Innere Kündigung
Immer öfter Dienst nach Vorschrift: Arbeitsmoral der Deutschen auf Tiefpunkt gesunken
- Veröffentlicht: 13.03.2025
- 08:18 Uhr
- Michael Reimers
78 Prozent der Deutschen arbeiten in ihrem Job nur noch das Nötigste: Dieses Rekordtief ergibt der "Engagement Index" für 2024. Auch mit ihren Chefs sind immer weniger Beschäftigte zufrieden.
Noch nie wurde in Deutschland so häufig Dienst nach Vorschrift gemacht wie im vergangenen Jahr. Das ergab eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts Gallup. Dem "Engagement Index Deutschland" für das Jahr 2024 zufolge arbeiten 78 Prozent der Beschäftigten nur noch das Nötigste. 2023 lag dieser Anteil noch bei 67 Prozent.
Auch der Anteil derer, die für ihren konkreten Job brennen, ist der Studie zufolge auf ein Rekordtief von neun Prozent gesunken: 2023 waren es noch 14 Prozent. Nur noch die Hälfte der Beschäftigten beabsichtigt, länger als ein Jahr bei ihrem aktuellen Arbeitgeber zu bleiben, ein Drittel will länger als drei Jahre durchhalten.
Loyalität zum Arbeitgeber auf Tiefpunkt
Emotionale Bindung, Loyalität und Vertrauen in die finanzielle Zukunft des Arbeitgebers seien eingebrochen, konstatiert Gallup. Lediglich neun Prozent der Beschäftigten fühlten sich demnach 2024 noch stark an ihre Firma gebunden. 2023 waren es noch 14 Prozent. "Das heißt, dass fast zwei Millionen weniger Arbeitnehmende als im Vorjahr mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache waren", resümiert das Nürnberger Meinungsforschungsinstitut. Gallup zufolge belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten in Form von Produktivitätseinbußen durch "innere Kündigungen" aktuell auf einen Wert zwischen 113 und 135 Milliarden Euro.
"Die vorherrschende schwach ausgeprägte emotionale Bindung trägt zur Wechselwilligkeit bei, während sich die Einschätzung des Arbeitsmarktes zunehmend von der wirtschaftlichen Lage entkoppelt", sagte Marco Nink, einer der Autoren der Studie, der Deutschen Presse-Agentur. "Trotz der zahlreichen schlechten Nachrichten der letzten Monate scheinen die Beschäftigten in Deutschland ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin positiv einzuschätzen, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel täglich zu spüren ist."
Motivation der Beschäftigten in Deutschland: Mangelware
Unternehmen hätten es zwar geschafft, "innere Kündigung" durch gezielte Maßnahmen wieder zu reduzieren – aber sie hätten es bisher nicht geschafft, Motivation zu wecken. Ziel müsse es sein, durch eine motivierende Führungskultur zu hoher emotionaler Bindung zu kommen und damit die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Das Ansehen der Chefs hat bei den Angestellten in Deutschland der Studie zufolge massiv gelitten. Nur noch 21 Prozent der Beschäftigten vertrauen demnach ihrer jeweiligen Führungskraft - ein Absturz um 20 Punkte im Vergleich zum Vorjahr. 2019 hatte dieser Anteil noch bei 49 Prozent gelegen. "Die Daten deuten auf tiefe Skepsis und ein Empfinden von Entfremdung in weiten Teilen der Arbeitnehmerschaft hin", so Nink.
Der "Engagement Index" wird von Gallup seit 2001 jährlich erstellt. Für die jüngste Untersuchung wurden zwischen dem 18. November und 20. Dezember 1.700 zufällig ausgewählte Beschäftigte ab 18 Jahren telefonisch interviewt. Die Ergebnisse sind dem Meinungsforschungsinstitut zufolge repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland ab 18 Jahren.
- Verwendete Quellen:
- Gallup.com: "Engagement Index Deutschland 2024"
- Nachrichtenagentur dpa