Türkei
15 Millionen Menschen in Gefahr: Experten warnen Istanbul vor Erdbebenkatastrophe
- Aktualisiert: 08.09.2023
- 12:03 Uhr
- Stefan Kendzia
Die Bilder der Erdbebenkatastrophe in der Südosttürkei und Syrien sind zwar schon verblasst - aber immer noch in schrecklicher Erinnerung. Jetzt, kaum ein halbes Jahr später, warnen Seismologen vor einem Mega-Beben in der Bosporus-Metropole - und das in naher Zukunft.
Das Wichtigste in Kürze
Nach der Katastrophe ist vor der Katastrophe: Experten warnen vor Beben in Istanbul.
Bis zu 100.000 Todesopfer könnten in der Mega-City zu beklagen sein.
Istanbuls Oberbürgermeister greift in diesem Zusammenhang Staatschef Erdogan an.
Während der furchtbaren Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien sollen laut Auswärtigem Amt mehr als 50.000 Menschen getötet worden sein. Hunderttausende wurden verletzt, Millionen haben ihr Zuhause verloren. Jetzt könnte alles noch viel schlimmer kommen, sollte die Warnung von Seismologen Wahrheit werden: Istanbul soll in naher Zukunft ein Mega-Beben drohen.
Türkei seismologisch besonders aktiv
Immer wieder erlebt die Türkei furchtbare Beben. 1999 in Izmir mit über 17.000 Toten. Besonders oft sind die Ostprovinzen betroffen - denn dort treffen die Arabische Kontinentalplatte und die Anatolische Platte aufeinander und sind ständig unter Spannung. Aber auch der Westen ist seismologisch aktiv und auffällig - hier reiben sich die Eurasische und die Anatolische Platte aneinander. Genau in dieser Region droht bei einem Beben eine riesige Katastrophe - denn schließlich reden wir hier vom Großraum der 16-Millionen-Stadt Istanbul.
Beben für Istanbul erwartet
Seit Jahrzehnten warnen Wissenschaftler:innen vor drohenden Beben in der Bosporus-Metropole. Besonders das Erdbeben Ende 2022 in Düzce mit einer Magnitude von 5,9 auf der Richterskala, das nur 200 Kilometer von Istanbul entfernt liegt, hat Seismologen auf den Plan gerufen. Celal Sengör, einer der angesehensten Geologen des Landes und emeritierter Professor der Technischen Universität Istanbul, richtet sich laut "RND" ganz besonders an Istanbul mit einer "vielleicht letzten Chance der Warnung". Ähnlich äußert sich Professor Naci Görür, Geologe an der Technischen Universität in Istanbul, der im Gespräch mit der ARD laut "Frankfurter Rundschau" folgendes gesagt haben soll: "Das Marmarameer vor Istanbul wird deshalb das Ziel des nächsten Erdbebens sein", warnt Görür.
Sengör und weitere Kolleg:innen sehen nun die Gefahr eines Bebens für Istanbul der Stärke 7,1 bis 7,7 auf der Richterskala. Sie können nicht sagen, wann genau die Katastrophe kommen wird - aber sie wird es. Und das innerhalb der nächsten 20 Jahre. Grund dafür sehen die Seismologen die lange Inaktivität der Kumburgaz-Bruchzone nahe Istanbul. Die vermeintliche Ruhe dort sei ein Anzeichen dafür, dass sich die Krustenplatten verhakt haben, um sich dann umso heftiger wieder voneinander zu lösen.
Mehr als 15 Mio. Menschen sind bedroht
Ein Beben in dieser Region könnte für die Mega-City Istanbul verheerende Folgen haben. Zwischen 40.000 und 100.000 Todesopfer könnten zu beklagen sein - etwa 491.000 der 1,2 Millionen Gebäude könnten in Mitleidenschaft gezogen werden, so die vorsichtigen Schätzungen der Experten. Perfide: In Istanbul wurden nach der Bebenkatastrophe 1999 extra Flächen für den Ernstfall ausgewiesen. Hier sollten sich Menschen in Sicherheit bringen können und Sammelstellen für Rettungsgeräte, Hilfsgüter und Zeltstädte für Obdachlose entstehen können. Allerdings sein laut Istanbuls Oberbürgermeister Ekrem Imamoglu viele Grundstücke zur Bebauung freigegeben worden. Ein ungeheuerlicher Vorwurf, den er direkt an den Staatschef Tayyip Erdogan gerichtet hatte.
Trotz der angekündigten Katastrophe sollen laut "Frankfurter Rundschau" die wenigsten eine Flucht aus Istanbul in Erwägung ziehen. Laut einer Befragung von Mena-Watch sollen dafür finanzielle und soziale Gründe verantwortlich sein, welche die Menschen an die Stadt binden würden.
- Verwendete Quellen:
- Frankfurter Rundschau: ""Istanbul wird Ziel des nächsten Erdbebens" – 15 Millionen Menschen in Gefahr"