Die Tücken des Wahlsystems
US-Wahlumfragen: Harris führt vor Trump, aber wie genau sind die Vorhersagen?
- Aktualisiert: 21.08.2024
- 16:55 Uhr
- Max Strumberger
Am 5. November wählen die USA einen neuen Präsidenten oder eine neue Präsidentin. Aktuell sehen die meisten Umfragen Kamala Harris leicht vor Donald Trump. Das muss aber nicht viel bedeuten, wie ein Blick auf zurückliegende Wahlen verdeutlicht.
Das Wichtigste in Kürze
Wenn heute US-Wahl wäre, würden etwas mehr US-Bürger:innen für Harris stimmen.
Aber in den USA gewinnt nicht automatisch derjenige mit den meisten erhaltenen Stimmen, auf die Wahlmänner kommt es an.
Trump hat bereits bewiesen, dass er selbst mit weniger absoluten Stimmen gewinnen kann.
In aktuellen Umfragen liegt Kamala Harris vor Donald Trump. 48,2 Prozent der Wähler:innen würden (Stand 18. August) der Demokratin ihre Stimme geben, wie aus einer Auswertung des Umfrageportals Realclearpolitics hervorgeht. Damit trennen sie 1,5 Prozentpunkte von ihrem republikanischen Herausforderer, der auf 46,7 Prozent kommt. Ein Grund für die amtierende Vizepräsidentin, jetzt bereits die Sektflaschen kaltzustellen, ist das allerdings auf keinen Fall.
Denn zum einen handelt es sich bei der Umfrage um eine landesweite Erhebung. Hier kommt eine Besonderheit des US-Wahlsystems ins Spiel: Denn nicht derjenige, der die meisten Stimmen (Popular Vote) erhält, gewinnt auch die US-Wahl, wie die Demokraten bereits mehrfach leidvoll feststellen mussten. Entscheidend ist eine Mehrheit im Wahlmännergremium (Electoral College). Dies setzt sich aus den Wahlleuten der 50 Bundesstaaten zusammen.
Entscheidung fällt in den Swing States
Hier spielen die sogenannten Swing States eine entscheidende Rolle. Das sind die Bundesstaaten, in denen die Mehrheitsverhältnisse noch unklar sind. Im Gegensatz zu Staaten wie Kalifornien, New York oder Illinois, die traditionelle Hochburgen der Demokraten sind, oder Bundesstaaten wie Wyoming, West Virginia, Texas oder Oklahoma, die die Republikaner seit Jahren haushoch dominieren.
In den Swing States, dazu zählen Arizona, Nevada, Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, North Carolina und Georgia, können dem US-Wahlrecht zufolge, das gemäß dem "Winner takes all"-Prinzip funktioniert, bereits wenige zehntausend Stimmen den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben. Sämtliche Wahlmänner des entsprechenden Bundesstaats werden dann einem der beiden Kandidaten zugesprochen. Den Demokraten hilft es also herzlich wenig, wenn sie in Kalifornien oder New York mit Millionen von Stimmen Vorsprung gewinnen, auf die "Battleground States" kommt es an.
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Clinton verlor mit drei Millionen Stimmen mehr als Trump
Das beste Beispiel hierfür ist die Präsidentschaftswahl 2016. Realclearpolitics zufolge lag Hillary Clinton kurz vor der Wahl mit 3,2 Prozent vor Trump. Es stimmten auch landesweit drei Millionen Wähler:innen mehr für die ehemalige First Lady und insgesamt 65.853.514 US-Bürger:innen. Clinton kam aber nur auf 42,2 Prozent der Wahlmänner.
Am Ende wurde Donald Trump trotz lediglich 46,1 Prozent der Wählerstimmen US-Präsident, weil er Clinton in den entscheidenden Swing States ausstechen konnte. So kam er laut dem amtlichen Endergebnis nur auf 62.984.828 Stimmen in der "Popular Vote", im "Electoral College", dem entscheidenden Wahlleutegremium aber auf 56,5 Prozent.
Auch die vergangene Wahl veranschaulicht deutlich, wie wenig verlässlich Wahlumfragen letztlich wirklich sein können. Die letzte RCP-Erhebung vor dem Urnengang 2020 sah Joe Biden 7,2 Prozent vor Amtsinhaber Trump. Der Demokrat Biden entschied letztlich auch die Wahl für sich, allerdings nur mit einem Vorsprung von 5,2 Prozent bei der Anzahl der abgegebenen Stimmen. Bei den Wahlleuten hingegen lag Biden mit 13,8 Prozent vor Trump.
Wie genau die diesjährigen Umfragen sein werden, wird sich am 5. November zeigen, dann findet die 59. Präsidentschaftswahl in der Geschichte der USA statt. Die USA wählen an dem Tag aber nicht nur einen neuen Präsidenten, sondern ebenfalls ein neues Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu.
- Verwendete Quellen:
- "Realclearpolitics"
- Nachrichtenagentur dpa