Arktische Meerestiere
Narwale: Die Einhörner der Ozeane und ihr merkwürdiger Stoßzahn
- Veröffentlicht: 02.01.2024
- 15:00 Uhr
- Claudia Frickel
Bis zu drei Meter lang ist der gedrechselte Stoßzahn eines männlichen Narwals. Er hilft bei der Jagd, dient als Sinnesorgan und spielt eine wichtige Rolle im Kampf zwischen Artgenossen.
Narwale: Das Wichtigste zu den Meeressäugern
Narwale sind Wale, die ausschließlich in sehr kalten Gewässern leben, hauptsächlich im arktischen Ozean. Sie gehören zu den Zahnwalen.
Die Meeressäuger besitzen keine Finne, aber dafür einen auffälligen Stoßzahn - allerdings nur die Männchen. Er kann bis zu drei Meter lang werden. Ohne ihren Zahn messen Narwale vier bis fünf Meter.
Wegen des Zahns heißen Narwale die Einhörner der Ozeane. Das Horn machte sie früher zur Zielscheibe für die Jagd - und galt sogar als Beweis, dass die pferdeähnlichen Fabelwesen tatsächlich existieren.
Narwale sind scheue Tiere, die tiefer tauchen als die meisten anderen Meeressäuger. Sie verständigen sich durch Töne wie Klicken oder Pfeifen.
Alles zu Narwalen auf einen Blick
Der Narwal-Steckbrief
Wissenschaftlicher Name: Monodon monoceros
Unterordnung: Zahnwale
Ordnung: Wale
Familie: Gründelwale
Lebensraum: Im arktischen Ozean, hauptsächlich rund um Grönland, Nordkanada und Sibirien, außerdem Alaska
Größe: vier bis fünf Meter, Stoßzahn bis drei Meter
Farbe: Grundfarbe hellbraun bis weiß mit dunklen Flecken
Lebenserwartung: bis zu 55 Jahren
Nahrung: Fische, Tintenfische, Krebstiere
Feinde: Menschen, Orcas, Haie, Eisbären
Aktueller Bestand: nicht gefährdet
Was sind Narwale eigentlich und woher kommt ihr Name?
Der nächste Verwandte des Narwals ist der Beluga oder Weißwal. Zusammen bilden sie die Familie der Gründelwale.
Beide Arten gehören außerdem zur Unterordnung der Zahnwale. Deren bekannteste Vertreter sind die Delfine.
Der Name "Narwal" kommt vom Wort "nár" aus der Sprache der Wikinger. Es bedeutet "Leichnam". Wahrscheinlich bekamen die Wale diese Bezeichnung wegen ihrer Farbe, die an die Haut von Ertrunkenen erinnert.
Der wissenschaftliche Name "Monodon Monoceros" hat dagegen mit dem charakteristischen Merkmal der Tiere zu tun: Übersetzt heißt das "Einzahniger".
Das Aussehen von Narwalen: So unterscheiden sich die Tiere von anderen Walen
Narwale sind hellbraun-weiß gefärbt. Auf dieser Grundfarbe verteilen sich unregelmäßige dunkle Flecken.
Die Tiere sehen nicht nur durch ihren charakteristischen Stoßzahn anders aus als viele Wal-Artgenossen: Ihnen fehlt die Finne auf dem Rücken. Ihre Fluke am Körperende ist obendrein stark gebogen und die Seitenflossen sind kompakt.
Es gibt ein weiteres Unterscheidungs-Merkmal: Narwale können ihren Nacken und Kopf unabhängig vom Körper bewegen, ähnlich wie Land-Säugetiere. Andere Wale beherrschen das nicht.
Ein Narwal-Kopf ist im Verhältnis zum vier bis fünf Meter langen Körper eher klein. Die Tiere besitzen einen eher winzigen, schmalen Mund.
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Narwale und ihr Stoßzahn: Wofür benutzen sie das Horn?
🦷 Narwal-Männchen besitzen einen bis zu drei Meter langen und bis zu zehn Kilogramm schweren Stoßzahn. Dabei handelt es sich um den linken Eckzahn, der sich durch die Oberlippe bohrt. Sehr selten kommen Tiere vor, die sogar zwei der langen Hörner mitbringen.
🦄 Der lange Zahn ist nicht glatt, sondern windet sich schraubenförmig gegen den Uhrzeigersinn heraus.
👄 Abgesehen von dem markanten Stoßzahn befindet sich im Maul höchstens noch ein weiterer Zahn. Ungefähr 15 Prozent der Weibchen produzieren ebenfalls einen langen Zahn - der aber kürzer ist als bei den Männchen.
🐋 Wofür Narwale das Horn benötigen, ist unter Wissenschaftler:innen umstritten. Es dürfte ein Sinnesorgan sein, denn es enthält zehn Millionen Nervenenden. Damit können Männchen wahrscheinlich Temperatur, Druck und Salzgehalt von Wasser erfassen. Rätselhaft ist aber, warum die Weibchen ohne auskommen.
🦚 Womöglich dient das Horn obendrein als sekundäres Geschlechtsmerkmal, um Weibchen zu beeindrucken und Konkurrenten abzuschrecken, ähnlich wie eine Löwenmähne oder das Rad eines Pfaus. Männchen reiben die Zähne manchmal aneinander, wahrscheinlich, um Informationen auszutauschen.
🏹 Außerdem setzen Narwale den Zahn zur Jagd ein, wie der WWF und kanadische Forscher:innen herausfanden: Sie schlagen mit einer kurzen, schnellen Bewegung auf Beute ein, um diese zu betäuben. Eine Drohnen-Aufnahme zeigt das Verhalten (siehe Video).
Hier nutzen Narwale ihr Horn zur Jagd
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Der Lebensraum von Narwalen: Wo die Meeressäuger wohnen - und wie
🌎 Narwale leben in den Gewässern nördlich des Polarkreises, also im arktischen Ozean. Oft halten sie sich direkt am Packeis auf - in der Nähe von Atem-Löchern. Mit kräftigen Stößen ihrer Stirn halten sie diese offen oder erschaffen neue Löcher.
🌡 Eine bis zu zehn Zentimeter dicke Speckschicht schützt die Säugetiere vor der eisigen Kälte der Arktis.
🔍 Über die Wale ist nicht viel bekannt, denn sie sind schwer zu erforschen: Nicht nur sind sie scheu, sie leben auch in abgelegenen Gebieten, die von Eis bedeckt sind und in denen es durch die Polarnacht oft ein halbes Jahr lang dunkel ist.
🐳 Meist tummeln sich die sozialen Tiere in Gruppen von 5 bis 20 Artgenossen. Im Sommer können die Schwärme hunderte Wale umfassen.
🥽 Narwale gehören zu den Meeressäugern, die am tiefsten abtauchen: Sie schaffen bis 1.800 Meter. Außerdem können sie längere Zeit in einer Tiefe von 800 Metern verbringen.
🎵 Wie alle Wale nutzen Narwale akustische Signale zur Kommunikation mit Artgenossen, etwa Klicken und Pfeifen.
So klingt das Klicken und Pfeifen von Narwalen
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Die Nahrung von Narwalen: Was fressen die Wale?
🐟 Narwale ernähren sich von Plattfischen, Dorschen, Kabeljau, Heilbutt und anderen Fischen.
🦀 Auf ihrem Speiseplan stehen zusätzlich Garnelen, Tintenfische und Krabben.
🦇 Ihre Beute finden die Wale meist während Tauchgängen auf dem Grund des Meeres. Für die Jagd setzen sie Echo-Ortung ein, genau wie Fledermäuse. Dazu erzeugen sie klickende Laute.
🌬 Weil Narwalen die Zähne fehlen, um Nahrung zu zerkleinern, saugen sie Beutetiere einfach auf. Dafür erzeugen sie einen starken Sog wie in einem Vakuum. Dann schlucken sie die Opfer komplett herunter.
Im Video: Es gibt wieder mehr Wale in den Meeren
Läuft doch: mehr Wale in den Meeren!
Wie sich Narwale fortpflanzen
Narwal-Weibchen sind mit fünf bis acht Jahren geschlechtsreif, Männchen erst mit zwölf Jahren. Sie paaren sich im April oder Mai.
Zwischen den Männchen kommt es vorher zu Rivalen-Kämpfen um die Gunst der Weibchen. Sie vergleichen dafür die Länge ihrer Stoßzähne. Der Sieger paart sich mit mehreren Narwal-Kühen.
Die Schwangerschaft dauert 14 Monate, sodass die Kälber im Juni oder August des folgenden Jahres geboren werden. Es kommt nur ein einziges Junges zur Welt.
Das Baby ist im Durchschnitt 1,60 Meter lang und hellgrau-weiß gefärbt. Der Stoßzahn bricht im ersten Lebensjahr durch und wächst über die Jahre weiter. Die Mutter säugt das Kleine mit ihrer fetthaltigen Milch etwa 20 Monate lang. In der Zeit wird sie nicht wieder trächtig.
Offenbar paaren sich manchmal Narwal-Weibchen mit Beluga-Männchen, obwohl es sich um verschiedene Arten handelt. Ob die Nachkommen ebenfalls Kinder bekommen können, ist unklar.
Die Feinde der Wale: Wie bedroht sind die Tiere?
Narwale erreichen ein Alter von 55 Jahren. Manche Tiere können sogar 120 Jahre alt werden. Zu ihren natürlichen Feinden gehören Eisbären, Orcas, Grönlandhaie und Walrosse.
Die Tiere sterben zudem, wenn sie durch schnell gefrierende Eismassen in Buchten eingeschlossen werden. Sie müssen dann Eislöcher konstant offen halten, was sie nach einiger Zeit sehr erschöpft. Dieses Schicksal trifft manchmal hunderte Tiere gleichzeitig.
Die Wale gehören überdies zur Beute von indigenen Völkern, die unter anderem ihr Fleisch verzehren. Rund 1.000 Narwale werden pro Jahr in Kanada und Grönland getötet.
Früher wurden Narwale vorwiegend wegen des Stoßzahns bejagt - den verkauften windige Geschäftemacher:innen dann als angebliches Horn des Einhorns.
Heute gibt es noch geschätzte 50.000 bis 170.000 Narwale. Der IUCN führt sie als "nicht gefährdet" auf. Die Erderwärmung durch den Klimawandel mit sich verändernden Eismassen gehört zu den größten Bedrohungen für das Säugetier.