Ohrenkneifer bekämpfen: So verjagst du die Krabbeltiere
- Veröffentlicht: 10.07.2023
- 09:57 Uhr
- Claudia Frickel
Ohrenkneifern wird eine gruselige Eigenschaft nachgesagt: Angeblich krabbeln die Insekten nachts in deine Ohren. Aber was ist dran an diesem Gerücht? Wir verraten zudem, warum Ohrenkriecher im Garten nützlich sind, wie du sie im Haus loswirst und woher sie ihren Namen haben.
Ohrenkneifer: Die wichtigsten Fakten
Ohrenkneifer sind Insekten mit vielen Namen. Sie werden auch Ohrenkriecher, Ohrenzwicker, Ohrenschlüpfer, Ohrenhöhler genannt. Bekannt sind sie außerdem unter der Bezeichnung Ohrwürmer: Die Lieder, die du nicht mehr aus den Ohren bekommst, sind nach den Tieren bekannt.
Die nachtaktiven Insekten sind bei vielen Menschen nicht gerade beliebt. Das kann an ihrer Optik mit langen Antennen und der gefährlich aussehenden Zange liegen. Damit erinnern sie ein wenig an Kakerlaken. Zudem treten sie in großen Gruppen auf und können zur Abwehr ein stinkendes Sekret verspritzen.
Hartnäckig hält sich die Annahme, dass Ohrenkneifer Menschen gefährlich werden können. Aber das stimmt nicht: Die Tiere sind harmlos.
Ohrenkneifer zählen sogar zu den Nützlingen: Sie ernähren sich von Blattläusen und anderen Schädlingen. Nur im professionellen Obst- und Weinanbau sind sie eine Plage.
Versammeln sich in deinem Garten oder in der Wohnung zu viele Ohrenkneifer, kannst du die Insekten friedlich vertreiben - und einfach umsiedeln.
Die wichtigsten Fakten über Ohrenkneifer
Der Steckbrief des Gemeinen Ohrenkneifers
Wissenschaftlicher Name: Forficula auricularia
Ordnung: Ohrwürmer
Lebensraum: überall in Europa außer auf Island und in Nordskandinavien; zudem Nordamerika, Kaukasus, Sibirien sowie teilweise Neuseeland, Australien, Südamerika, China und Taiwan.
Größe: 1,2 bis 1,5 Zentimeter
Farbe: rötlich, gelblich, bräunlich oder schwarz
Lebenserwartung: ungefähr ein Jahr
Nahrung: Blattläuse, Raupen von Schmetterlingen, Larven, Eier von Milben, Apfelwicklern und Gespinstmotten; Pilzgeflechte, Früchte wie Weintrauben, Pfirsiche und Kirschen.
Feinde: hauptsächlich Vögel und Spinnen
Verhalten: treten in Gruppen auf
Aktueller Bestand: nicht bekannt
Was sind Ohrwürmer und wie sehen sie aus?
- Ohrenkneifer bilden eine eigene Ordnung unter den Insekten. Weltweit gibt es mehr als 2.000 Arten auf fast allen Kontinenten - nur auf Antarktika nicht. Elf Arten kriechen in Deutschland herum.
- Der Gemeine Ohrenkneifer ist bei uns der häufigste Ohrwurm. Er war ursprünglich nur in Europa daheim. Menschen schleppten ihn aber in andere Teile der Welt ein.
- Die Tiere gehören zu den Fluginsekten, obwohl die wenigsten Arten tatsächlich fliegen können. Der Gemeine Ohrenkneifer ist nur zu Fuß unterwegs.
So erkennst du Ohrenkneifer
- Ohrenkneifer sind mit einer Länge von 1,2 bis 1,5 Zentimetern etwas länger als eine Taste auf der Tastatur oder eine Ameise. Weibchen können etwas kleiner sein als Männchen.
- Die Tiere haben eine rötliche-gelbe, bräunliche oder schwarze Farbe und besitzen Flügel. Fliegen können sie aber sehr selten.
- Die sechs Beine sind gelblich-orange gefärbt. Am Kopf befinden sich zwei lange, braune Antennen, Augen und die Mundwerkzeuge.
- Der Hinterleib endet in zwei großen, spitzen Zangen. Mit denen wehren sich Ohrenkneifer gegen Feinde und ergreifen sie ihre Beute.
Ohrenkneifer und Ohrwurm: Warum heißt er überhaupt so?
👂 Ohrwürmer haben nichts mit Ohren zu tun. Allerdings nutzten Mediziner:innen im Mittelalter die Insekten als Arzneimittel: Sie wurden getrocknet und pulverisiert - und dann gegen Ohrenschmerzen und Schwerhörigkeit verschrieben. Daher kommt wohl das "Ohr" im Namen.
🪡 Es könnte zudem sein, dass die Bezeichnung sich an bestimmte Gegenstände anlehnt - zum Beispiel das Nadelöhr: Die Zangen der Tiere haben eine ähnliche Form. Ein von Goldschmieden verwendetes Instrument zum Durchstechen der Ohren erinnert ebenfalls an die Zangen.
📕 Wahrscheinlich aber haben die Tiere ihre Bezeichnung einem Irrglauben zu verdanken: Angeblich kriechen die Tiere in menschliche Ohren. Das steht sogar in dem Lehrbuch "Naturalis historia" aus dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung.
🛡 Mit ihren Zangen können sie tatsächlich kneifen - wenn sie sich bedroht fühlen. Zumindest der zweite Teil des Namens "Ohrenkneifer" ergibt darum einen Sinn.
Ohrenkneifer und ihr Lebensraum: Wo leben Ohrwürmer?
🏡 Ohrenkneifer leben in Gärten, Parks, an den Rändern von Wäldern oder auf dem Balkon. Du findest sie das ganze Jahr über, meist aber zwischen *März und November - die Tiere mögen es warm.
🍃 Ohrenkneifer verstecken sich tagsüber unter Blättern, in Baumrinde, in dunklen Ecken oder unter Steinen und Blumentöpfen. Erst in der Dämmerung und nachts kommen sie heraus.
🥚 Einmal im Jahr legen Weibchen jeweils 50 bis 90 Eier in unterirdischen Nestern, vorwiegend im Herbst. Anders als andere Insekten kümmern sie sich um ihre Brut: Sie überwintern mit den Eiern.
🧹 Die Mütter bleiben immer in der Nähe und säubern die Eier, damit diese nicht von Pilzen befallen werden. Sie beschützen den geschlüpften Nachwuchs, bis er geschlechtsreif ist - ungefähr vier Wochen lang.
🦨 Fühlen sich Ohrenkneifer bedroht, können sie über Drüsen am Hinterleib ein Sekret versprühen - so wie Stinktiere und Ringelnattern. Die kleinen Tiere sind ständig von einem Nebel aus Chemikalien umgeben, den sie mit ihrem Sekret erzeugen. Es schützt sie vor Parasiten und Bakterien.
♂ Kurios: Ohrenkriecher-Männchen besitzen einen zweiten Penis. Manche Forscher:innen glauben, dass die Tiere bei der Paarung ihr Glied absichtlich abbrechen, sodass es im Weibchen steckenbleibt. Andere Männchen kommen dadurch nicht mehr zum Zug.
Sind Ohrenkneifer für Menschen gefährlich?
Dem Mythos nach sollen Ohrenkneifer mit ihren Zangen das menschliche Trommelfell zerstören und dann Eier ablegen.
Das hat aber nichts mit der Realität zu tun und ist nur "eine Legende", wie das Umweltbundesamt schreibt. Obendrein sind die Zangen der Tiere viel zu schwach, um menschliche Haut zu zerstören.
Ohrwürmer sind für Menschen überhaupt nicht gefährlich oder giftig. Selbst wenn sie zubeißen oder mit ihren Zangen kneifen, tut das nicht weh.
Sind Ohrwürmer nützlich oder schädlich?
🦠 Ohrenkneifer sind in privaten Gärten Nützlinge und natürliche Schädlings-Bekämpfer. Die Allesfresser vertilgen am liebsten Blattläuse sowie weitere Schädlinge und deren Eier, Larven und Raupen. Dazu gehören Apfelwickler bzw. Obstmade oder Gespinstmotten.
🍂 Weiterhin ernähren sie sich von Mehltau, Pilzgeflechten, Aas und abgestorbenen Pflanzen.
🌼 Einen schlechten Ruf haben die Insekten bei manchen Gärtner:innen, weil sie gelegentlich lebendige Pflanzen annagen. Dann entdeckst du ausgefranste Löcher an Blättern oder Blüten. Das tun sie aber nur, wenn sie nicht genug Blattläuse finden.
🍎 Ohrenkriecher können zudem Obst anfressen. Das schaffen sie aber nur, wenn Früchte schon beschädigt oder faul sind. Die Insekten können die harten Schalen etwa von Äpfeln oder Birnen mit ihren Mundwerkzeugen nicht durchdringen.
🌡 Expert:innen zufolge machen sich Ohrenkneifer eher in warmen und trockenen Jahren über Obst her, weil sie damit Wasser zu sich nehmen.
🍇 In solchen Zeiten können sie im professionellen Obst- und Weinanbau Schäden anrichten: Dann vermehren sich die Insekten stark und fressen dort Weintrauben und Kirschen mit dünner Schale.
Ohrwürmer in Haus und Garten vertreiben - oder anlocken
Hast du zu viele Ohrenkneifer in deinem Garten oder auf dem Balkon, kannst du sie ganz einfach umsiedeln - mit friedlichen Mitteln. Das klappt auch, wenn sich die Tiere bei dir in der Wohnung eingenistet haben.
Ohrenkneifer aus dem Garten verscheuchen - oder als Nützlinge fördern
Bastele ein Ohrwurm-Hotel, um Ohrenkriecher anzulocken: Fülle Blumentöpfe aus Ton mit Holzwolle und stelle sie mit der offenen Seite nach unten ins Beet. Alternativ bringst du unten ein Netz oder Gitter aus Kaninchendraht an, damit nichts herausfällt. Dann kannst du die Töpfe auf den Balkon oder in Bäume hängen.
Ohrenkneifer freuen sich über ihr neues Versteck und ziehen ein. Warte ein paar Tage ab. Nimm dann den Topf mitsamt der Holzwolle und den Insekten und bringe ihn an einen anderen Ort - zum Beispiel an den Waldrand. Lasse die Tiere dort frei.
Das gleiche Prinzip kannst du nutzen, wenn du Ohrenkriecher in deinen Garten holen willst, damit sie Blattläuse und Mehltau bekämpfen. Baue ihnen ein Ohrwurm-Hotel, sodass sie darin überwintern können. Alternativ lässt du Laubhaufen im Garten liegen.
Ohrenkneifer im Haus loswerden
Ohrenkriecher verirren sich selten in die Wohnung. Dort gestaltet sich die Nahrungssuche schließlich schwieriger. Du brauchst keine Angst vor einer Plage zu haben: Die Tiere vermehren sich in der Regel nur einmal pro Jahr und legen nicht allzu viele Eier.
Mit einem feuchten Stück Stoff oder Küchenpapier lockst du Ohrenkriecher in der Wohnung an. Falte das Tuch zusammen, lege es in eine Ecke und warte ab. Die Feuchtigkeit zieht die Insekten an und sie verkriechen sich. So kannst du sie mit dem Stoff einfach an die frische Luft befördern.
Du kannst die Insekten außerdem mit Licht oder mit einem mit Essigessenz getränkten Lappen vertreiben: Sie suchen sich dann eine neue Heimat.
Ohrwurm in Haus und Wohnung: So beugst du ihnen vor
🪴 Holst du im Herbst Pflanzen von draußen nach drinnen, solltest du immer genau nachschauen, ob sich in der Erde oder unter Blättern nicht ein paar Ohrwürmer verstecken.
👕 Ohrenkriecher gelangen oft über Wäsche nach drinnen, die du draußen auf der Leine getrocknet hast. Du solltest die Textilien gründlich ausschütteln, bevor du sie nach drinnen bringst.
🪟 Dichte kleine Spalten und Risse vor allem an den Fenstern gut ab, damit die Insekten nicht hinein krabbeln können.
Die wichtigsten Fragen zum Ohrenkneifer auf einen Blick
Ohrenkneifer verstecken sich tagsüber und kommen erst in der Dämmerung nachts heraus. Sie leben vorwiegend in Parks, an Waldrändern oder in Gärten.
Ohrenkriecher kriechen nicht in unsere Ohren - davon hätten sie auch nichts. Dabei handelt es sich um einen Irrglauben, an dem nichts dran ist.
Ohrenkneifer fressen am liebsten Blattläuse und andere Schädlinge, so wie Gespinstmotten und deren Eier und Larven. Darum gelten sie im Garten als Nützlinge. Sie können zwar Pflanzen anknabbern, richten aber wenig Schaden an. Manchmal nagen sie Obst an, aber nur, wenn die Schale schon beschädigt ist.
Ohrenkneifer sind harmlos und ungiftig. Dass sie in menschliche Ohren krabbeln und dort Eier legen, ist nur ein Mythos.
Sollte dich ein Ohrenkneifer beißen oder zwicken, passiert nichts. Die Mundwerkzeuge sind genau wie die Zangen viel zu schwach, um einen Schaden anzurichten.