"Friluftsliv": Norwegens Natur-Lifestyle hilft uns durch den Corona-Winter
- Veröffentlicht: 03.01.2022
- 07:45 Uhr
- Heike Predikant
Im Sommer sind wir vor dem Corona-Chaos nach draußen geflohen. Wenn's nach den Norweger:innen geht, machen wir in der kalten Jahreszeit damit weiter. Ihr Glücks-Geheimnis: "Friluftsliv". Wie auch du den nordischen Open-Air-Lifestyle praktizieren kannst. Tricks für das (Über-)Leben in der Kälte gibt's im Clip.
Das Wichtigste zum Thema Friluftsliv
Das skandinavische Wort bedeutet so viel wie "Freiluft-Leben". Dahinter steht die Philosophie vom einfachen Leben in und mit der Natur, die insbesondere in Norwegen eine lange Tradition hat.
Während beim Begriff "Outdoor" ein Hauch von Abenteuer mitschwingt, setzt "Friluftsliv" auf den Spaß am Draußensein. Den kann man beim Bergsteigen haben, aber auch beim Beerenpflücken.
Mehr noch: Die Verbundenheit mit der Natur gibt Kraft und sorgt für innere Ruhe. Auch deswegen zählen die Norweger:innen zu den glücklichsten Menschen der Welt.
Praktiziert wird der Open-Air-Lifestyle von der Arktis bis Oslo - und bei jedem Wetter. Man verlässt die eigenen 4 Wände, egal, ob die Sonne scheint oder Schnee fällt.
Der norwegische Lyriker Henrik Ibsen beschrieb 1859 das Phänomen als Erster: In seinem Gedicht "På Vidderne" ("Auf den Höhen") wandert ein junger Farmer jahrelang durch die Wildnis.
Der 3-fach-Effekt: "Friluftsliv" stärkt, schützt und entspannt
Wegen Corona verlagerten Menschen weltweit schon im Frühjahr ihr Leben von drinnen nach draußen: Freunde traf man im Park, saß in Lokalen an Tischen in den Außenbereichen, ging ins Open-Air-Kino. Radfahren und Jogging boomten. Camping-Urlaub wurde Trend. Selbst Unterricht fand im Grünen statt.
Doch wenn's jetzt kälter wird, sind wir wieder mehr in geschlossenen, oft schlecht durchlüfteten Räumen - eine Hochburg für Viren. Die Norweger:innen hingegen verbringen ihre Freizeit auch bei Regen, Schnee und Sturm in der Natur. Sollten wir uns von ihrem "Friluftsliv" inspirieren lassen?
Expert:innen sagen: ja. Freiluft-Leben schützt besser vor Infektionen. Und Menschen, die sich mindestens 2 Stunden pro Woche in der Natur aufhalten, sind auch glücklicher, gesünder und kreativer als Stubenhocker - wie eine britische Studie von 2019 belegt.
Zudem kann der Back-to-nature-Lifestyle Frust, Stress und Angstzuständen entgegenwirken, die mitunter durch die Corona-Krise ausgelöst werden.
Übrigens: Auch Kriegsveteran:innen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) halfen naturgestützte Therapien mit Gartenarbeit oder Wildwasser-Rafting.
Was ist dran an "Friluftsliv"?
Im Ted Talk widmet sich Lorelou Dejardins der Liebe der Norweger zur Natur.
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Raus mit dir! Wie du am besten "Friluftsliv" betreibst
☮️ Es müssen keine extremen Expeditionen sein. Nicht der Adrenalin-Kick zählt, sondern im Einklang mit der Natur zu sein.
🛶 Kajakfahren, Skitouren, Wandern, Camping, ein Picknick machen, Tiere beobachten, Sonne tanken - all das verstehen die Norweger:innen unter "Friluftsliv". Selbst das Outdoor-Biertrinken hat einen Namen: Utepils.
🎣 Gutes Essen gehört dazu. Deswegen: Pilze sammeln oder den Fisch nicht kaufen, sondern selbst angeln - wenn du dich damit auskennst.
📍 Ein Flug-Ticket brauchst du für den Kurzurlaub nicht: Der nächste Fluss, Wald oder Naturschutzpark liegt oft ganz in der Nähe.
👨👩👧👧 Mit Freunden oder Familie losziehen, schafft ein Verbundenheitsgefühl. Man findet in der Natur das, was im stressigen Alltag schnell verlorengeht.
Brrr? Probier's mal mit dem "Wintertime Mindset"
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unpassende Kleidung. So sehen das die Norweger:innen. Aber wenn es um Outdoor-Aktivitäten im Winter geht, kommt bei ihnen zur richtigen Ausstattung noch etwas Entscheidendes dazu.
Die Psychologin Kari Leibovitz von der kalifornischen Stanford University nennt es "positive wintertime mindset": Die Fähigkeit, die kalte Jahreszeit zu genießen anstatt sie zu ertragen. Und zwar mit allem, was dazugehört: vom Schneesturm übers Skifahren bis zu den Elch-Steaks auf dem Grill.
Dank ihres PWM sind die Norweger:innen auch gar nicht so sehr anfällig für saisonale Depressionen, die üblicherweise im hohen Norden auftreten, wenn es im Winter monatelang dunkel ist.