Kriegsrecht verlängert Amtszeit Selenskyjs
Experten skeptisch: 2025 vermutlich noch keine Präsidentschaftswahlen in der Ukraine
- Veröffentlicht: 10.02.2025
- 16:47 Uhr
- Michael Reimers
Ohne den Überfall Russlands hätten im März 2024 Präsidentschaftswahlen in der Ukraine stattgefunden. Der Kriegszustand verlängert die Amtszeit Selenskyjs Expert:innen zufolge vermutlich noch bis Ende des Jahres.
Das Wichtigste in Kürze
Nach Einschätzung von Experten wird Selenskyj das gesamte Jahr 2025 noch Präsident der Ukraine bleiben.
Die ukrainische Verfassung verbietet es, Wahlen unter Kriegsrecht abzuhalten.
Neuwahlen in der Ukraine könnten Teil des Friedensplans sein, den die USA mit Russland aushandeln wollen.
Wegen des in der Ukraine seit 2022 geltenden Kriegsrechts ist Präsident Wolodymyr Selenskyj länger als die von der ukrainischen Verfassung festgelegten fünf Jahre im Amt. Nach Einschätzung von Experten wird Selenskyj auch das gesamte Jahr 2025 noch Präsident bleiben, meldet die "Deutsche Welle" (DW).
"Wahlen wird es nach dem Ende der heißen Kriegsphase geben, wenn das Kriegsrecht nicht mehr gilt", sagte Selenskyj dem Bericht zufolge dem britischen Journalisten Piers Morgan. Selbst wenn schon bald Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland erfolgreich sein würden, halten Experten Neuwahlen noch im Jahr 2025 für unrealistisch, heißt es weiter in dem Bericht.
USA wünschen sich baldige Wahlen in der Ukraine
Die Diskussion um Wahlen in der Ukraine war wieder aufgeflammt, nachdem der neue US-Sonderbeauftragte von Präsident Donald Trump für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, Anfang Februar der Nachrichtenagentur Reuters gesagt hatte, dass sich die USA Wahlen in der Ukraine eventuell schon bis zum Jahresende 2025 wünschen.
Insbesondere dann, wenn sich Kiew und Moskau bald auf einen Waffenstillstand einigen würden. Wahlen seien "gut für die Demokratie". Bereits Anfang 2024 hatten einzelne US-Politiker:innen die Ukraine aufgefordert, Wahlen trotz des anhaltenden Krieges abzuhalten.
Von russischer Seite mehren sich seit etwa einem Jahr ebenfalls Äußerungen zu Wahlen in der Ukraine. So sagte Präsident Wladimir Putin mehrfach, er zweifele Präsident Selenskyjs Legitimität an, weil die Ukraine die für das Frühjahr 2024 geplante Wahl ausgesetzt habe.
Die ukrainische Verfassung verbietet es jedoch, Wahlen unter Kriegsrecht abzuhalten. Selenskyj wurde 2019 mit 73 Prozent der Stimmen ins Amt gewählt. Er bleibt so lange legitimer Präsident, bis das 2022 verhängte Kriegsrecht aufgehoben wird, wie das ukrainische Gesetz festlegt.
Experte: Neuwahlen nicht für Friedensverhandlungen mit Moskau nutzen
Moskau erklärte, Russland sei zwar bereit, mit Selenskyj zu verhandeln. Vereinbarungen über eine Regelung zum Ende des Krieges würde man aber erst nach erneuten Präsidentschaftswahlen in der Ukraine unterzeichnen.
Expert:innen halten es dem Bericht zufolge für möglich, dass Wahlen in der Ukraine ein Teil des von den USA vermittelten Plans für ein Ende des russischen Angriffskriegs sein könnten. Details dieses Plans sind bislang nicht bekannt geworden.
Der frühere US-Botschafter in der Ukraine, John Herbst, der heute als Experte an der US-Denkfabrik The Atlantic Council arbeitet, sagte der DW, er sei von der russischen Haltung nicht überrascht. Diese sei Teil der Versuche Moskaus, Verhandlungen über ein Kriegsende hinauszuzögern. Er halte es jedoch für eine "Fehlkalkulation", sollte Washington das Thema Wahlen in der Ukraine dafür nutzen wollen, Verhandlungen zu fördern.
Sollte es tatsächlich Wahlen geben, befürchtet John Herbst keine Gefahr für die ukrainische Demokratie, sondern für deren Sicherheit: "Es gibt keine Zweifel, dass Russland diese Zeit zur Stärkung seiner militärischen Lage nutzen wird". Wahlen seien deshalb nur unter bestimmten Bedingungen möglich, etwa mit einer demilitarisierten Zone und der Präsenz europäischer Truppen. Erst wenn es eine "ernsthafte" Waffenruhe gebe, seien Wahlen möglich, so Herbst. Allerdings sei Moskau mit allen diesen Bedingungen nicht einverstanden.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur Reuters