Schuldenbremse: Was beinhaltet das Gesetz?
- Veröffentlicht: 10.06.2022
- 08:45 Uhr
- Galileo
In Deutschland gilt die Schuldenbremse. Sie verpflichtet den Bund und die Länder dazu, kaum bis keine neuen Schulden aufzunehmen. Was genau regelt das Gesetz? Warum ist es so umstritten? Auf dieser Seite geben wir dir Antworten.
Das Wichtigste zum Thema Schuldenbremse
Bei der sogenannten Schuldenbremse handelt es sich rein formal um ein Gesetz im Grundgesetz. Es schreibt vor, dass der Bund kaum und die Bundesländer keine neuen Schulden machen dürfen.
Das übergeordnete Ziel ist es, langfristig gesund zu wirtschaften. So soll Deutschland vor einer Staatspleite bewahrt werden.
Alltagssprachlich fällt in dem Zusammenhang häufig auch der Ausdruck "Schwarze Null". Er ist die Forderung nach gar keiner Neuverschuldung. Für den Bund ist dieser Anspruch aber eher eine Orientierung, sie ist nicht gesetzlich verankert.
Was die "Schuldenbremse" umfasst
Die Schuldenbremse legt gesetzlich fest, dass Deutschland pro Jahr lediglich neue Schulden aufnehmen darf, die höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) entsprechen.
Ausnahmen von dieser gesetzlichen Regel sind allein zur Krisenbewältigung in Extremsituationen wie Weltwirtschaftskrisen, Naturkatastrophen oder Pandemien erlaubt. Wird die Schuldenbremse ausnahmsweise ausgesetzt, ist ein Plan zur Tilgung der Schulden verpflichtend.
Beispiel-Rechnung für 2021
Das BIP ist die zentrale Einheit, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes anzugeben. Es errechnet sich aus dem Wert aller Waren und Dienstleistungen - von einem Tisch über ein Auto bis zu oder einer Fach-Beratung - in einem Land in einem festgelegten Zeitraum.
Im Jahr 2021 betrug das BIP in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt 3,571 Billionen (3.571 Milliarden) Euro. Dementsprechend hätte Deutschland gemäß der Schuldenbremse rund 12,5 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen dürfen.
Aufgrund der Corona-Pandemie war die Schuldenbremse jedoch ausgesetzt. Stattdessen machte Deutschland, um die globale Krise zu bekämpfen, laut der Deutschen Bundesbank 162 Milliarden Euro neue Schulden. Das entspricht im Verhältnis zum BIP einer Quote von rund 4,5 Prozent.
Warum es die Schuldenbremse gibt
⚖ Das übergeordnete Ziel der Schuldenbremse ist es, Deutschlands Staatskonto ohne Kredite ausgeglichen zu halten. Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt: bloß so viel Geld ausgeben, wie in erster Linie durch Steuereinnahmen reinkommt.
🤑 Letztlich geht es somit darum, Deutschland vor einem Staatsbankrott - also einer Pleite wie infolge der beiden Weltkriege - zu bewahren.
📊 Mit der Schuldenbremse reguliert Deutschland seine Finanzen strenger, als es die Vorgaben der Europäischen Union (EU) erfordern.
📜 Nach dem Vertrag von Maastricht soll das jährliche Haushaltsdefizit eines Landes nicht über 3 Prozent und der Schuldenstand nicht über 60 Prozent des BIP liegen. Im Jahr 2012 verschärfte die EU die Vorgaben mit dem Fiskalvertrag: Seitdem soll das Defizit die Grenze von 0,5 Prozent des BIP nicht übersteigen.
📈 Die Staatsverschuldung in Deutschland lag 2021 bei 69,3 Prozent. Infolge der Finanzkrise 2009 betrug die Staatsschulden-Quote sogar über 80 Prozent. Bis vor dem Beginn der Corona-Pandemie war der Wert hingegen bis auf 59,6 Prozent im Jahr 2019 gesunken.
Seit wann die Schuldenbremse gilt
Nach der Finanzkrise haben der Bundestag und der Bundesrat im Jahr 2009 die Schuldenbremse als einen Bestandteil des Grundgesetzes beschlossen.
Zum ersten Mal angewendet wurde die Schuldenbremse für den Bundeshaushalt im Jahr 2011. Der Grenzwert für Neu-Schulden von 0,35 Prozent des BIP gilt aber erst seit 2016.
Davor war abzusehen, dass die strenge Vorgabe infolge der Finanzkrise nicht einzuhalten gewesen wäre. Deshalb gab es zunächst eine Übergangsregelung, während der die Neuverschuldung schrittweise verringert werden musste.
Für die Bundesländer im föderalistischen Deutschland gilt seit 2020 die Vorgabe für ausgeglichene Haushalte. Sie dürfen seitdem gar keine neuen Schulden aufnehmen.
Was Befürworter:innen zur Schuldenbremse sagen
👍 Nach der Meinung der Befürworter:innen spricht für die Schuldenbremse vor allem: Sie zeigt Wirkung. Dank ihr habe Deutschland durch den zuvor verringerten Schuldenstand den notwendigen finanziellen Spielraum in der andauernden Corona-Krise für staatliche Hilfspakete.
👶 Ohnehin sei gesundes Wirtschaften langfristig eine Frage der Generationen-Gerechtigkeit. Künftigen Generationen dürfe kein zu großer Schuldenberg hinterlassen werden.
🇪🇺 Zudem wichtig: Deutschland gehört zum Euro-Raum, die Finanzen stehen daher stets in Zusammenhang mit den Partnerländern. Eine niedrige Staatsverschuldung ist daher auch zum Wohle der Währungsgemeinschaft. Das haben in der jüngeren Vergangenheit die Gegenbeispiele Italien und Griechenland bewiesen.
Was Gegner:innen von der Schuldenbremse halten
👎 Für Kritiker:innen ist die Schuldenbremse eher eine Investitionsbremse. Die Gesellschaft stehe insbesondere durch den Klimawandel und die Digitalisierung vor großen Herausforderungen, die dringend umfassende Ausgaben benötigen.
😌 Dabei gelte in Zeiten anhaltend niedriger Zinsen und - zumindest vor der Corona-Pandemie - wirtschaftlichen Wachstums: Investitionen durch Kredite seien ein berechenbares finanzielles Risiko.
🙈 Darüber hinaus gibt es strukturelle Kritik: Für die Überwachung der Bundes- und Länder-Haushalte ist der sogenannte Stabilitätsrat zuständig. Zu dessen Mitgliedern gehören allerdings die Finanzminister:innen des Bundes und der Länder - man kontrolliert sich also praktisch selbst.
Wie stehst du zur Schuldenbremse?
FAQ zum Thema Schuldenbremse
Die Schuldenbremse ist eine grundgesetzliche Vorschrift, laut der Deutschland neue Schulden höchstens im Wert von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aufnehmen darf. Ausnahmen sind lediglich in extremen Krisensituationen erlaubt und erfordern einen Tilgungsplan.
Bundestag und Bundesrat haben die Schuldenbremse für den Bund nach der Finanzkrise im Jahr 2009 als Teil des Grundgesetzes beschlossen. Für die Bundesländer gilt die Schuldenbremse seit 2020.
Durch die Einhaltung der Schuldenbremse bis zum Beginn der Corona-Pandemie hat Deutschland seine Staatsschulden-Quote in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis auf 59,6 Prozent gesenkt. Damit erfüllte Deutschland die Zielvorgabe der Europäischen Union von einem Schuldenstand von unter 60 Prozent des BIP. Zur Bewältigung der Corona-Krise nahm Deutschland jedoch viele neue Schulden auf: Im Jahr 2021 etwa übertraf die Neuverschuldung mit rund 4,5 Prozent des BIP den Grenzwert von 0,35 Prozent deutlich. In dem Jahr stieg Deutschlands Schulden-Quote auf 69,3 Prozent.