Stress und Nackenschmerzen
Aldi Süd führt Doppelkassen-System ein - Mitarbeiter bangen um Gesundheit
- Aktualisiert: 30.04.2024
- 08:19 Uhr
- Clarissa Yigit
Aldi Süd hat ein neues Kassensystem in Betrieb, bei dem eine Kassenkraft gleich zwei Kund:innen bedient. Dies soll effizienter sein - die Mitarbeiter:innen klagen allerdings über die Doppelbelastung.
Zwei Kund:innen gleichzeitig bedienen - das soll das neue Konzept von Aldi Süd sein. Wie der "Spiegel" berichtet, hat der Discounter ein Doppelkassen-System eingeführt. Dieses soll den Einkaufsprozess effizienter gestalten.
Schon jetzt sollen in vielen Filialen zwei Kund:innen gleichzeitig bedient werden können - ganz zum Ärger der Mitarbeiter:innen. Diese klagten über Stress und Rückenschmerzen. Zudem komme es auch immer öfter dazu, dass so mancher Einkauf erst gar nicht bezahlt werde.
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Das Doppelkassen-System
Für die Kund:innen solle das neue Doppelkassen-System als Entlastung dienen. So könne Kunde A seinen Einkauf in Ruhe einräumen und bezahlen, während die Kassiererin oder der Kassierer bereits die nächste Ware scannt. Dazu müsse sich das Aldi-Personal allerdings von Kunde A abwenden und drehe diesem wortwörtlich den Rücken zu, um die Einkäufe von Kunde B einzuscannen.
Damit der Scann- und Bezahlvorgang reibungslos ablaufen könne, sollen die neuen Kassensysteme mit zwei Warenschächten zum Auffangen der Einkäufe und zwei Kartenterminals ausgestattet sein. Ob die Kund:innen dann auch tatsächlich alles bezahlt haben, solle ein Display neben dem Kassenband anzeigen. Andernfalls erklinge ein Warnton.
Somit könnten Aldi-Süd-Mitarbeiter:innen sehr viele Kund:innen abkassieren.
Doppelkassen-System - Fluch oder Segen?
Sind die neuen Kassensysteme wirklich ein Vorteil? Auf den ersten Blick vielleicht, denn Kunde A muss vielleicht weniger hetzen. Und auch die Kassierer:innen verlieren keine Zeit. Allerdings bemängeln Mitarbeiter:innen, dass die Doppelkassen schwer zu bedienen seien. Zudem würden auch häufig Kund:innen aus den Filialen verschwinden, ohne den Einkauf zu bezahlen. So erklinge der Warnton oftmals erst, wenn der betreffende Kunde oder die betreffende Kundin die Filiale bereits verlassen habe.
Auch sei es vorher einfacher gewesen, in die Einkaufswagen der Kund:innen zu schauen und schwere Artikel, die die Kund:innen nicht auf das Kassenband heben wollten oder konnten, zu erfassen. Ein Deckenspiegel und eine Kamera samt Display - neben dem Bezahlterminal - sollen nun den Blick in den Einkaufswagen ermöglichen.
Allerdings seien die Spiegel zu weit weg und die Kamera biete nur eine geringe Auflösung, bemängele eine Mitarbeiterin, sie habe aufstehen müssen, um in den Wagen zu sehen.
Gesundheit des Personals leidet
Die Mitarbeiter:innen kritisierten auch, dass der Kontakt zwischen Aldi-Angestellten und Kund:innen auf der Strecke bleibe. Zudem strenge der Druck, ständig zwei Kund:innen bedienen zu müssen, das Personal extrem an. Dabei seien Fehler unvermeidbar. Das Kassenpersonal würde außerdem über Schulter- und Nackenprobleme, Rückenschmerzen und enorme Müdigkeit am Abend klagen.
Da der Stress für die Mitarbeitenden nun wesentlich höher sei, fordert daher Mohammed Rifi, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Aldi Süd-Niederlassung in Langenfeld, dass Angestellte an den neuen Kassensystemen höher entlohnt werden als an den Einzelkassen.
Aldi Süd hingegen hält sich eher bedeckt und hebt lediglich den engen Austausch mit den eigenen Mitarbeiter:innen hervor. Zudem lobt sich das Unternehmen selbst für "ein Arbeitsumfeld, das von Verlässlichkeit, Wertschätzung und Respekt geprägt ist" und betone dabei die Zahlung von übertariflichen Gehältern. Auch hinsichtlich der bestehenden technischen Probleme - etwa dem zu späten Warnton, wenn keine Zahlung stattgefunden hat - habe sich Aldi Süd nur verhalten geäußert.
- Verwendete Quellen:
- Spiegel: "Neue Doppelkassen bei Aldi Süd sorgen für Frust"