Wahre Verbrechen
Der mysteriöse Fall Amanda Knox: Ist der "Engel mit den Eisaugen" wirklich unschuldig?
- Aktualisiert: 02.09.2024
- 21:15 Uhr
Der Fall Amanda Knox machte weltweit Schlagzeilen, als sie 2009 wegen Mordes an ihrer Mitbewohnerin angeklagt wurde. Doch was steckt wirklich hinter der Geschichte und warum nimmt sie kein Ende?
Das Wichtigste in Kürze
Am 01. November 2007 wurde die 21-jährige britische Austauschstudentin Meredith Kercher ermordet in ihrer Wohnung im italienischen Perugia aufgefunden.
Mitbewohnerin Amanda Knox war eine der Hauptverdächtigen. Zunächst wurde sie wegen Mordes verurteilt und saß vier Jahre lang im italienischen Gefängnis.
Nach einer Berufung wurde sie durch das Oberste Gericht Italiens freigesprochen.
Mord an Austauschstudentin sorgt weltweit für Aufsehen
Der Fall machte Schlagzeilen: Am 01. November 2007 wurde die Leiche der damals 21-jährigen britischen Austauschstudentin Meredith Kercher im italienischen Perugia gefunden. Sie wurde nicht nur getötet, sondern auch vergewaltigt und beraubt. Schon kurz darauf nahm die Polizei den 20-jährigen Drogendealer Rudy Hermann Guede fest, den man des Mordes anklagte. Kerchers Mitbewohnerin Amanda Knox aus Seattle und deren Freund Raffaele Sollecito aus Bari wurden von der Staatsanwaltschaft der Mittäterschaft beschuldigt und ebenfalls des Mordes angeklagt. Lange Zeit war unklar, ob die beiden wirklich etwas mit der Tat zu tun hatten, jedoch kam das Gericht letztendlich zu einem Urteil.
Der Mord an Meredith Kercher sorgte deshalb für derart großes Aufsehen, da der Staatsanwalt Giuliano Mignini in der Anklage von einem "satanischen Ritus" und "dämonischen Motiven" gesprochen hatte. Dies konnte jedoch niemals bewiesen werden und wurde vom Gericht schon im ersten Schuldspruch verworfen. Das Medieninteresse hielt sich durch die zahlreichen Wendungen des Falls jedoch über Jahre. Der Fokus lag auf Amanda Knox, die die deutsche Presse als "Engel mit den Eisaugen" bezeichnete.
Was passierte mit Meredith Kercher?
Nach dem rechtsmedizinischen Gutachten starb Meredith Kercher am 01. November zwischen 21 Uhr und 4 Uhr aufgrund von massivem Blutverlust. Es wurden diverse Stichverletzungen am Hals festgestellt, außerdem wurde sie möglicherweise stranguliert und erstickt.
Der damals 23-jährige Informatikstudent Raffaele Sollecito rief am darauffolgenden Mittag vom Tatort aus bei der Polizei an und meldete einen Einbruch, Blutspuren sowie eine vermisste Person. Bei ihm war seine 20-jährige Freundin Amanda Knox. In der Wohnung fanden die Ermittelnden zahlreiche Blutflecken vor. Die Leiche wurde unter einer auf dem Boden liegenden Decke entdeckt. Neben den beiden Mobiltelefonen fehlten aus dem Besitz des Opfers auch ihre Wohnungsschlüssel, zwei Kreditkarten sowie 300 Euro in bar.
Nur wenige Tage später wurde Rudy Hermann Guede verdächtigt, da sowohl seine blutigen Fingerabdrücke als auch seine DNS an der Toten festgestellt werden konnten. Er war geständig, beschuldigte aber ebenso Knox und Sollecito der Tat. Das Ermittlungs-Team bewertete die Alibis von Knox und Sollecito als schwach und ihre Aussagen als widersprüchlich. Hinzu kam, dass Knox sich laut Aussagen der Polizei in den Tagen nach der Tat auffällig und "äußerst seltsam" verhielt. Bei ihrem Verhör beschuldigte Amanda Knox Patrick Lumumba, einen Barmann, der allerdings nichts mit der Tat zu tun hatte. Dies machte ihre Aussage noch unglaubwürdiger, und schon am folgenden Tag nahm sie die Behauptung in einer vierseitigen handgeschriebenen Nachricht zurück.
Im Clip: Der "Engel mit den Eisaugen" ist zurück - Amanda Knox wieder vor Gericht
Hartes Urteil im Prozess
Bei dem Prozess von Knox und Sollecito handelte es sich ausschließlich um einen Indizienprozess, da es, anders als bei Rudy Hermann Guede, weder eindeutige Beweise für die Tat noch ein Geständnis gab. Am 4. Dezember 2009 ging das Geschworenengericht in seinem Urteil von einer Beteiligung mehrerer Personen an dem Mord aus und verurteilte Sollecito zu 25 und Knox zu 26 Jahren Haft. In den nächsten Jahren wurde das Urteil von den Verteidiger:innen angefochten. Durch neue Gutachten und nachgewiesene Ermittlungsfehler kam es 2015 durch das Oberste Gericht Italiens zu einem abschließenden Urteil. Sowohl Knox als auch Sollecito wurden freigesprochen.
Am 23. Januar 2019 sprach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Amanda Knox eine Entschädigung in Höhe von 18.000 Euro zu, vom italienischen Staat zu zahlen. Grund dafür war, dass die damals 20 Jahre alte amerikanische Studentin bei ihrem ersten Verhör 14 Stunden lang festgehalten wurde und ihr sämtliche Rechte wie der Beistand eines Rechtsanwaltes sowie eines Dolmetschers verweigert wurde. Zudem ist die italienische Justiz Knox' Beschwerden über das Verhalten der Polizisten nicht nachgegangen. Gemäß dem Urteil der Straßburger Richter:innen verletzten Ermittelnde in verfahrensrechtlicher Hinsicht sogar das Folterverbot.
Ist Amanda Knox wirklich unschuldig?
Immer noch halten sich Gerüchte, Amanda Knox habe doch etwas mit der Tat zu tun. Dafür gibt es allerdings keine Beweise. Lediglich aufgrund der Verleumdung Lumumbas, den sie in der Nacht von ihrem ersten Verhör zu Unrecht beschuldigte, wurde sie zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Da sie zwischen 2011 und 2014 schon vier Jahre unschuldig im italienischen Gefängnis saß, musste sie die Haftstrafe nicht antreten. Diverse Podcasts und eine Serie befassen sich ausführlich mit dem Fall Amanda Knox. Sie selbst brachte 2013 ein Buch heraus: "Zeit, gehört zu werden".
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