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Erd-Erwärmung

Wie viele Wissenschaftler glauben an den Klimawandel?

  • Veröffentlicht: 10.07.2024
  • 05:00 Uhr
  • Christian Stüwe

Klimaforscher:innen sind sich einig, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Trotzdem wird er immer wieder geleugnet. Warum das so ist, was das für Folgen hat und was sich jetzt ändern muss.

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Das Wichtigste in Kürze zum Thema Klimawandel

  • Die durchschnittliche Temperatur in der Atmosphäre und den Meeren steigt, Extremwetter-Ereignisse werden häufiger.

  • Die Auswirkungen des Klimawandels werden auch in Mitteleuropa immer deutlicher spürbar.

  • Trotzdem gibt es Menschen, die am menschengemachten Klimawandel zweifeln oder ihn sogar leugnen.

  • Das hängt teilweise auch mit politischen und wirtschaftlichen Interessen zusammen, die die Debatte um den Klimawandel beeinflussen.

  • In der Wissenschaft gibt es allerdings einen fast 100-prozentigen Konsens, dass der Klimawandel menschengemacht und eine existenzielle Bedrohung ist.

Inhalt

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Der wissenschaftliche Konsens beim Klimawandel

Die Durchschnitts-Temperatur in der Atmosphäre und in den Meeren steigt, mit schwerwiegenden Folgen für Mensch und Natur. Die globale Erwärmung und ihre Folgen werden die Menschheit in den nächsten Jahren, Jahrzehnten und vielleicht sogar Jahrhunderten beschäftigen, der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung für unsere Zivilisation und das Leben auf der Erde.

Obwohl sich die Auswirkungen der Erderwärmung auch in Mitteleuropa immer deutlicher zeigen, gibt es aber weiterhin Menschen, die am menschengemachten Klimawandel zweifeln oder ihn sogar leugnen. "Wie viele Wissenschaftler glauben an den Klimawandel?" war in 2023 die am häufigsten gesuchte Frage in den Suchmaschinen des Internets im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Die Antwort darauf ist eindeutig. Es gibt einen starken wissenschaftlichen Konsens darüber, dass sich die Erde erwärmt und dass der Mensch für diese Entwicklung verantwortlich ist. Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab, dass 99 Prozent aller veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten und Studien zu diesem Ergebnis kommen. Die wenigen Veröffentlichungen, die zu einem anderen Ergebnis kamen, waren fehlerhaft oder ließen sich nicht wiederholen.

Die durchschnittlichen Temperaturen steigen weltweit.
Die durchschnittlichen Temperaturen steigen weltweit.© Picture Alliance / Zoonar | DesignI

Welche wissenschaftlichen Beweise gibt es dafür, dass der Klimawandel menschengemacht ist?

Im Frühjahr 2024 veröffentlichte die Weltorganisation für Meteorologie der Vereinten Nationen einen alarmierenden Bericht, dem zufolge die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre im Jahr 2023 so hoch war wie noch nie zuvor. Die Konzentration von Kohlenstoffdioxid (C02) lag mehr als 50 Prozent höher als in der vorindustriellen Zeit, das Jahr 2023 war das heißeste seit Beginn der Temperatur-Aufzeichnungen.

Die Messungen zeigten auch deutlich größere Mengen von Methan und des als Lachgas bekannten Distickstoffmonoxid in der Atmosphäre. Verantwortlich dafür ist der Mensch, CO2 entsteht vor allem bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen zur Energiegewinnung, in der Industrie oder im Verkehr. Der Anstieg des Methans ist eng mit der Landwirtschaft und Massentierhaltung verknüpft, das Treibhausgas entsteht bei der Verdauung in den Mägen von Nutztieren. Auch Lachgas, das aggressivste Treibhausgas, ist ein Nebenprodukt nicht nachhaltiger Landwirtschaft und wird zum Beispiel durch die Verwendung stickstoffhaltiger Düngemittel freigesetzt.

Dass der Mensch für die höheren Konzentrationen der Treibhausgase verantwortlich ist, beweist ein Blick zurück. Die Emissionen stiegen mit dem Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert sprunghaft an und erreichen seitdem immer neue Rekordwerte, wie der Vergleich des Jahres 2022 mit dem Jahr 1750 zeigt.

Grafik: B. Bolte, Redaktion: A. Brühl
Grafik: B. Bolte, Redaktion: A. Brühl © Picture Alliance/dpa/dpa Grafik | dpa-infografik GmbH

Messbar sind auch die gestiegenen Temperaturen in der Atmosphäre und in den Meeren. Die Durchschnitts-Temperatur an der Erdoberfläche lag in 2023 1,45 Grad über dem vorindustriellen Vergleichswert. Seit im Jahr 1850 damit begonnen wurde, Temperaturen aufzuzeichnen, war es nie wärmer. Was besonders beunruhigend ist: Die zehn wärmsten Jahren in den 174 Jahren der Temperatur-Aufzeichnung waren die letzten zehn.

Auch die Ozeane sind so warm wie noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte. Die Anomalie der Oberflächentemperatur der Meere lag im Jahr 2023 bei 0,91 Grad, der Anstieg ist seit den späten 70er-Jahren stetig.

Dabei kommt vor allem den Weltmeeren beim Klima eine entscheidende Bedeutung zu. Sie nehmen gigantische Mengen an Wärme auf und regulieren sodass Klima und federn die Erderwärmung ab. Allerdings ist es die Frage, wie lange die Ozeane noch Klimaregulatoren sein können und wann der Kipppunkt erreicht ist. Seit 1993 hat sich die Erwärmung der Meere verdoppelt, was die Gefahr von verheerenden Wirbelstürmen und heftigen Regenfällen verstärkt.

Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich auch an den schmelzenden Gletschern und dem schmelzenden Eis in Arktis und Antarktis beobachten. Das Abschmelzen der gigantischen Eismassen verursacht einen Anstieg der Meeresspiegel, was besonders für küstennahe, tief liegende Gebiete eine große Gefahr ist.

Die wissenschaftlichen Beweise für den menschengemachten Klimawandel und seine Auswirkungen sind eindeutig und nicht von der Hand zu weisen.

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Wie hat sich die wissenschaftliche Meinung zum Klimawandel entwickelt?

Dass sich das Klima verändert, ist keine neue Erkenntnis. Erstmals beschrieben wurde der Treibhauseffekt vom französischen Mathematiker und Physiker Joseph Fourier vor 200 Jahren. Ihm fiel auf, dass ein Planet wie die Erde aufgrund der Entfernung zur Sonne eigentlich deutlich kühler sein müsste und die Atmosphäre wie ein Treibhaus funktioniert. Der Treibhauseffekt ist also zunächst einmal etwas sehr Positives, da er die Erde zu einem lebensfreundlichen Planeten macht und für das milde Klima verantwortlich ist.

Die amerikanische Forscherin Eunice Foote fand 1850 heraus, das CO2 in der Atmosphäre den Treibhauseffekt verstärkt, der schwedische Physiker und Chemiker Svante Arrhenius stellte bereits 1896 fest, dass der Mensch den Co2-Anteil in der Atmosphäre erhöht und prophezeite als Erster die Erderwärmung. Der britische Ingenieur und Erfinder Guy Steward Callendar dokumentierte 1938 die Erwärmung der Atmosphäre, was damals sogar als "Callendar-Effekt" bezeichnet wurde. Allerdings wertete der Brite das Phänomen noch positiv, da er glaubte, dass sich das Einsetzen einer neuen Eiszeit dadurch verzögern könnte.

Der erste Forscher, der wirklich Alarm schlug, war der deutsche Meteorologe Hermann Flohn. Im Jahr 1941, während des Zweiten Weltkrieges, indem Flohn Teil des Oberkommandos der Luftwaffe war, warnte er vor den unabsehbaren Folgen der menschengemachten Erderwärmung. Flohn gilt bis heute als einer der bedeutendsten Klimaforscher und als ein Pionier der Klimatologie, den weltweit ersten Klimagipfel bereitete er mit einem Gremium vor.

Young Malediven: Zwischen Tradition und Klimawandel im Inselparadies

Der 1979 in Genf stattfinde Weltklimagipfel brachte die Erderwärmung erstmals auf die politische Agenda und schuf ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit für das Thema. Die Warnungen der Wissenschaftler:innen wurden in den 80er-Jahren dringlicher, spätestens seit den 90er-Jahren besteht der starke Konsens der Wissenschaft, dass der Klimawandel eine große Gefahr für die Menschheit ist.

Die Politik weltweit reagierte und reagiert allerdings nur langsam auf die Forderungen zu mehr und besserem Klimaschutz. Im Dezember 2015 einigten sich 197 Länder bei der UN-Klimakonferenz in Paris auf ein globales Klimaschutz-Abkommen, das auch von Deutschland und der gesamten Europäischen Union ratifiziert wurde.

Das große Ziel des Klimaschutz-Abkommens ist es, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf zwei Grad Celsius zu begrenzen und Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 Grad Celsius zu unternehmen. Tatsächlich hat die weltweite Emission von Treibhausgasen seitdem zumindest deutlich weniger zugenommen und ist nur noch um wenige Prozentpunkte gestiegen. Um das Ziel einer Erwärmung von unter zwei Grad Celsius zu erreichen, müssten die Emissionen allerdings bis zum Ende dieses Jahrzehnts halbiert werden. Was derzeit kaum erreichbar scheint, da es auch eine starke Gegenbewegung zum Klimaschutz gibt.

Welche Rolle spielen politische und wirtschaftliche Interessen in der Debatte um den Klimawandel?

Die größten Verursacher der Emissionen von Treibhausgasen sind die Energie-Erzeuger, die Industrie, der Verkehr und die Landwirtschaft, die Massentierhaltung und der Bau und die Benutzung von Gebäuden. Alle diese Sektoren sind wirtschaftlich sehr bedeutend und spielen in unseren Leben eine wichtige Rolle. Diese Wirtschaftszweige zu transformieren und nachhaltiger zu gestalten, ist der Schlüssel für effektiven Klimaschutz.

Das große Problem dabei ist, das in diesen Sektoren über Jahrzehnte wirtschaftlich sehr erfolgreich gearbeitet wurde und der Wille zur Transformation teilweise nicht sonderlich stark ausgeprägt ist. Für die Wirtschaft der Erdöl fördernden Länder oder das Geschäftsmodell der einflussreichen Mineralölkonzerne wäre beispielsweise ein weltweites Verbot für die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotor, wie es die EU für 2035 beschlossen hat, existenzbedrohend.

Ähnliches gilt für die Lebensmittelindustrie, die von der Massentierhaltung und nicht nachhaltiger Landwirtschaft profitiert. Aber auch auf der Verbraucherseite gibt es viele Menschen, die ihre Gewohnheiten nicht ändern wollen. Menschen, die weiter Autos mit Verbrennungsmotor fahren und günstiges Fleisch in großen Mengen konsumieren wollen.

Selbstverständlich spielen diese Interessen auch in der Politik eine große Rolle. Vor allem konservative Parteien und Politiker:innen versuchen die Interessen klimaschädigender Wirtschaftszweige zu schützen oder kämpfen um die Gunst der nicht zu Veränderungen bereiten Wähler:innen, indem sie Maßnahmen zum Klimaschutz einschränken wollen.

Im Video: Eine Nuss als Schlüssel gegen den Klimawandel?

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Warum leugnen Menschen den Klimawandel?

Um das Klima effektiv zu schützen, müssten vor allem die Menschen in den reichen westlichen Ländern ihre Gewohnheiten ändern. Konkret könnte das bedeuten, weniger Fleisch zu konsumieren, nachhaltigere Landwirtschaft zu betreiben, Autos ohne CO2-Ausstoß zu fahren und weniger Flugreisen zu unternehmen. Auch im Energiesektor müsste die Wende hin zu nachhaltiger Energie aus Wind und Sonne gelingen.

Auch wenn die wissenschaftlichen Beweise für die Erderwärmung eindeutig sind, bleiben diese Menschen skeptisch. Wenn es beispielsweise im deutschen Sommer viel regnet, wird immer wieder angeführt, dass dies ein Gegenbeweis für die Erderwärmung sei. Dabei kann sich der Klimawandel gerade in unseren Breiten durch Unwetter und Starkregen äußern.

Auch der Ex- und Vielleicht-bald-wieder-Präsident Donald Trump kann als Klimaleugner bezeichnet werden. Ob aus Überzeugung oder weil er vermutet, damit die Interessen seiner Wählerschaft anzusprechen, ist schwer zu sagen. Weltweit sind es vor allem rechtspopulistische Parteien und Politiker:innen, die den Klimawandel leugnen und dafür Zuspruch von ihrer Wählerschaft erhalten. Alles soll so bleiben, wie es ist, nichts muss geändert werden, das sind die Versprechen, mit denen Rechtspopulisten bei ihren Wähler:innen punkten. Hinter Klimaleugnung steckt also oft politisches Kalkül.

Und dann gibt es auch noch diverse Verschwörungserzählungen zum Thema Klimawandel. Etwa dass das Klima durch Chemtrails manipuliert werde, oder dass der Klimawandel als Vorbereitung des "Great Resets" diene, dem angeblichen großen Neustart der menschlichen Gesellschaft.

Die häufigsten Fragen zum Klimawandel

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