schuldenbremse konstruiert ist, für zu wenig intelligent halte", sagte Habeck in den ARD-"Tagesthemen". Sie sei "sehr statisch" und unterscheide nicht zwischen Geldern, die im Laufe des Jahres ausgegeben werden, und Investitionen in die Zukunft, die sich erst nach Jahren rechnen. Das scheine ihm wenig klug, sagte der Grünen-Politiker.

Die Schuldenbremse "wurde auch gebaut in einer anderen Zeit, als wir immer billiges Gas aus Russland hatten, als China immer unsere Werkbank war oder unser Abnahmemarkt, als die Amerikaner immer verlässliche, treue Freunde waren und uns die militärische Last abgenommen haben, weil es keinen Krieg in Europa gab", sagte Habeck. Diese Voraussetzungen hätten sich verändert.

Die Debatte um die Schuldenbremse helfe in diesem Jahr trotzdem nicht weiter. "Es gibt einen Koalitionsvertrag, der Koalitionspartner und auch die Opposition hat klargemacht, dass sie meine Meinung und die von vielen anderen, von vielen Ökonomen nicht teilen. Insofern ist das eine für die Zukunft wahrscheinlich entscheidende, vielleicht eine ganz entscheidende Debatte. Für die Gegenwart werden wir das Geld anders finden müssen", sagte der Wirtschaftsminister.

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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