US-Wahlkampf
Nach Biden-Aus: Demokraten scharen sich um Kamala Harris
- Aktualisiert: 22.07.2024
- 21:20 Uhr
- dpa
Joe Biden schlug Kamala Harris als seine Nachfolgerin nach seinem Wahlkampf-Rückzug vor. Aus den eigenen Reihen wird Zustimmung laut, doch wird die Vize-Präsidentin die Demokraten hinter sich bringen können?
Das Wichtigste in Kürze
Nach dem offiziellen Rückzug von US-Präsidenten Biden aus dem Wahlkampf stellen sich immer mehr hochrangige Demokraten hinter die Vizepräsidentin.
Nach eigenen Angaben erhielt die Harris-Kampagne 81 Millionen US-Dollar binnen 24 Stunden nach Bekanntwerden ihrer Kandidatur.
Offen bleibt, ob Kamala Harris auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten eine Mehrheit der Delegierten auf ihre Seite ziehen kann.
Nach dem historischen Rückzug von US-Präsident Joe Biden aus dem Rennen um eine weitere Amtszeit versammeln sich mehr und mehr US-Demokraten hinter seiner Stellvertreterin Kamala Harris. Die 59-Jährige gilt damit derzeit als aussichtsreichste Bewerberin ihrer Partei für die Wahl am 5. November. Sie hat vom amtierenden US-Präsidenten und zahlreichen weiteren Parteigrößen öffentlich Unterstützung erhalten und muss nun von den Demokraten offiziell nominiert werden.
Ob die Partei Bidens Vorschlag folgt, entscheidet sich auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten vom 19. bis 22. August in Chicago.
Demonstrative Einheit der Demokraten für Harris?
Nachdem Biden seiner Vize die volle Unterstützung zugesagt hatte, sprachen sich auch eine Reihe weiterer Parteigrößen zügig für sie aus - darunter vor allem die ebenfalls als mögliche Bewerber gehandelten Gouverneure Gavin Newsom (Kalifornien), Josh Shapiro (Pennsylvania) und Roy Cooper (North Carolina).
Die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, stellte sich ebenfalls hinter Harris. Als langjährige Kongressabgeordnete hat die 84-Jährige weiterhin großen Einfluss innerhalb der eigenen Partei. In der Debatte um Bidens Eignung für eine zweite Amtszeit galt Pelosi als wichtige Strippenzieherin. Die Unterstützung der Top-Demokratin ist deshalb für Harris bedeutsam.
Vom linken Flügel der Partei bekam Harris Unterstützung von der Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. Auch Konkurrenz von der einflussreichen Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, muss die Vizepräsidentin nach deren Verzicht nicht fürchten. Der ehemalige Präsident Barack Obama sprach dagegen nur von der Zuversicht, dass "ein herausragender Kandidat" gefunden werde. In seiner Stellungnahme verlor er über Harris kein Wort.
Im Video: Nach Biden-Verzicht: Harris will gegen Trump antreten
81 Millionen Dollar für Harris-Kampagne
Finanziell dürfte Kamala Harris jedenfalls gut ausgestattet in den Wahlkampf starten: Die den Demokraten nahestehende Fundraising-Plattform ActBlue berichtete am Sonntagabend (20. Juli, Ortszeit) kurz nach Bekanntwerden ihrer angestrebten Kandidatur über Rekordspenden. Demnach wurden innerhalb weniger Stunden rund 50 Millionen US-Dollar gesammelt (etwa 46 Millionen Euro). Nach Angaben der Harris-Kampagne sollen binnen einees Tages nach der Ankündigung ihrer Bewerbung sogar 81 Millionen Dollar zusammen gekommen sein, wie die Nachrichtenagentur Reuters meldete.
Laut "New York Times" war der Sonntag (20. Juli) damit der für die Demokraten größte Tag für Online-Spenden seit der Präsidentschaftswahl im Jahr 2020.
Trump schäumt und stellt Eignung Bidens im Amt infrage
Mit dem Rückzug Bidens nimmt der US-Wahlkampf gut drei Monate vor dem Wahltag neue Fahrt auf. Das Lager um den frisch gekürten Kandidaten der Republikaner, Donald Trump, reagierte auf den Rückzug Bidens wütend. Gleichzeitig nutzen Trump und sein Vizekandidat J.D. Vance Bidens öffentliches Eingeständnis auch, um dessen Eignung als amtierender Präsident infrage zu stellen.
Der 78-Jährige äußerte sich nach dem Rückzug Bidens erbost und setzte auf seiner Online-Plattform Truth Social mehrere Posts in Folge ab. Sein Team habe Zeit und Geld in "den Kampf gegen den betrügerischen Joe Biden" investiert. "Jetzt müssen wir wieder von vorn anfangen", schrieb der Republikaner. "Der korrupte Joe Biden war nicht in der Lage, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, und er ist sicherlich nicht in der Lage, das Amt zu bekleiden - und war es auch nie!", wetterte er weiter.
Trump war beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee vergangene Woche offiziell zum Kandidaten seiner Partei gekürt worden, ebenso Vance als Vizekandidat. Auf dem Parteitag inszenierte sich der New Yorker Finanzier nach dem Attentat auf ihn als Politiker, den die Schüsse verändert hätten und der nun das tief gespaltene Land einen wolle.
Im Video: "Betrügerischer Biden": Trump wütet nach Rückzug aus Präsidentschaftsrennen
2024: Ein US-Wahljahr wie keines zuvor
Schon vor dieser größtmöglichen Komplikation war dieses US-Wahljahr eines, das auf allen Ebenen heraussticht, vor allem mit Blick auf den republikanischen Kandidaten. Mit Trump bewirbt sich ein verurteilter Straftäter um das höchste Amt im Staat. Als erster Ex-Präsident der USA wurde er in einem Strafverfahren schuldig gesprochen - wegen der Verschleierung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin. Im Wahlkampf hat das dem 78-Jährigen bislang nicht geschadet. Es laufen noch andere Strafverfahren gegen ihn - allerdings dürfte es vor dem Wahltag in diesen Fällen nicht mehr zum Prozess kommen.
Zu einer Eskalation im Wahlkampf kam es vor gut einer Woche, als ein Schütze auf einer Veranstaltung Trumps in Pennsylvania das Feuer eröffnete. Trump wurde bei dem Attentat am Ohr verletzt, ein Zuschauer kam ums Leben, zwei weitere wurden verwundet.
Auch das US-Wahljahr 2020 war chaotisch gewesen. Der Ex-Präsident akzeptierte seine Wahlniederlage gegen Biden damals nicht, sondern versuchte mit drastischen Mitteln, den Wahlausgang umzukehren. Sein Feldzug gipfelte damals in einem gewaltsamen Angriff seiner Anhänger auf das US-Kapitol, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters