Ukrainischer Präsident in den USA
Biden trifft auf Selenskyj: "Stehen hinter den tapferen Menschen in der Ukraine"
- Aktualisiert: 21.12.2022
- 20:44 Uhr
- Benedikt Rammer
Im Rahmen seiner ersten Auslandsreise seit Kriegsbeginn ist der ukrainische Präsident in Washington im Weißen Haus eingetroffen. US-Präsident Biden macht deutlich, dass die USA fest hinter der Ukraine stehen.
Das Wichtigste in Kürze
Seine erste Auslandsreise seit Kriegsbeginn führt Wolodymyr Selenskyj zum wichtigsten Verbündeten im Abwehrkampf gegen Moskau.
Am Mittwochnachmittag (Ortszeit) wurde das ukrainische Staatsoberhaupt von US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus empfangen.
Biden macht deutlich, dass die USA fest hinter der Ukraine stehen und sichert weitere Militärhilfen zu.
US-Präsident Joe Biden hat seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj bei dessen erster bekannter Auslandsreise seit Kriegsbeginn weitere Unterstützung zugesagt. "Präsident Selenskyj, die Vereinigten Staaten stehen hinter den tapferen Menschen in der Ukraine", sagte Biden bei einem Treffen der beiden Staatschefs im Weißen Haus am Mittwoch (21. Dezember). Selenskyj bedankte sich für die Hilfe der USA von "ganzem Herzen". Bereits vor dem Treffen hatten die USA die Lieferung des Patriot-Flugabwehrsystems für den Abwehrkampf gegen Russland freigegeben. Der Kreml warnte indes vor einer Verschärfung des Konflikts - und kündigte eine weitere Aufrüstung der russischen Armee an: mit mehr Geld, mehr Soldaten und moderneren Waffensystemen.
Russland hatte die USA-Reise Selenskyjs und die angekündigten neuen Waffenlieferungen bereits vor dem Treffen im Weißen Haus kritisiert. "Das alles führt zweifellos zu einer Verschärfung des Konflikts und verheißt an sich nichts Gutes für die Ukraine", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er erwarte nicht, dass Selenskyj nach seiner Reise verhandlungsbereiter gegenüber Moskau sein werde.
Biden sichert Unterstützung der Luftabwehr zu
Selenskyj landete am Mittwoch auf dem Militärflughafen Joint Base Andrews unweit der US-Hauptstadt Washington mit einer amerikanischen Regierungsmaschine. Die Reise geht mit einem Sicherheitsrisiko für den ukrainischen Präsidenten einher - was die US-Regierung zu dem ungewöhnlichen Schritt bewogen haben dürfte. Dem polnischen Fernsehen zufolge war Selenskyjs Maschine im polnischen Rzeszów abgeflogen.
Selenskyj wurde am Weißen Haus mit einem roten Teppich von Biden und dessen Ehefrau Jill empfangen. Biden trat wie gewohnt im Anzug auf, Selenskyj trug einen olivgrünen Armeepullover und eine dazu passende Hose. "Wir werden weiterhin die Fähigkeit der Ukraine stärken, sich selbst zu verteidigen, insbesondere die Luftverteidigung, und deshalb werden wir der Ukraine Patriot-Raketenbatterien bereitstellen", sagte Biden kurze Zeit später im Oval Office. Selenskyj überreichte Biden als Zeichen des Dankes die Medaille eines ukrainischen Soldaten.
Patriot-Raketen könnten Karten neu mischen
Die USA sind der wichtigste Verbündete der Ukraine. Sie unterstützen das Land bei der Verteidigung gegen Russlands Angriff unter anderem mit Militärausrüstung und Geld. Anlässlich des Besuchs von Selenskyj kündigten die USA ein weiteres Militärhilfe-Paket in Höhe von 1,85 Milliarden US-Dollar (rund 1,7 Milliarden Euro) an. Darin enthalten ist auch die Patriot-Batterie. Das Luftverteidigungssystem dürfte Russlands Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die zivile Infrastruktur in der Ukraine erschweren. Insgesamt beläuft sich US-Militärhilfe für die Ukraine seit Beginn der Amtszeit von Biden auf 21,9 Milliarden US-Dollar.
Die frühere Sowjetrepublik hatte wegen der russischen Raketenangriffe auf ihre Städte und die Infrastruktur der Energieversorgung um weitere Flugabwehrsysteme gebeten. Das Luftverteidigungssystem Patriot dürfte die Karten in dem Krieg neu mischen. Ein US-Regierungsvertreter sagte, die ukrainischen Truppen würden in einem Drittland ausgebildet. Weitere Angaben dazu machte er nicht. Naheliegend wäre, dass ukrainische Soldaten - wie auch bei anderen Waffensystemen schon praktiziert - in Deutschland ausgebildet werden, beispielsweise auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern.
Parallel zu Selenskyjs Flug in die USA sprach Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau bei einer erweiterten Sitzung des Verteidigungsministeriums. Dort verlangte er ein höheres Tempo bei der Aufrüstung und Modernisierung der Streitkräfte. Als Beispiel nannte der Kremlchef den Einsatz von Drohnen - bisher ein Schwachpunkt der russischen Streitkräfte. Außerdem werde die mit Atomsprengköpfen bestückbare neue Interkontinentalrakete vom Typ Sarmat bald einsatzbereit sein. Für die weitere Aufrüstung der Armee gebe es "keine finanziellen Beschränkungen", sagte Putin weiter.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu schlug vor, die Truppe um rund 350 000 Soldaten auf 1,5 Millionen Mann zu verstärken. Außerdem forderte er die Aufstellung neuer Einheiten im Nordwesten Russlands an der Grenze zu den potenziellen neuen Nato-Staaten Schweden und Finnland.
Selenskyjs erste Auslandsreise seit Kriegsbeginn
Russland hatte Washington schon vergangene Woche vor einer Patriot-Lieferung gewarnt, nachdem es Berichte über entsprechende Pläne der US-Regierung gegeben hatte. Wie andere schwere Waffen auch würden diese für die russischen Streitkräfte zu "rechtmäßigen vorrangigen Zielen", hieß es aus Moskau. Die USA liefern bereits Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und das Flugabwehrsystem Nasams in die Ukraine.
Am Dienstag einigten sich Republikaner und Demokraten im US-Kongress dann auf einen Haushaltsentwurf, der auch milliardenschwere Militärhilfen enthält. Das Paket mit einem Volumen von 1,7 Billionen US-Dollar sieht unter anderem 44,9 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung der Ukraine vor. Rund 19 Milliarden davon sind dafür vorgesehen, die Munitionsbestände und Lager des US-Militärs nach den Transfers an die Ukraine wieder aufzufüllen sowie für die Finanzierung zusätzlicher Aufwendungen der US-Truppen in Europa.
Seit Kriegsbeginn am 24. Februar hatte Selenskyj Auslandsreisen vermieden. Für Auftritte auf der politischen Weltbühne - etwa beim G7-Gipfel im bayerischen Elmau - ließ er sich stets digital aus der Ukraine zuschalten. Es ist nun Selenskyjs zweiter Besuch im Weißen Haus seit Bidens Amtsantritt. Zuletzt hatte Biden ihn im Sommer 2021 empfangen.
Die US-Regierung hatte früh öffentlich vor einem Angriffs Russlands auf die Ukraine gewarnt und sich dabei auf Geheimdienstinformationen berufen. Seit dem Einmarsch in die Ukraine haben die USA und ihre Verbündeten Russland mit harten Sanktionen belegt.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa