SPD witzelt über "Prinzengarde"
Lindner will Finanzministerium von Zoll bewachen lassen - "irrsinnige Idee"
- Veröffentlicht: 27.02.2024
- 12:26 Uhr
- Lena Glöckner
Christian Lindner überrascht mit einer ungewöhnlichen Idee: Statt des bisherigen privaten Sicherheitsdienstes sollen künftig Zollbeamte sein Finanzministerium bewachen. Die geplante Maßnahme sorgt für hitzige Diskussionen.
Das Wichtigste in Kürze
Finanzminister Lindner will Zollbeamte anstelle eines privaten Sicherheitsdiensts zur Bewachung seines Ministeriums einsetzen.
Die geplante Änderung stößt auf Kritik, da sie Ressourcen abziehen und zu höheren Kosten führen könnte.
Trotzdem wurde der Vertrag mit dem bisherigen Sicherheitsdienst bereits gekündigt - die Umstellung soll Anfang April erfolgen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) plant eine Sicherheitsumstellung am Hauptsitz seines Finanzministeriums. Bislang wurde die Sicherheit des Detlev-Rohwedder-Hauses in Berlin von einem privaten Sicherheitsunternehmen gewährleistet - wie es in den meisten Ministerien der Fall ist. Nun strebt Lindner an, den Schutz des Ministeriums künftig von Zöllnern übernehmen zu lassen.
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Lindner sieht den geplanten Wachwechsel als "notwendige Reaktion" auf die aktuelle Sicherheitslage. Die Gesetzesänderung, die im Regierungsentwurf zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG) vorgesehen ist, würde es ermöglichen, dass Zollbeamte das Finanzministerium und nachgeordnete Behörden schützen dürfen.
Auf Seite 145 des Gesetzentwurfs steht geschrieben, dass die Behörden der Bundesfinanzverwaltung einer zunehmenden Störung der Aufgabenwahrnehmung durch mittelbare oder unmittelbare Gefährdungen gegenüberstehen würden. Lindner treibt den Wachwechsel ernsthaft voran - der Vertrag mit dem bisherigen Sicherheitsdienst wurde bereits zu Ende März gekündigt.
Gewerkschaft nennt Vorstoß eine "irrsinnige Idee"
Die Idee des Ministers stößt allerdings auf scharfe Kritik. Sowohl von politischer Seite als auch von Vertretern des Zolls. Der SPD-Abgeordnete Carlos Kasper, Mitglied im Finanzausschuss und selbst ehemaliger Zollbeamter, äußert Zweifel an der Sinnhaftigkeit. "Uns wurde bisher keinerlei Begründung für diese Prinzengarde vorgelegt. Wir können nicht einfach Zöllner von wichtigen Aufgaben abziehen", sagte er dem "Spiegel".
Auch Gewerkschaftsvertreter Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Bezirksgruppe Zoll bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), bezeichnete den Schutz des Detlev-Rohwedder-Hauses durch Zollbeamte gegenüber dem Blatt als "eine irrsinnige Idee". Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ) äußerte sich diplomatischer und sieht grundsätzlich Potenzial im Schutz durch Zollbeamte, betont jedoch die Notwendigkeit von zusätzlichem Personal.
Lindner sucht nach Freiwilligen
Um die Personaldecke für die geplante Umstellung zu sichern, sucht das Finanzministerium nun im ganzen Land nach Freiwilligen. Es wird eine bundesweite Interessenabfrage von Geschäftsaushilfen für Beamt:innen durchgeführt, und es werden Überlegungen für den Einsatz von Nachwuchskräften im Rahmen ihrer laufbahnrechtlichen Zweitverwendung angestellt.
Gewerkschafter Buckenhofer warnte derweil nicht nur vor knappen Personalressourcen, sondern auch vor steigenden Kosten. Er betonte, dass der aktuelle Wachdienst keine Waffenausbildung benötige und keine Beamtengehälter erhalte. Das Finanzministerium entgegnete hierzu lediglich, dass zu monetären und nicht-monetären Sicherheitsaspekten keine Auskunft gegeben werden könne.
Die Kritiker verlangen nun eine Risikoanalyse durch das Innenministerium - und zwar noch bevor eine Entscheidung getroffen wird. Die Zeit drängt, das neue Gesetz soll Anfang April in Kraft treten. Derzeit hängt der Gesetzesentwurf allerdings noch im parlamentarischen Verfahren fest. Sollte es zu keiner rechtzeitigen Verabschiedung kommen, könnte es zu einer kuriosen Situation führen, in der bewaffnete Zollbeamte ohne polizeiliche Befugnisse vor dem Finanzministerium stehen. Gewerkschafter Buckenhofer kommentierte dies gegenüber dem "Spiegel": "Das ist dann ein echter Aprilscherz."
- Verwendete Quellen: