Nostradamus: Konnte er wirklich die Zukunft vorhersagen?

In seinen prophetischen Vierzeilern sagte Nostradamus im 16. Jahrhundert angeblich die Zukunft bis ins Jahr 3797 voraus. Aber wer war der rätselhafte Seher? Und woher kommen seine Prophezeiungen?

Wer war Nostradamus eigentlich?

Michel de Nostredame - kurz Nostradamus - war ein französischer Arzt, Apotheker und Astrologe. Er wurde am 14. Dezember 1503 im südfranzösischen Saint-Rémy-de-Provence geboren und soll schon als Kind leidenschaftlich gerne die Sterne beobachtet haben.

Später studierte er in Avignon und Montpellier. Ob er das Studium tatsächlich abgeschlossen hat, ist allerdings unklar. Danach war er mehrere Jahre auf Wanderschaft in Europa und soll als Arzt erfolgreich Pest-Kranke behandelt haben. Laut Legende habe er sogar Tote wieder zum Leben erweckt. 

Nach seiner zweiten Eheschließung mit einer reichen Witwe im Jahr 1547 wurde er in Salon-de-Provence sesshaft und war fortan nicht mehr nur als Arzt tätig: Mehr und mehr widmete er sich der Zukunftsvorhersage und veröffentlichte jährliche Horoskop-Kalender - die sogenannten Almanache.

Schon zu Lebzeiten wurde Nostradamus durch seine prophetischen Gedichte reich und berühmt: Beim einfachen Volk waren seine Horoskop-Kalender ein Verkaufsschlager und auch der französische Adel vertraute auf seine Zukunftsvorhersagen. 

Seinen eigenen Todestag soll Nostradamus jedoch falsch gedeutet haben: Er starb am 2. Juli 1566 - anderthalb Jahre früher, als er es vorhergesagt hatte.

Professionelle Zukunfts-Vorhersage als "Superforecaster"?

Was sind die Prophezeiungen von Nostradamus?

Nostadamus soll sich selbst nicht als Astrologe, sondern als astrophil bezeichnet haben - als Sternenfreund. In seinen prophetischen Versen finden sich immer wieder Verweise auf astrologische Konstellationen.

Ab 1555 veröffentlichte Nostradamus seine Vorhersagen in Form vierzeiliger Gedichte, sogenannter Quatrains, die er wiederum in Gruppen von je 100 Vierzeilern zusammenfasste - die sogenannten Centurien. 

Sein erstes Buch mit dem Namen "Les Propheties de M. Michel Nostradamus" enthielt drei Centurien und 53 Quastrains, also 353 vierzeilige Vorhersagen. Insgesamt hat Nostradamus in seinem Leben 942 Vierzeiler verfasst, welche die Zukunft bis ins Jahr 3797 voraussagen sollen. Bis heute werden die Verse von seinen Anhängern studiert und interpretiert.

Bei seinen Prophezeiungen bleibt Nostradamus allgemein sehr vage und kryptisch. Er machte kaum Zeitangaben und nannte keine Namen - wodurch seine Verse sehr viel Spielraum für Deutung und Interpretation lassen. Nach Ansicht von Kritiker:innen "erfüllen" sich Nostradamus' Vorhersagen durch ihre Unschärfe im Lauf der Jahrhunderte durch Zufall selbst: Früher oder später geschähen Ereignisse, die sich in die kryptischen Verse Nostradamus' hineininterpretieren ließen.

Zudem soll Nostradamus die Chronologie seiner Prophezeiungen absichtlich durcheinandergebracht haben – offenbar aus Angst, für seine Fähigkeit verfolgt zu werden. "Es scheint einen mathematischen Schlüssel zugeben, um die Vorhersagen wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen", sagte der Historiker und Nostradamus-Experte Jörg Dendl 2003 im "Spiegel". Ob der Schlüssel inzwischen geknackt wurde, ist unklar - womöglich werden also bis heute die falschen Nostradamus-Prophezeiungen für das jeweilige Jahr interpretiert.

Welche Ereignisse hat Nostradamus vorhergesagt - und welche sind eingetreten?

Der junge Löwe überwindet den alten auf kriegerischem Feld im Einzelwettkampf. Im goldenen Käfig wird er ihm die Augen ausstechen. Von zweien dann stirbt einer eines grausigen Todes.

Nostradamus, , 1555

Insbesondere die obige Vorhersage aus dem Jahr 1555 machte Nostradamus berühmt: 1559, vier Jahre nach der düsteren Prophezeiung, stirbt König Heinrich II. bei einem Turnier in Paris. Sein Gegner, der schottische Graf von Montgomery, hatte ihm mit der Lanze das Auge ausgestochen und dabei tödlich verletzt.

Nostradamus-Fans sehen darin eindeutige Belege für seine prophetischen Fähigkeiten. Kritiker bemängeln Ungenauigkeiten - so fand das Ereignis 1559 nicht "auf kriegerischem Feld" statt. Auch ist nicht belegt, dass der Helm des Gegners, der hier als "Käfig" interpretiert wird, tatsächlich golden war. Der Zusammenhang ist aus ihrer Sicht daher eine großzügige Interpretation der Schrift.

Neben diesem soll Nostradamus noch weitere Ereignisse vorausgesagt haben, darunter:

• den großen Brand von London im Jahr 1666,
• den Aufstieg Adolf Hitlers 1933,
• die Atombomben-Abwürfe über Hiroshima und Nagasaki 1945,
• das Kennedy-Attentat im Jahr 1963,
• die Mondlandung im Jahr 1969 sowie 
• den Tod der Queen im Jahr 2022.

Eine Astrologin beantwortet Fragen zu ihrem Beruf

Was hat Nostradamus für das Jahr 2024 prophezeit?

Zum Jahreswechsel sind Nostradamus' Prophezeiungen besonders beliebt. Für das Jahr 2024 wurden nach Angaben verschiedener Medien folgende, teils düstere Prophezeiungen aus den Jahrhunderte-alten Versen abgeleitet: 

• China steigt zur Supermacht auf und führt Krieg auf dem Meer.
• Russlands Präsident Putin steht ein "Tanz mit dem Schicksal" bevor.
• Ein sehr alter Papst stirbt.
• König Charles III dankt ab. Harry, der "kein Zeichen eines Königs" hat, soll den Thron übernehmen.
• Dürren und große Überschwemmungen stehen der Welt bevor.
• Bei Organ-Transplantationen steht die Medizin vor einer Revolution.
• Künstliche Intelligenzen erleben einen enormen Aufschwung und bringen neue technologische Wunder hervor.

In Nostradamus' Schriften ist natürlich nicht direkt von Putin oder Künstlicher Intelligenz die Rede ist. Seine vagen, metaphorischen Verse werden immer im Kontext der Zeit interpretiert und sind damit beeinflusst von gegenwärtigen Ereignissen.

Seine Voraussagen treffen auch nicht immer zu: Für 2023 soll Nostradamus unter anderem prophezeit haben, dass Papst Franziskus abdankt und ein bedrohlicher Führer zum Oberhaupt der katholischen Kirchen aufsteige. Eingetreten ist diese Prophezeiung nicht.

Die wichtigsten Fragen zu Nostradamus