Ratten: Darum sind die Nagetiere so besonders
- Veröffentlicht: 30.08.2023
- 08:45 Uhr
- Heike Predikant
Ratten sind nicht gerade beliebt, aber sie haben erstaunliche Fähigkeiten. Alles, was du über die hoch entwickelten Sinne und die sportlichen Talente der kleinen Nager wissen musst, erfährst du hier. Im Clip: Ratten in New York City.
Das Wichtigste zum Thema Ratten
Ratten gehören zur Familie der Nagetiere. Von ihnen gibt’s weltweit etwa 65 Arten, die meisten sind in Südostasien, Neuguinea und Australien verbreitet.
Nach Europa gelangten die Mäuseartigen mit Schiffen oder Warenlieferungen. Erstmals erwähnt wurden die tierischen Einwanderer im dritten Jahrhundert nach Christus.
In Deutschland kommen zwei wild lebende Arten vor: die Wanderratte und die Hausratte, die auf der Roten Liste steht und vom Aussterben bedroht ist. Insgesamt schätzt man den heimischen Bestand auf mehr als 300 Millionen Exemplare.
Der Ratten-Steckbrief
Name: Ratte (Rattus)
Kopf-Rumpf-Länge: bis 30 Zentimeter
Gewicht: bis 500 Gramm
Schwanzlänge: bis 32 Zentimeter
Nahrung: pflanzliche und tierische Kost
Paarungszeit: ganzjährig
Tragezeit: 20 bis 24 Tage
Wurfgröße: durchschnittlich 8 bis 9 Jungtiere
Fressfeinde: Hunde, Katzen, Füchse, Marder, Wiesel, Iltisse, Greifvögel
Lebenserwartung: bis 3 Jahre
Das Aussehen der Ratte: So unterscheiden sich Hausratte, Wanderratte und Farbratte
Ratten: Darum sind die Nagetiere so besonders
Ratten: Merkmale und Besonderheiten
Typisch Nagetier! Ratten verfügen über ein Gebiss mit 16 Zähnen, das sich speziell fürs Nagen entwickelt hat. Dazu gehören je zwei meißel-artige Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer. Der sichtbare Teil des oberen Paares ist etwa 5 Millimeter, das untere Paar doppelt so lang. Die Beißerchen sind so hart und scharf, dass sich Ratten damit durch Holz, Metall und Beton fressen können. Abnutzung? Kein Problem. Die gekrümmten Nagezähne schärfen sich gegenseitig und wachsen ein Rattenleben lang nach.
Der Schwanz der Ratte ist ein Multifunktions-Tool. Über ihn wird nicht nur die Körpertemperatur geregelt. Er dient auch als Kletterhilfe, sorgt für Balance und Stabilität. Abgesehen davon nutzen Ratten ihr geschupptes Anhängsel für die Kommunikation mit Artgenossen.
Sportlich sind die kleinen Nager obendrein. Sie können bis zu 800 Meter am Stück schwimmen und unter Wasser drei Minuten lang ihren Atem anhalten. Außerdem legen sie beachtliche Sprünge hin, bis zu 1,5 Meter hoch und bis zu 1,2 Meter weit.
Größe und Gewicht: Wie groß Ratten werden und wie schwer
Tierisch gut vermessen: Laut dem Umweltbundesamt haben Hausratten eine Kopf-Rumpf-Länge von 16 bis 24 Zentimetern und ein Gewicht von 150 bis 200 Gramm. Die kräftig gebauten Wanderratten können bis zu 30 Zentimeter lang und bis zu 500 Gramm schwer werden.
Lebensraum und Lebensweise der Ratten
Ratten kommen prinzipiell dort vor, wo es Nahrung und Nistmöglichkeiten für sie gibt. Hausratten mögen es warm und trocken, daher findet man sie bei uns selten außerhalb von (Wohn-)Bauten. In Gebäuden machen sich die ursprünglichen Baumbewohner meist in den oberen Stockwerken und auf Dachböden breit und bauen ihre Nester an versteckten Orten. Ansonsten gehören Getreidespeicher, Tierhaltungsbetriebe und Bauernhöfe zu ihren Tummelplätzen.
In der Kanalisation halten sich ausschließlich Wanderratten auf, die sich in feuchten Gefilden wohlfühlen. Im Freien treiben sie sich gern an Teichufern und Bachläufen herum sowie in Parkanlagen. Wer einen Garten hat, kann auch dort von ihnen Besuch bekommen. Ihre Nester legen Wanderratten häufig als Erdbauten an. Um an Futter zu gelangen, suchen sie unter anderem Lagerhäuser, Schlachthöfe und Mülldeponien auf.
Üblicherweise sind Ratten dämmerungs- und nachtaktiv. Sie gelten als soziale Tiere, die in Rudeln zusammenleben. Innerhalb einer Gruppe gibt es eine Rangordnung, durch die Konflikte vermieden werden. Mitglieder erkennen sich am Geruch - auf fremde Ratten reagieren sie aggressiv. Im Fall der Fälle wird das Revier gegen Eindringlinge verteidigt.
Hausratten auf einem Dachboden
Eine Wanderratte vor ihrem Erdbau
Die rattenscharfe Sinne der Nagetiere
👃🏽 Ratten haben einen hoch entwickelten Geruchssinn. Dank ihres feinen Näschens und den etwa 2.000 Riech-Rezeptoren sind sie nicht nur in der Lage, Futterquellen über größere Distanzen aufzuspüren und ihre Artgenossen am Duft zu erkennen. Sie können auch Drogen und Minen erschnüffeln.
🐹 Die Barthaare dienen als Echolot und damit zur Orientierung. Das funktioniert so: Die Ratte stößt einen Ton aus und nimmt das Echo mit den Härchen wahr – und kann dadurch Entfernungen abschätzen und Hindernisse selbst im Dunkeln feststellen.
👂🏻 Ihre Ohren fangen Geräusche aus der Umgebung wie Schalltrichter auf. Sogar Töne, die im Ultraschallbereich liegen und das menschliche Ohr nicht mehr wahrnimmt, können Ratten hören. Die Ohren sind unabhängig voneinander beweglich, sodass die Nager in verschiedene Richtungen lauschen und Gefahren schneller erkennen können.
Rattenbabys: Die Fortpflanzung bei Ratten
Absolut vermehrungsfreudig: Ratten-Weibchen bringen bis zu sechsmal jährlich Nachwuchs zur Welt. Bei der Hausratte sind es sechs bis zwölf Junge pro Wurf, die mit rund drei Monaten geschlechtsreif werden. Die Wanderratte bringt es im Schnitt auf acht Junge pro Wurf, und die können sich schon nach etwa zwei Monaten fortpflanzen. Aus einem einzigen Ratten-Pärchen gehen also nicht selten innerhalb eines Jahres mehrere Tausend Nachkommen hervor.
Nager-Nahrung: So ernährt sich die Ratte
Ratten sind Allesfresser. Die meisten von ihnen bevorzugen Samen, Körner, Nüsse und Früchte – und ergänzen ihren Speiseplan mit Insekten und anderen Kleintieren. Manche ernähren sich zudem von Vögeln und deren Eier und auch von Fischen.
Arten, die in der Nähe des Menschen leben, holen sich ihre Nahrung in Vorratslagern, auf Feldern oder aus dem Abfall. Zur Not fressen die Tiere Papier, Leder, Seife, Textilien, Holz und was sich sonst noch so findet.
Ratten als Krankheitsüberträger: Wie gefährlich sind die Nager wirklich?
Haus- und Wanderratten schleppen verschiedene Erreger mit sich herum. Zu den mehr als 100 auf den Menschen übertragbaren Krankheiten (Zoonosen) zählen beispielsweise Leptospirose, Tuberkulose und Amöbenruhr. 2020 wurde in Deutschland erst mal das vor allem in Asien verbreitete Hantavirus von einer Hausratte auf einen Menschen übertragen.
Die Übertragung findet auf unterschiedliche Weise statt: Zum einen scheiden die Nager die Keime mit Kot, Urin oder Speichel aus – und verunreinigen damit beispielsweise auch Lebensmittel. Kommt man in Kontakt und nimmt die Keime über die Haut, die Schleimhäute oder die Atemwege auf, kann man sich infizieren. Zum anderen ist es möglich, dass bei einer Rattenplage Parasiten wie Zecken oder Flöhe von Tier zu Mensch wandern und Krankheiten (etwa Borreliose) durch Bisse weitergegeben werden.
Wer von einer Ratte gebissen oder gekratzt wird, kann am Rattenbissfieber erkranken. Ein Arztbesuch ist unbedingt nötig! Unbehandelt endet die bakterielle Infektionskrankheit, die typischerweise mit grippe-ähnlichen Symptomen und Hautausschlag einhergeht, in fünf bis zehn Prozent der Fälle tödlich.
Und noch etwas: Jeglicher Rattenbefall - ob im Haus, im Garten oder in einem Betrieb – muss beim Gesundheits- oder Ordnungsamt gemeldet werden.
Ratte als Haustier: Das sollte man beachten
🎨 Farbratten sind eine zahme Zucht-Art und daher als Haustiere geeignet. Da es sich auch bei ihnen um äußerst soziale Wesen handelt, sollte man sie mindestens zu zweit halten. Wer keinen Nachwuchs wünscht, wählt gleichgeschlechtliche Tiere.
🏠 Ein geräumiger Käfig bietet den Ratten die nötige Bewegungsfreiheit. Empfohlenes Mindestmaß: 100 x 50 x 100 cm pro Tier. Darauf achten, dass die Gitter-Abstände nicht größer als 1,2 Zentimeter sind, denn sonst können die kleinen Nager entwischen.
🪜 Ausstattung des Käfigs: Auf den Boden kommt Einstreu, zudem gehören Schlafhaus, Futternapf, Tränke und Toiletten-Schale ins Rattenheim. Um Kletter-Möglichkeiten zu schaffen, kann man Bretter als Etagen einbauen, Mini-Leitern aufstellen oder Seile anbringen. Und auch über Röhren oder Laufräder freuen sich die Nager.
💦 Reinigen sollte man den Käfig ein- bis zweimal wöchentlich. Dabei wird auch die Einstreu entfernt und frisches Material nachgefüllt. Während der Putz-Aktion sind die Nager in einer Transportbox gut aufgehoben.
🐾 Pro Tag brauchen die tierischen Mitbewohner:innen rund eine Stunde Auslauf. Dafür stellt man ihnen am besten einen begrenzten Bereich in der Wohnung zur Verfügung. Gut zu wissen: Ratten lieben Labyrinthe.
Ratte oder Maus: Was unterscheidet die Nagetiere?
🐁 Mäuse erreichen eine Kopf-Rumpf-Länge von 4,5 bis 12,5 Zentimetern und sind damit kleiner als Ratten. Aber: Sie haben im Vergleich zum Körper größere Ohren und einen längeren Schwanz.
Häufige Fragen zu Ratten
Die Nagetiere kamen vor etwa 3.000 Jahren über Fernhandels-Routen aus ihrer Heimat Asien in den Mittelmeerraum. Von dort breiteten sie sich dann weiter nach Mittel- und Nordeuropa aus. Deshalb ist manchmal auch von "Schiffsratten" die Rede.
Die dämmerungsaktiven Tiere sind optimal an lichtarme Verhältnisse angepasst. Ratten sehen nicht sehr gut, aber dafür sind Tast-, Geruchs- und Gehörsinn hervorragend ausgebildet.
Trotz ihres kleinen Körpers sind Ratten erstaunlich schnell. Auf einer kurzen Strecke würde eine Ratte eine:n Jogger:in (durchschnittlich 8 bis 12 km/h) glatt überholen – mit einer Geschwindigkeit von bis zu 18 km/h.
Ratten können Krankheiten übertragen und Tierseuchen verschleppen. Außerdem sind sie als Vorrats- und Materialschädlinge berüchtigt. Wanderratten richten durch ihre Grab- und Wühltätigkeit nicht selten auch Schäden an Deichen und Dämmen an.
Wildlebende Haus- und Wanderratten werden meist nicht älter als ein Jahr, unter günstigen Bedingungen können sie bis zu drei Jahre alt werden. Eine Farbratte, die als Haustier gehalten wird, hat eine Lebenserwartung von maximal zwei bis drei Jahren.