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Forschung

Forscher finden mit Hilfe künstlicher Intelligenz Tausende neue Virusarten

  • Aktualisiert: 15.10.2024
  • 16:56 Uhr
  • Oliwia Kowalak

Eine Forschergruppe hat mithilfe Künstlicher Intelligenz Tausende bisher unbekannte RNA-Viren identifizieren können. Das entwickelte KI-Modell basiert auf der gleichen Architektur wie Chat GPT.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Wissenschaftler:innen haben nun mittels Künstlicher Intelligenz 70.500 unbekannte Virusarten entdeckt.

  • Künftig erhofft man sich dadurch, mehr Erkenntnisse über mysteriöse Krankheiten sammeln zu können.

  • Mit der Technologie sollen zudem mehr Daten über bisher noch wenig erforschte RNA-Viren gewonnen werden.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Medizin und Forschung birgt immenses Potenzial. Nun hat ein Forscherteam mithilfe der KI-Technologie über 70.000 bisher unbekannte Viren entdeckt. Viele von ihnen weisen keine Ähnlichkeit mit bekannten Arten auf.

Wie das Magazin "Nature" unter Berufung auf die Zeitschrift "Cell" berichtet, zeigen jüngste Studien, wie Wissenschaftler:innen maschinelles Lernen genutzt haben, um vorhergesagte Proteinstrukturen zu untersuchen. Die Wissenschaftler:innen sehen in der neuen Methode mit KI das Potenzial, die "dunkle Materie" des RNA-Virus-Universums zu erforschen.

Wie Artem Babaian, ein Computervirologe an der Universität von Toronto in Kanada mitteilt, sei die Anzahl der unentdeckten Virenarten "ein Fass ohne Boden" - einige könnten bei Menschen Krankheiten auslösen. Ihre Bestimmung könnte dem Virologen zufolge dazu beitragen, mysteriöse Krankheiten zu erklären.

Studie: Auf Zahnbürsten tummeln sich massenhaft Viren

Das KI-Modell basiert auf einem Tool zur Proteinvorhersage namens ESMFold, das von Forscher:innen bei Meta (ehemals Facebook) entwickelt wurde. Die entdeckten RNA-Viren wurden mittels Metagenomik identifiziert. Dabei werden Genome in ihren natürlichen Lebensräumen untersucht und nicht kultiviert.

Fortschritt in der Virus-Forschung mithilfe maschinellen Lernens

Die Wissenschaftler:innen haben im Jahr 2022 5,7 Millionen genomische Proben aus öffentlich zugänglichen Datenbanken durchsucht. Dabei wurden 132.000 neue RNA-Viren identifiziert. Weil die RNA-Viren sich jedoch schnell weiterentwickeln, übersehen bestehende Methoden viele Arten. Beispielsweise gehört zu einer gängigen Methode, einen Abschnitt des Genoms zu suchen, der ein Schlüsselprotein für die RNA-Replikation kodiert - was als RNA-abhängige RNA-Polymerase (RdRp) bezeichnet wird. Unterscheidet sich diese Sequenz jedoch stark von allen bekannten Sequenzen, kann es nicht erkannt werden.

Shi Mang, Evolutionsbiologe an der Sun Yat-sen University in Shenzhen, China, und Mitautor der Studie, entwickelte das Modell Luca Prot, welches auf der Transformer-Neuralnetzarchitektur, wie auch Chat GPT, basiert. Shi Mang fütterte das Modell mit Sequenzierungs- und ESM-Fold-Proteinvorhersagedaten. Im Anschluss trainierte er es auf die Erkennung viraler RdRps. Dann nutzte er es dazu, entsprechende Sequenzen zu finden, die für diese Enzyme kodierten sind - was der Beweis dafür war, dass die Sequenzen zu einem Virus gehörten.

Diese Methode machte es möglich, über 160.000 RNA-Viren zu identifizieren. Inmitten dieser Anzahl an identifizierten Viren waren einige außergewöhnlich lang und extremen Umgebungen ausgesetzt, wie heißen Quellen, Salzseen oder auch einige, die in der Luft vorkamen. Etwa die Hälfte dieser Viren war zuvor nicht bekannt. Sie fanden "kleine Bereiche der Biodiversität von RNA-Viren, die wirklich weit weg in den Weiten des evolutionären Raums liegen", sagt Computervirologe Babaian.

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"Das ist ein wirklich vielversprechender Ansatz, um die Virussphäre zu erweitern", erklärte Jackie Mahar, Evolutionsvirologe am CSIRO Australian Centre for Disease Preparedness in Geelong. Die Charakterisierung der Viren kann Wissenschaftler:innen helfen, die Ursprünge von Mikroorganismen zu verstehen und wie diese sich in verschiedenen Wirten entwickelt haben. Mit jedem neu identifiziertem Virus wird es demnach einfacher ähnliche Viren zu finden. „Plötzlich kann man Dinge sehen, die man vorher einfach nicht gesehen hat", so Babaian. Die Wirte der entdeckten Viren konnte das Forschungsteam allerdings nicht bestimmen.

Ein besonderes Interesse gilt seitens der Forscher:innen der Frage, ob eines der neuen Viren Archaeen infiziert. Dies sind Einzeller ohne Zellkern, die seit 1977 neben Bakterien und den Eukaryoten, als eigene Domäne des Lebens gelten. Mithilfe modernster Technologie konnte man diese in allen Öko-Systemen, einschließlich im menschlichen Darm, nachweisen. Sie werden auf Basis von Analysen der Erbinformation als evolutionäre Vorläufer unserer Zellen gehandelt. Bisher konnten für Archaeen keine RNA-Viren eindeutig nachgewiesen werden.

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RNA-Viren haben nur einen DNA-Strang und vermehren sich in der Regel schneller als andere Virusarten. Einige dieser Erreger befallen auch Menschen, wie zuletzt das Corona-Virus, sowie auch Influenza, Ebola, Hepatitis-B und Tollwut. Viren lösen jedoch nicht nur Krankheiten aus, sondern haben auch andere Funktionen im Öko-System, wie Forscher vermuten.

Mit dem Erforschen von RNA-Viren erhoffen sich Wissenschaftler:innen künftig mehr Schlüsse darüber ziehen zu können, welche Lebewesen sich mit einem Virus infizieren können. Über die Funktion der RNA-Viren und welche Krankheiten sie auslösen können, sei noch wenig bekannt. Mit mehr Erkenntnis könnten künftige Pandemien im Voraus besser eingeschätzt und behandelt werden.

  • Verwendete Quellen:
  • br.de: "Viren aus der Urzeit? – Über die Entstehung der Viren und ihre Rolle in der Evolution aller Lebewesen"
  • welt.de: "Tausende rätselhafte RNA-Viren im Meerwasser entdeckt"
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