Menschenrechte für Affen: Sollten auch sie Grundrechte haben?
- Veröffentlicht: 10.02.2022
- 16:00 Uhr
- Galileo
Im Schweizer Kanton Basel-Stadt können die Menschen sehr bald entscheiden, ob neben dem Mensch auch andere Primaten Grundrechte haben sollen. Was sind die Argumente? Im Clip: Orang-Utan-Dame Sandra kommt frei.
Das Wichtigste zum Thema Grundrechte für Menschenaffen
Weltweit kämpfen Organisationen und Initiativen für die Grundrechte von Primaten - also das Recht auf Leben sowie auf körperliche und geistige Unversehrtheit.
Noch im Jahr 2018 hat das Basler Parlament einen Antrag der Initiative Sentience Politics dafür abgelehnt. Die Begründung: eine solche Verfassungsänderung sei auf kantonaler Ebene nicht zulässig.
Das Schweizer Bundesgericht sah das anders und hatte die Abstimmung für zulässig erklärt. Die Bevölkerung in Basel kann nun darüber entscheiden, ob neben dem Menschen auch andere Primaten Grundrechte haben sollen - weltweit zum ersten Mal. Neben kleineren Primaten wie Lemuren oder Makaken betrifft das potentielle Gesetz auch Menschenaffen wie Gorillas und Orang-Utans.
Die Begründung der Initiative: Auch Affen seien hochintelligent. Insgesamt gibt es fast 300 Primaten-Arten, die dem Menschen in vielerlei Hinsicht ähneln. Deshalb stünden ihnen auch verfassungsmäßig garantierte Grundrechte zu.
Wie ähnlich sind uns Menschenaffen? Was sind die Argumente der Debatte? Das erfährst du auf dieser Seite!
Menschenaffen: Schon der Name verrät die Ähnlichkeit
🧠 Sie haben größere Gehirne als andere Säugetiere.
💉 Sie empfinden körperliche und psychische Schmerzen - was sie laut "Sentience" für Tierversuche besonders interessant mache.
🤝 Sie haben komplexe Sozialstrukturen, leben in einer Gemeinschaft, empfinden Empathie, kümmern sich, schmusen gern und versöhnen sich nach einem Streit. Mit Menschen können sie in Zeichensprache kommunizieren.
🤣 Sie haben Gefühle - und äußern sie auch. Forscher vermuten, dass hinter dem "Affenbrüllen" eine Art Grummeln steckt. Und auch das freche Lachen der Affen bilden wir uns nicht ein.
😥 Sie empfinden Trauer: Stirbt ein Mitglied der Affenfamilie, streicheln die anderen den Verstorbenen und halten teils Totenwache - auch um sicherzugehen, dass der Artgenosse wirklich nicht mehr lebt. Das bedeutet auch: Affen kennen den Unterschied von Leben und Tod.
💭 Sie haben ein Verständnis für Zeit, können sich sowohl an vergangene Ereignisse erinnern als auch für die Zukunft planen.
Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans: Die Menschenaffen
Menschenrechte für Affen: Sollten auch sie Grundrechte haben?
Grundrechte für Affen: Darüber entscheidet die Bevölkerung in Basel
Sollen die Grundrechte für Primaten in die Verfassung des Kantons Basel-Stadt aufgenommen werden? Darüber können auf Initiative von Sentience Politics am 13. Februar die Menschen in Basel im Rahmen einer Volksabstimmung entscheiden.
Konkret soll die Verfassung um einen Absatz ergänzt werden - in Paragraph 11 unter der Überschrift "Grundrechtsgarantien". Dort soll dann auch "das Recht von nichtmenschlichen Primaten auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit" verankert sein.
Die Änderung würde dann nur im Bereich des Kantons Basel-Stadt gelten, und auch dort nur für kantonale oder kommunale Institutionen.
Gegenwind kommt aus der ansässigen Pharma-Industrie und der Schweizer Zoo-Vereinigung. Sie befürchten, dass das Gesetz Hindernisse für künftige Forschungen und die Zoohaltung von Affen betreffen könnte.
Primaten sollen laut der Initiative auch künftig in Tierparks gehalten werden können, auch die Nutzung zu Forschungszwecken soll möglich bleiben. Aber: Die Grundrechte der Tiere dürfen dabei nicht verletzt werden, sie dürften also nicht körperlich oder geistig Schaden nehmen. Belastende Tierversuche und das Einschläfern der Tiere wären damit ausgeschlossen.
Basel soll der Primaten-Initiative zufolge nur der Startschuss für ein weltumspannendes Projekt zum modernen Tierschutz sein.
Weltweiter Kampf von Tierschützer:innen
🐘 Die Elefantenkuh "Happy" lebt seit knapp 15 Jahren allein in einem New Yorker Zoo. Bei einem Experiment erkannte sich die Elefantendame selbst in einem Spiegel und lieferte damit einen Beleg für ein Ich-Bewusstsein - etwas, das bis dahin nur bei Menschenaffen und Delfinen beobachtet wurde.
🐘 Deshalb wollen Tierschützer:innen aktuell für "Happy" eine bedürfnisgerechtere Haltung durchsetzen und sie mit Artgenossen zusammenbringen. Geht die Klage durch, könnte die Elefantenkuh der erste Elefant sein, der als Person vor Gericht anerkannt wird.
🐒 In Argentinien hatte die Schimpansen-Dame "Cecilia" bereits 2016 vor Gericht dieses Recht gewonnen. Der Menschenaffe wurde nach vielen Jahren aus einem Einzel-Gehege in ein brasilianisches Reservat übersiedelt.
🦧 In Deutschland setzt sich die Giordano Bruno Stiftung Stiftung seit 2011 für das "Great Ape Project" ein und kämpft damit für Grundrechte für Gorillas, Orang Utans & Co. Tierschützer:innen erhoffen sich mit der Entscheidung aus Basel auch einen Anstoß für weitere Diskussionen.
Grundrechte für Tiere: Auch in Deutschland läuft die Debatte
Die Tierrechtsorganisation PETA klagte vor dem Bundesverfassungsgericht im Namen von Millionen Ferkeln. Der Grund: Jedes Jahr werden in Deutschland rund 20 Millionen männliche Ferkel kurz nach der Geburt kastriert - viele davon ohne Betäubung. Die Kastration soll den für manche Menschen unangenehmen "Ebergeruch" bei der Fleisch-Zubereitung vermeiden.
Mit der Klage wollte PETA erreichen, dass auch Tiere - nicht nur menschenähnliche Primaten - als Träger von Grundrechten anerkannt werden. Das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage 2021 ab. Die Tierschutz-Organisation kritisierte den Beschluss in einer Stellungnahme.
Befürworter sehen in Grundrechten für Tiere einen Weg, Tierleid zu verhindern. Gegner halten die Forderung für übertrieben. Alle Argumente dafür und dagegen findest du hier oder im Clip (unten).