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US-Wahl

Amerikanischer Präsident vs. deutscher Bundeskanzler: Wer hat mehr Macht?

  • Veröffentlicht: 22.06.2024
  • 05:00 Uhr
  • Claudia Frickel

Als "mächtigster Mann der Welt" gilt der US-Präsident. Kein Wunder, denn er hat umfassende Rechte. Deutlich mehr als deutsche Bundeskanzler:innen. Was US-Präsident:innen dürfen und was nicht und ob das deutsche Staatsoberhaupt auch mal im Vorteil ist.

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Die Macht von US-Präsident:innen: Das Wichtigste in Kürze

  • Der oder die US-Präsident:in hat das wichtigste Amt der USA inne: Er oder sie ist Staatsoberhaupt und Regierungschef:in in einer Person.

  • In Deutschland und vielen anderen Ländern ist das Amt dagegen getrennt: Der oder die Bundeskanzler:in ist zwar Regierungschef:in. Aber als Staatsoberhaupt fungiert der oder die Bundespräsident:in.

  • US-Präsident:innen werden indirekt von der Bevölkerung gewählt, mithilfe der Wahlmänner. Bundeskanzler:innen werden vom Bundestag gewählt. 

  • US-Präsident:innen mehr Macht und Sonderrechte im Vergleich zu Bundeskanzler:innen - allerdings keine unbegrenzte. 

  • Sowohl Präsident:innen der USA als auch Bundeskanzler:innen stehen an der Spitze der Exekutive, also der ausübenden Gewalt der Staaten. Beide bestimmen die Richtlinien der jeweiligen Regierungspolitik.

Inhalt

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Die Befugnisse von US-Präsident:in und Bundeskanzler:in

📣 US-Präsident:innen führen das von ihnen ernannte Kabinett mit Minister:innen. Deren Ernennung muss der Senat formal zustimmen. Dagegen bestimmt der oder die Bundeskanzler:in seine Minister:innen allein, ernannt werden sie von der oder dem Bundespräsident:in. Entlassen dürfen die US- und deutschen Regierungschef:innen ihre Minister:innen jederzeit.

🧑‍⚖️ Der oder die US-Präsident:in kann zugleich den Obersten Gerichtshof beeinflussen: Wird eine der neun Richterstellen frei, schlägt er oder sie eine:n Richter:in für den Supreme Court vor, die vom Senat bestätigt werden müssen. Das ist oft umstritten, wie 2020 bei der extrem konservativen Amy Coney Barrett. Sie bleiben auf Lebenszeit im Amt.

📆 Die 16 Richter:innen des Bundesverfassungsgerichts werden dagegen zur Hälfte vom Bundestag und zur Hälfte vom Bundesrat gewählt. Ihre Amtszeit endet nach zwölf Jahren. Der oder die Bundeskanzler:in hat hierbei nichts zu sagen.

✒ Sowohl US-Präsident:in als auch Bundeskanzler:in müssen Gesetze unterzeichnen, bevor diese in Kraft treten. In Deutschland muss jedoch auch der oder die Bundespräsident:in eine Unterschrift leisten - und statt Kanzler:in kann auch der oder die zuständige Minister:in einspringen.

🛑 Der oder die US-Präsident:in kann Gesetzesentwürfe des Senats und des Repräsentantenhauses mit einem Veto ablehnen. Wenn die Abgeordneten das nicht mit Zweidrittelmehrheit überstimmen, ist das Gesetz gescheitert. Außerdem kann er oder sie einen Gesetzesvorschlag einfach nicht annehmen, wenn dieser zehn Tage vor einer längeren Sitzungspause eintrudelt.

✋ In Deutschland hat nur der Bundesrat ein Vetorecht bei Gesetzen. Der oder die Bundespräsident:in kann seine Unterschrift verweigern. Das zählt nicht als Veto, hat aber eine ähnliche Auswirkung. Der oder die Bundeskanzler:in dagegen besitzt das Recht nicht.

Der amtierende US-Präsident Joe Biden ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
Der amtierende US-Präsident Joe Biden ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte.© IMAGO/PanoramiC

Die Streitkräfte: Was darf ein:e US-Präsident:in im Vergleich zu Bundeskanzler:innen? 

🪖US-Präsident:innen sind zugleich Oberbefehlshaber:innen der Streitkräfte. Sie können die Nationalgarden der Bundesstaaten einberufen, wenn sie es auf Bundesebene für nötig halten. Einen Krieg erklären dürfen sie aber nicht.

⚔️ Sie können jedoch Soldat:innen in einen Krieg schicken, ohne den Kongress einzuschalten, also Repräsentantenhaus und Senat. Allerdings geht das nur, wenn es eine Kriegserklärung oder einen nationalen Notfall gibt. Gemeint ist ein Angriff auf die USA. Der oder die Präsident:in muss innerhalb von 48 Stunden den Kongress konsultieren.

 🔴 Seit 1973 gilt: Der oder die US-Präsident:in kann mit dem berühmten roten Knopf Atomwaffen eigenmächtig einsetzen, der Kongress kann das nicht verhindern. Vizepräsident:in, Verteidigungsminister:in und andere hochrangige Politiker:innen können das nur unter bestimmten Umständen verhindern. 

🤝 In Deutschland ist das anders: Bundeskanzler:in und Verteidigungsminister:in teilen sich die Befehlsgewalt über die Streitkräfte. Im Grundgesetz ist genau festgelegt, wer wann was darf.

☮ In Friedenszeiten hat der oder die Verteidigungsminister:in das Kommando. Nur wenn durch Bundestag und Bundesrat der Verteidigungsfall ausgerufen wird und das Land in Gefahr ist, übernimmt der oder die Bundeskanzler:in den Oberbefehl. Olaf Scholz könnte also anders als Joe Biden nicht einfach Soldat:innen entsenden und ebenfalls keinen Krieg erklären.

Wer ist die Nationalgarde

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Was dürfen US-Präsident:innen noch, was Kanzler:innen nicht erlaubt ist?

  • US-Präsident:innen dürfen verurteilte Straftäter:innen begnadigen und sogar vor einem Urteil eine Begnadigung aussprechen. Das gilt auch bei der Todesstrafe.
  • Sie können Verträge mit anderen Ländern schließen, auch international. Der Kongress muss allerdings zustimmen. In Deutschland ist dafür der oder die Bundespräsident:in zuständig, aber in der Regel im Rahmen eines Gesetzes. 
  • Ein:e US-Präsident:in ernennt Botschafter:innen - genau wie alle Beamt:innen der USA, die nicht anderweitig bestimmt werden. In Deutschland ist der oder die Bundespräsident:in verantwortlich dafür, Botschafter:innen ins Amt zu bringen.
Gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump gab es zwei Amtsenthebungsverfahren. Das ist einmalig in der Geschichte der USA.
Gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump gab es zwei Amtsenthebungsverfahren. Das ist einmalig in der Geschichte der USA.© IMAGO/ZUMA Press Wire

Wahlen und mögliche Abwahlen von US-Präsident:in und Bundeskanzler:in

🗳 Das US-Volk wählt den US-Präsidenten indirekt. Bei der Präsidentschaftswahl geht es nur um die beiden Kandidaten. Wer im jeweiligen Bundesstaat gewonnen hat, wird über ein kompliziertes System mit Wahlmännern bestimmt -  und zwar immer an Dienstagen.

🗨 In Deutschland wählt die Bevölkerung über Parteien und Direktkandidaten die Abgeordneten des Parlaments. Diese wiederum wählen den oder die Bundeskanzler:in. Vorgeschlagen hat diese:n zuvor der oder die Bundespräsident:in.

📅 Sowohl US-Präsident:in als auch Bundeskanzler:in regieren vier Jahre. Aber amerikanische Amtsinhaber:innen dürfen nur einmal wiedergewählt werden. In Deutschland gibt es diese Beschränkung nicht - theoretisch kann ein:e Kanzler:in unbegrenzt im Amt sein. Angela Merkel regierte 16 Jahre lang.

🛑 Der oder die Bundeskanzler:in ist während der Amtszeit auf die Abgeordneten bzw. eine Mehrheit angewiesen. Diese können ihn ansonsten mithilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums abwählen.

📜 Der oder die US-Präsident:in bleibt dagegen unabhängig von Kongress und Senat - jedenfalls, was seine oder ihre Position angeht. Sie können ihn oder sie nicht abwählen oder absetzen. Möglich ist das nur durch ein Amtsenthebungs-Verfahren (impeachment), das das Repräsentantenhaus mit einer einfachen Mehrheit anstößt. Für einen Schuldspruch ist eine Zweidrittelmehrheit des Senats notwendig.

🖋 Gegen Donald Trump wurde zweimal Anklage erhoben, die Mehrheit im mehrheitlich republikanisch besetzten Senat kam aber nicht zustande.

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Die wichtigsten Fragen zur Macht von US-Präsident:innen

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