Internationaler Strafgerichtshof: Wer kann dort eigentlich angeklagt werden
- Veröffentlicht: 17.03.2023
- 17:40 Uhr
- Galileo
Der Internationalen Strafgerichtshof kann Einzelpersonen für Verbrechen verurteilen. Nun erlässt der IStGH einen Haftbefehl gegen Präsident Putin. Der Grund: Kriegsverbrechen in der Ukraine. Erfahre, für was der Internationale Strafgerichtshof verantwortlich ist. Im Clip: Das Bundesverfassungsgericht.
Das Wichtigste in Kürze
Der russische Präsident Wladimir Putin führt seit dem 24. Februar 2022 einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Immer wieder wurden Kriegsverbrechen vor allem von russischen Soldat:innen dokumentiert.
Nun hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Putin erlassen. Der offizielle Vorwurf: Kriegsverbrechen.
Ermittlungen internationaler Gerichte sollen auch eine symbolische Kraft entfalten und mögliche zukünftige Täter:innen abschrecken.
Während vor dem Internationalen Gerichtshof Konflikte zwischen verschiedenen Staaten verhandelt werden, können beim Internationalen Strafgerichtshof Individuen vor Gericht gestellt und verurteilt werden.
Das sind die Aufgaben des Internationalen Strafgerichtshofs
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) kann schwerste internationale Verbrechen verfolgen und Haftbefehle für mutmaßliche Täter:innen ausstellen. Der IStGH kann als härteste Strafe lebenslange Freiheitsstrafen verhängen. Juristisch basiert der IStGH auf dem Römischen Statut des Internationalen Gerichtshofs.
Zu den geahndeten Verbrechen zählen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen sowie das Führen eines Angriffskriegs.
Allerdings gelten für die Anklage für das Befehligen eines Angriffskriegs besondere Hürden - so muss der Staat Vertragspartei des Römischen Statuts ist. Russland zählt nicht zu den Vertragsparteien.
Wie entstand der IStGH und warum steht er in der Kritik?
Aus dem Haager Jugoslawientribunal entstand die Idee für den Internationalen Strafgerichtshof. 1998 einigten sich 120 Ländern in Rom mit dem Rom-Statut auf die Gründung. Im Sommer 2002 begann der IStGH mit seiner Arbeit.
Damit sollte es möglich sein, erstmals auch weltweit Diktatoren und Militärs für Kriegsverbrechen zu bestrafen.
Seit Gründung des IStGHs wurden über ein Dutzend Verfahren beendet - die Mehrheit drehte sich um Angeklagte aus Afrika. Kritiker:innen bezeichnen den Internationalen Strafgerichtshof daher auch manchmal als "Afrika-Tribunal".
Ein zentrales Problem: China, Russland oder die USA haben den IStGH nicht anerkannt - sie wollen verhindern, dass eigene Bürger jemals dort vor Gericht stehen. Ebenso können im UN-Sicherheitsrat per Veto Ermittlungen abgelehnt werden.
Zwar darf der IStGH ermitteln, aber er verfügt über keine eigene Polizeibehörde. Nur mit Hilfe nationaler Behörden können Angeklagte verhaftet werden. Oft dauern Ermittlungs-Verfahren und Prozesse daher auch sehr lange.
Internationaler Strafgerichtshof: Wer kann angeklagt werden?
Angeklagt werden kann zunächst die politische Führung. Auch die militärischen Befehlshaber sowie Führungskräfte können sich für Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten müssen.
Bei Kriegsverbrechen wie Tötung oder Vergewaltigung von Zivilisten können die jeweiligen Täter:innen angeklagt werden, also auch einzelne Soldat:innen. Das Argument, auf Befehl gehandelt zu haben, schützt bei solchen Taten nicht vor einer Anklage. Wenn bei Zuwiderhandlung allerdings das eigene Leben in Gefahr bedroht wird, besteht eine Chance auf Straffreiheit.
Ein besonderer Fall ist das Führen eines Angriffskrieges – dafür kann nur die politische und militärische Führung angeklagt werden, nicht einzelne Soldat:innen.
Aktuelle Fälle am IStGH
In einigen Ländern auf verschiedenen Kontinenten kam es in den vergangenen Jahren zu Ermittlungen. So stand die philippinische Regierung um den damaligen Präsidenten Rodrigo Duterte wegen ihrer gewaltsamen Verfolgung Drogendealern im Fokus des IStGH.
Auch zu Taten im Irak, Kolumbien, Bolivien, Afghanistan, Georgien und inzwischen ebenfalls zur Ukraine gab es Vorprüfungen, die teilweise in Ermittlungen gemündet sind.
Wo Anklagen noch möglich wären
Eine Alternative zum Internationalen Strafgerichtshof sind Sondertribunale. Als Vorbild werden dabei oft die Nürnberger Prozesse herangezogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde hier zahlreichen hochrangigen Nationalsozialist:innen der Prozess gemacht. Gegründet werden die Sondertribunale von mehreren Staaten oder den Vereinten Nationen.
Statt vor dem IStGH können mutmaßliche Kriegsverbrecher:innen auch vor nationale Gerichte gestellt werden - selbst von am Krieg unbeteiligten Staaten. Aufgrund des Weltrechts-Prinzips können Völkerstraftaten auch von einem Staat verfolgt werden, obwohl die Taten weder auf seinem Gebiet noch von oder gegen seine Bürger:innen begangen wurden.
Häufige Fragen zum Internationalen Strafgerichtshof
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) soll Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Verbrechen der Aggression ahnden.
Die USA, China, Russland, Israel, Indien, die Türkei sowie einige andere Länder kennen den IStGH nicht an.
Eines der wichtigsten Gerichte weltweit ist der Internationale Gerichtshof (IGH). Er ist Teil der Vereinten Nationen.
Der Internationale Strafgerichtshof kann Freiheitsstrafen verhängen - als höchste Strafe lebenslang.