11. Februar
Berlin wählt mal wieder: Ein Fünftel muss erneut über den Bundestag abstimmen
- Veröffentlicht: 11.02.2024
- 09:57 Uhr
- Michael Reimers
Nach beispiellosen Pannen holt Berlin mit drei Jahren Verzögerung nun auch die Bundestagswahl teilweise nach. 455 Wahlbezirke müssen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nochmals abstimmen.
Das Wichtigste in Kürze
Die von organisatorischen Problemen überschattete Bundestagswahl 2021 in Berlin wird teilweise wiederholt.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss in einem Fünftel der Wahlbezirke und zugehörigen Briefwahlbezirke neu gewählt werden.
Einige Berliner Abgeordnete könnten ihren Sitz im Bundestag verlieren, andere neu ins Parlament einziehen.
Nach der Pannenwahl 2021 wählt Berlin am Sonntag (11. Februar) erneut den Bundestag. Die Bundestagswahl vor drei Jahren war in der Hauptstadt mit organisatorischen Problemen abgelaufen. Nun wird sie an diesem Sonntag teilweise wiederholt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen 455 von 2.256 Wahlbezirken und die zugehörigen Briefwahlbezirke neu wählen. Das entspricht etwa einem Fünftel oder exakt 549.549 Berliner:innen. Die Wahllokale sind von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Die Stimmabgabe ist vor allem interessant als Stimmungsbarometer am Beginn eines wichtigen Wahljahres in Deutschland: Am 9. Juni 2024 steht die Europawahl an, im September folgen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.
An den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag und damit an der Mehrheit der Ampel wird der erneute Wahlgang in der Hauptstadt nichts ändern. Der Anteil der am Sonntag in Berlin Wahlberechtigten an deren Gesamtzahl auf Bundesebene beträgt nur 0,9 Prozent. Kleine Verschiebungen könnten sich aber ergeben. So ist es möglich, dass einige Abgeordnete ihren Sitz im Bundestag verlieren und andere neu ins Parlament einziehen. Momentan stellt Berlin 29 der 736 Abgeordneten im Bundestag.
Im Video: Das bedeutet die Wahl-Wiederholung in Berlin für Politiker und Bürger
Das bedeutet die Wahl-Wiederholung in Berlin für Politiker und Bürger
Berlins Pannenwahlen 2021
Am 26. September 2021 hatte Berlin sowohl die Bundestagswahl als auch die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksparlamenten auf beispiellose Weise in den Sand gesetzt. Lange Schlangen vor Wahllokalen, fehlende oder falsche Stimmzettel, eine zeitweise Wahlunterbrechung in einigen Stadtbezirken: Die Liste der Probleme war lang. Einige Wähler:innen hatten 2021 ihre Stimme auch erst deutlich später als 18 Uhr abgegeben, nachdem schon Prognosen und Hochrechnungen veröffentlicht worden waren.
Aus diesem Grund ordnete der Berliner Verfassungsgerichtshof an, dass die Wahlen auf Landes- und Bezirksebene vollständig wiederholt werden müssen. Beim zweiten Versuch am 12. Februar 2023 ging dann organisatorisch alles glatt, politische Folge war jedoch ein Regierungswechsel von Rot-Grün-Rot zu Schwarz-Rot. In Bezug auf die Bundestagswahl hielten im Gegensatz zu den Berliner Richter:innen deren Kolleg:innen am Bundesverfassungsgericht ein solches Vorgehen nicht für nötig. Karlsruhe erklärte den Wahlgang nur zum Teil für ungültig, was aber dennoch ein Novum darstellte: Es ist die erste vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Wahlwiederholung überhaupt.
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Urteil zu Chaos-Wahl: Bundestagswahl in Berlin muss teilweise wiederholt werden
Berlin wählt am Sonntag in allen zwölf Berliner Bundestagswahlkreisen, allerdings in sehr unterschiedlichem Maß. Während in Pankow 85 Prozent der Wahlbezirke erneut zur Stimmabgabe aufgerufen wurden, betrifft es in Charlottenburg-Wilmersdorf 42 Prozent und in Lichtenberg nur 2,9 Prozent. In Treptow-Köpenick wird die Wahl in 3,4 Prozent und in Marzahn-Hellersdorf in sechs Prozent der Wahlbezirke wiederholt. Schon rechnerisch kann es deshalb in manchen Wahlbezirken nicht zu Veränderungen kommen. Angesichts dieser Ausgangslage wird befürchtet, dass die Wahlbeteiligung gering ausfällt. Bei der Bundestagswahl 2021 betrug sie in Berlin insgesamt 75,2 Prozent.
Damals gewann in Berlin die SPD mit 23,4 Prozent der Zweitstimmen, gefolgt von den Grünen (22,4), der CDU (15,9), der Linken (11,4), der FDP (9,1) und der AfD (8,4). Von den zwölf Direktmandaten, die in der Hauptstadt zu vergeben sind, holte die SPD damals vier, Grüne und CDU jeweils drei und die Linke zwei. Weitere 17 Berliner Politiker:innen wurden über die Parteilisten gewählt. Das ergab insgesamt 29 Bundestagsabgeordnete, von denen SPD und Grüne je sieben stellten, die CDU fünf, die Linke vier sowie FDP und AfD jeweils drei.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa