Dechiffrieren
Geheimschriften: So kannst du jeden Code knacken
- Aktualisiert: 09.07.2024
- 09:14 Uhr
- Sven Hasselberg
Geheimschriften sind faszinierend, aber oft auch frustrierend. Dabei sind traditionelle Codes gar nicht so schwer zu knacken. Wie sich Geheimschriften entschlüsseln lassen und welche Codes bis heute nicht enträtselt sind.
Das Wichtigste zu Geheimschriften
Schon 3.000 vor Christus verschlüsselten die alten Ägypter religiöse Texte. Geheimschriften helfen, eine Botschaft nur eingeweihten Personen zu offenbaren.
Die Wissenschaft vom Ver- und Entschlüsseln von Informationen heißt Kryptologie. Oft wurde das Verschlüsseln für militärische Zwecke und von Geheimdiensten eingesetzt.
Erst 2022 entschlüsselten Amateur:Innen die "Handschrift des Teufels" des englischen Literaten Charles Dickens. Willst du wissen, welche Codes noch auf ihre Dechiffrierung warten? Lies weiter.
Geheimschriften: Wie die Kryptologie sie erstellt und knackt
Ob Schatzkarten oder strategisch wichtige Botschaften in Zeiten des Krieges – das Ver- und Entschlüsseln von Nachrichten hat es sogar zur Wissenschaft gebracht. Sie heißt Kryptologie und besteht seit den 70er-Jahren. Unter anderem beschäftigt sie sich mit der Informationssicherheit. Krypto, aus dem Griechischen, steht für "versteckt, geschützt."
Das Prinzip: Ein Klartext wird mit einem Algorithmus in einen Code umgewandelt. Ein Schlüssel hilft den Empfänger:innen, den Code wieder zu entschlüsseln. Die Sicherheit darf nicht von der Geheimhaltung des Algorithmus abhängen. Der Weg zum Code kann also geknackt werden, solange der Schlüssel geheim bleibt. So ein Schlüssel kann zum Beispiel ein Kennwort sein. Am besten ist es, wenn beides nicht geknackt wird.
Die Entschlüsselung glückt oft, indem die Codes auf deren Wortlänge oder Anzahl der Buchstaben untersucht und mit der statistischen Häufigkeit von Buchstaben in einer Sprache verglichen werden. Oft gelingt eine Entschlüsselung mithilfe von Eigennamen, die im Text als erste dechiffriert werden können, da der ungefähre Zusammenhang bekannt ist. So schaffte es der französische Forscher Jean-Francois Champollion, die ägyptischen Hieroglyphen zu entziffern. Er verglich die Namen Kleopatra und Ptolemaios aus der griechischen Inschrift des Steins von Rosette mit der demotischen Inschrift und den Hieroglyphen.
Geheimschrift entschlüsselt: 6 bekannte Codes
🏺 Skytale aus Sparta: Die Skytale war ein Stab, den die Spartaner im 5. Jahrhundert vor Christus nutzten. Ein Leder- oder Papyrusband wurde darum gewickelt und längs beschrieben. Wickelten die Schreiber:Innen es wieder ab, sah man nur eine Reihe Buchstaben. Die Empfänger:innen brauchten zum Entschlüsseln dann eine Skytale mit genau gleichem Durchmesser, um das Botschaftsband wieder drumzuwickeln.
🆎 Atbash: Diese alte Technik stammt aus dem jüdischen Kulturraum und zäumt das Alphabet von hinten auf. Das A ist also ein Z, das B ein Y und das C ein X. Die Technik ist einfach und daher leicht zu durchschauen. Zum Ver- oder Entschlüsseln war es am einfachsten, das Alphabet in richtiger Reihenfolge untereinander zu schreiben und daneben einmal verkehrtherum. So ließ sich der Schlüssel einfach ablesen.
🔠 Polybius-Quadrat: Benannt nach dem griechischen Geschichtsschreiber Polybius aus dem 2. Jahrhundert vor Christus, ist dieses Quadrat ein Raster. Ähnlich wie beim Schiffeversenken stehen oben eine Reihe Zahlen der vertikalen Spalten und seitlich die Nummerierung der horizontalen Zeilen. Die Kästchen werden mit Buchstaben aufgefüllt. So hat jeder Buchstabe eine Koordinate. Die besteht aus der Zahl der Spalte und der Zahl der Zeile. Als Code wird dann beispielsweise 11 oder 16 angegeben. Das entspricht dem Buchstaben, der sich in dem Kästchen befindet.
🔩 Enigma: Diese Chiffriermaschine wurde von den Nazis im Zweiten Weltkrieg zum Verschlüsseln von Botschaften genutzt. Die Maschine funktionierte wie eine Art Schreibmaschine, in die die Buchstaben eingegeben werden konnten. Über eine Kombination von Buchstabenwalzen wurden sie so anderen Buchstaben zugeordnet. Das ergab den verschlüsselten Text. Zum Dechiffrieren benötigten die Empfänger:innen ebenso eine Maschine. Einem Team um den Briten Alan Turing gelang es, den Code noch während des Zweiten Weltkrieges zu knacken.
😈 Handschrift des Teufels: Der britische Schriftsteller Charles Dickens (1812-1870) nutze eine private Steno-Kurzschrift. Auf Außenstehende wirkte sie wie ein Sammelsurium aus geometrische Zeichen. Erst 2022 wurde sie nach über 150 Jahren zu 70 Prozent von einem Team von Hobbyforschenden geknackt. Es halfen einzelne Wörter wie "unfair" oder "reject", die entschlüsselt wurden, und so halfen, weitere zu entschlüsseln.
🏛 Cäsar-Chiffre: Gut 50 vor Christus erfand Julius Cäsar seine eigene Chiffre. Sie bestand aus zwei Buchstabenreihen. Die obere zeigte das wahre Alphabet. Die untere Reihe versetzte das Alphabet etwa um drei Stellen. Das A war ein D, das B ein E. Mit den Empfänger:innen konnte man sich natürlich auch einigen, ob man das Alphabet um fünf Stellen verschob. Später wurde für die Chiffre ein Rad eingesetzt, so konnte man die beiden Buchstabenreihen einfacher gegeneinander verdrehen. Die Grafik unten verdeutlicht das.
Grafik: So verschlüsselst du Botschaften wie Julius Cäsar
Mysteriös: 5 ungelöste Geheimschriften
🏆 Beale-Chiffre: Thomas Beale soll um 1820 einen Goldschatz versteckt haben. Die Beale-Chiffre führt auf drei Seiten zum Versteck. Dafür müssen potentielle Finder:innen den Code aber erst knacken. Die zweite Seite konnte entschlüsselt werden. Die Seiten eins und drei sind immer noch verschlüsselt. Allerdings sind sich Forschende und Schatzsucher:innen nicht einig, ob das Ganze nicht eher ein Scherz ist.
📜 Voynich-Manuskript: Astrologische Geheimnisse, Zeichnungen von Heilpflanzen, anatomische Darstellungen menschlicher Körper - doch den Text dazu konnte niemand entziffern. Das Voynich-Manuskript, das der Antiquar Wilfrid Michael Voynich 1912 erwarb, stammt aus dem Mittelalter. Es befindet sich im Besitz der Yale-Universität. Immer wieder behaupteten Forschende, die Schrift entschlüsselt zu haben. Expert:innen bezweifeln, dass dies vollständig gelang.
📖 Codex Rohonczi: Und noch ein mittelalterlicher Geheim-Kodex! Die ungarische Akademie der Wissenschaften besitzt das Manuskript. Es wird oft der "kleine Bruder" des Voynich-Manusktipts genannt. In dessen Schatten steht das Werk aus dem 16. Jahrhundert. Sein Papier stammt wohl aus Venedig, und das Buch zeigt viele Szenen aus der Bibel. Die Schrift, bestehend aus 150 Zeichen, konnte bisher niemand entziffern.
🇺🇸 Kryptos: Der US-Geheimdienst CIA stellte vor seinem Gebäude in Langley, Virginia. 1990 die Skulptur "Kryptos" auf. Die Kunst am Bau hat es in sich. Bildhauer James "Jim" Sanborn versteckte in dem Text vier verschlüsselte Nachrichten. Selbst geübten CIA-Mitarbeitern gelang es nur, drei zu entschlüsseln. Das letzte Mysterium umfasst 97 Buchstaben.
📫 Briefe des Zodiac-Killers: In den 60er-Jahren brachte der Killer in San Francisco nicht nur fünf Menschen um, sondern machte sich mit verschlüsselten Nachrichten an die Polizei auch noch lustig darüber. Er versprach, darin enthülle er seine Identität. Zwar konnte ein Teil entschlüsselt werden, doch die meisten Zeichen bleiben ein Geheimnis.
Moderne Geheimschriften: Vom QR-Code bis zur Kryptowährung
Geheimschriften stehen nicht nur auf vergilbtem Pergament. Auch einige unserer digitalisierten Errungenschaften basieren auf dem Prinzip der Verschlüsselung durch Algorithmen. Offensichtlich ist dies beim QR-Code, oder auch beim Barcode, der an der Supermarktkasse gescannt wird. Striche oder Zeichen stehen für die Informationen dahinter, und die vom Scanner mit Hilfe des passenden Schlüssels entziffert wird.
Auch Kryptowährungen wie der Bitcoin funktionieren mit verschlüsselten Übertragungsprotokollen. Die Währung besteht nicht real als Schein oder Münze, sondern digital und wird durch einen verschlüsselten Computercode gespeichert und transferiert. Um über das digitale Guthaben zu verfügen, brauchen User:innen einen geheimen Signatur-Schlüssel. Mit ihm können sie auch Transaktionen tätigen.
Häufige Fragen zu Geheimschriften
Geheimschriften gab es schon in den frühen Hochkulturen. 3.000 vor Christus wurden im alten Ägypten bereits religiöse Texte verschlüsselt.
Der Enigma-Code wurde im Zweiten Weltkrieg von den Nazis genutzt, um kriegswichtige Botschaften und andere Befehle zu übermitteln. Zum Ver- und Entschlüsseln diente eine Maschine.
Buchstaben werden durch andere Zahlen oder Zeichen ersetzt. Hierzu braucht es einen bestimmten Algorithmus und einen Schlüssel. Dieser Schlüssel muss geheim bleiben. Er kann beispielsweise ein Kennwort sein.
Am besten tastet man sich über Eigennamen heran. Auch Buchstaben- und Wortlängen oder die Häufigkeit, mit der ein Buchstabe in einer Sprache vorkommt, gilt es zu berücksichtigen. Ein Patentrezept gibt es nicht.