Demos in Köln, Berlin und Paris
Russen und Ukrainer wollen Recht auf Kriegsdienstverweigerung
- Veröffentlicht: 20.12.2024
- 14:58 Uhr
- Michael Reimers
Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine sollen in Deutschland und anderen europäischen Ländern besser geschützt werden. Das wird am Samstag bei mehreren Demonstrationen gefordert.
Das Wichtigste in Kürze
Am Samstag (21. Dezember) sollen in Köln, Berlin und Paris Demonstrationen für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung stattfinden.
Die Forderung lautet, Wehrpflichtige aus Russland, Belarus und der Ukraine in Deutschland und anderen europäischen Ländern besser vor der Rekrutierung zu schützen.
Organisiert werden die Proteste von "Post-Soviet Left" in Zusammenarbeit mit der deutschen Friedensbewegung.
Bereits am vergangenen Wochenende hatten am Sitz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in Nürnberg rund 200 Menschen demonstriert, um Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland, Belarus und der Ukraine in Deutschland und anderen europäischen Ländern besser zu geschützt. Wie die "Frankfurter Rundschau" (20. Dezember) meldet, sind für Samstag (21. Dezember) erneut Proteste angekündigt, dieses Mal in Köln, Paris und Berlin.
Nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber der Ukraine fordern demnach die Demonstrant:innen ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Dem Bericht zufolge werden keine großen Demonstrationen erwartet. Es solle vielmehr ein Zeichen gesetzt werden, dass sich eine Friedensbewegung von Menschen aus den Kriegsländern Gehör verschafft.
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Nach Aussagen des Ukrainers Andrii Konovalov, der sich als Pazifist bezeichnet, protestiert die Gruppe gegen die immer härtere Rekrutierungspraxis in der Ukraine und setzt sich dafür ein, dass Russen Asyl erhalten müssen, wenn sie sich dem Wehrdienst entziehen. Organisiert werden die Proteste den Informationen nach von einer Graswurzel-Bewegung, die sich "Post-Soviet Left" nennt, in Zusammenarbeit mit der deutschen Friedensbewegung.
"Wir sind eine linke Antikriegsbewegung", zitiert die "Frankfurter Rundschau" den 25-jährigen Konovalov, der schon vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine nach Deutschland gekommen war und in Köln studiert.
Kritik an Entscheidungen der deutschen Behörden
Bei der ersten Demo am vergangenen Wochenende in Nürnberg hatte der Jurist Artjom Klyga, der bereits in Russland Kriegsdienstverweigerer unterstützt hatte, eine Rede gehalten, heißt es weiter. Jetzt lebe er in Deutschland und helfe Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern. Das Bundesamt trifft Klyga zufolge "Entscheidungen, die schockierend realitätsfern sind". "In Russland gelte weiterhin Putins Mobilmachungsdekret", so Klyga.
"Menschen werden buchstäblich eingefangen und in den Krieg geschickt." Lese man jedoch "die Entscheidungen des Bamf, entsteht der Eindruck, als ob in Russland im Jahr 2024 alles besser geworden sei".
Vorwurf: Zwangsrekrutierung in der Ukraine
Rudi Friedrich von der Kriegsdienstverweigerer-Organisation Connection beklagt dem Zeitungsbericht zufolge ebenfalls die Praxis der deutschen Behörde. "Für uns ist klar: Militärdienstentzieher wären bei einer zwangsweisen Rückkehr nach Russland einer Rekrutierung für den Krieg unterworfen", sagte er. Das gelte nicht nur für Deserteure, sondern gerade für "diejenigen, die so klug waren, sich bereits vor einer Rekrutierung zum Militär und damit einem möglichen Einsatz im Krieg zu verweigern". Ihre Anträge würden aber vom Bamf abgelehnt. "Als Begründung wird von den Behörden angeführt: Es sei nicht beachtlich wahrscheinlich, dass sie für den Krieg einberufen werden." Das jedoch ist nach Ansicht von Friedrich falsch. Richtig sei vielmehr, dass die Betroffenen nach einer zwangsweisen Rückkehr nach Russland als Soldaten für die Front rekrutiert würden.
Deutschland und die EU müssten das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung auch von der Ukraine verlangen. Dort gebe es "Zwangsrekrutierungen auf den Straßen, einige Verweigerer wurden bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt". Das müsse gestoppt werden, denn Verweigerung sei "ein Widerstand von unten, eine Abstimmung mit den Füßen gegen den Krieg", so Friedrich.
- Verwendete Quellen:
- Frankfurter Rundschau: "Ukrainer und Russen fordern Recht auf Kriegsdienstverweigerung"